Berlin. Landwirtschaftsministerin Köckner setzt sich für bessere Haltungsbedingungen von Nutztieren ein. Und nimmt die Länder in die Pflicht.

Julia Klöckner ist ganz in Schwarz gekleidet, es ist der erste Tag zurück im Ministerium. Sie hat ihren Vater Aloys verloren, den Winzer aus dem Guldental in Rheinland-Pfalz, der mit 83 Jahren gestorben ist. „Wir haben gemeint und meinen, wir brauchen ihn noch. Aber Gott hat gemeint, es sei genug“, schrieb Klöckner neben einem Bild ihres Vaters auf ihrem Facebook-Account. Die CDU-Politikerin nimmt gleich wieder Termine wahr und gibt dieser Redaktion ein Interview, in dem es um ihre Herzensthemen geht: das Tierwohl und den Kampf gegen Lebensmittelverschwendung.

Frau Ministerin, werfen Sie Lebensmittel weg?

Julia Klöckner: Ich mache bestimmt Fehler, die andere auch machen. Wir Deutschen werfen zu viele Lebensmittel weg – allein in den Privathaushalten sind es jährlich mehr als 55 Kilogramm pro Person. Das liegt auch an unseren veränderten Lebens- und Arbeitswelten. Wir alle sind viel unterwegs. Was im Kühlschrank liegt, wird nicht immer aufgebraucht. Es gibt zahlreiche Single-Haushalte, nicht immer passende Packungsgrößen. Oft fehlt auch das Wissen, wie man Lebensmittel richtig lagert. Und manche halten Nahrungsmittel für verdorben, obwohl sie noch gut sind.

Achten Sie darauf, welches Haltbarkeitsdatum auf einer Verpackung steht?

Klöckner: Ja, da gucke ich schon drauf. Aber seien wir ehrlich: Wir setzen häufig das Mindesthaltbarkeitsdatum mit dem Verfallsdatum gleich. Und das ist ein Problem. Das Mindesthaltbarkeitsdatum bedeutet gerade nicht, dass ein Produkt einen Tag später nicht mehr genießbar ist oder gesundheitsschädlich wird. Beim Verfallsdatum sieht das ganz anders aus. Problematisch ist außerdem, dass man ein Haltbarkeitsdatum auch bei Waren wie einigen Salzen findet, die gar nicht verderblich sind.

So erkenne ich, ob bei Lebensmitteln auf das Tierwohl geachtet wurde

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    Ihr Vorgänger Christian Schmidt wollte das Mindesthaltbarkeitsdatum abschaffen – und durch ein „echtes Verfallsdatum“ ersetzen, nach dem Milch oder Schinken tatsächlich nicht mehr genießbar wären. Greifen Sie den Vorstoß auf?

    Klöckner: Wir müssen bei dem Thema mehrere Schritte gehen. Zunächst kommt es darauf an, Informationen weiterzugeben: Wir müssen den Verbrauchern klarmachen, was das Mindesthaltbarkeitsdatum eigentlich bedeutet. Neue Lösungen bietet die Digitalisierung. Ich denke dabei an intelligente Verpackungen, die in verschiedenen Stufen anzeigen, wie gut das Produkt tatsächlich noch ist.

    Machen Hersteller und Einzelhandel da mit?

    Klöckner: Ich glaube, ihnen bleibt keine andere Wahl. Hersteller und Einzelhandel können sich nicht bei den ethisch-moralischen Fragen unserer Gesellschaft abducken. Sie müssen sich am Kampf gegen Lebensmittelverschwendung beteiligen. Darüber sind wir in einem regen Austausch, und ich sehe schon erste kleine Erfolge.

    Sind Lebensmittel zu billig?

    Klöckner: Das würde ich so generell nicht sagen. Viele Menschen müssen jeden Cent umdrehen. Gesunde, ausgewogene Ernährung muss auch mit kleinem Geldbeutel möglich sein. Aber eines muss uns bewusster werden: Unsere Mittel zum Leben müssen uns etwas wert sein. Es geht auch um die Wertschätzung derer, die sie für uns alle erzeugen.

    Sollten Genussmittel, die der Gesundheit schaden, teurer werden? Schottland geht jetzt diesen Weg, um den Konsum von Alkohol einzuschränken – und hat einen Mindestpreis für Whisky oder Wein eingeführt ...

    Klöckner: Die Frage ist doch: Was ist genau in welcher Dosis schädlich? Wein zum Beispiel schadet der Gesundheit nicht – wenn man ihn maßvoll genießt. Vegane Ernährung, wenn sie sehr einseitig ist, kann gerade bei Kindern zu Ernährungsmängeln wie zum Beispiel Calciummangel führen. Es kommt eben auf das Maß, auf die Ausgewogenheit an. Ich setze auf Verbraucherinformation, klare Kennzeichnung und Ernährungsbildung. Dann kann jeder frei entscheiden, was er isst. Ich bin nicht die Geschmacksgouvernante der Nation.

    Das ist das Bundeskabinett

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist am 14. März 2018 zum vierten Mal zur Regierungschefin gewählt worden. Auch ihr Bundeskabinett aus SPD-, CDU- und CSU-Ministern wurde vereidigt. Wir stellen das Kabinett vor.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist am 14. März 2018 zum vierten Mal zur Regierungschefin gewählt worden. Auch ihr Bundeskabinett aus SPD-, CDU- und CSU-Ministern wurde vereidigt. Wir stellen das Kabinett vor. © dpa | Gregor Fischer
    Nach der Wahl im Bundestag wurde Merkel von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) zur Bundeskanzlerin ernannt.
    Nach der Wahl im Bundestag wurde Merkel von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) zur Bundeskanzlerin ernannt. © Getty Images | Michele Tantussi
    Ursula von der Leyen (CDU) bleibt Bundesverteidigungsministerin. Sie ist eine von drei Frauen aus der sechsköpfigen CDU-Ministerriege.
    Ursula von der Leyen (CDU) bleibt Bundesverteidigungsministerin. Sie ist eine von drei Frauen aus der sechsköpfigen CDU-Ministerriege. © dpa | Wolfgang Kumm
    Peter Altmaier (CDU) ist Wirtschaftsminister. Zuvor war der Merkel-Vertraute Bundesminister für besondere Aufgaben – der offizielle Name für den Posten, der kurz Kanzleramtsminister genannt wird.
    Peter Altmaier (CDU) ist Wirtschaftsminister. Zuvor war der Merkel-Vertraute Bundesminister für besondere Aufgaben – der offizielle Name für den Posten, der kurz Kanzleramtsminister genannt wird. © imago/Metodi Popow | M. Popow
    Anja Karliczek (CDU) ist Ministerin für Bildung und Forschung. Vor ihrer Vereidigung war sie Bundestagsabgeordente aus NRW.
    Anja Karliczek (CDU) ist Ministerin für Bildung und Forschung. Vor ihrer Vereidigung war sie Bundestagsabgeordente aus NRW. © imago/photothek | Florian Gaertner/photothek.net
    Jens Spahn (CDU) ist Gesundheitsminister. Zuvor war er parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium.
    Jens Spahn (CDU) ist Gesundheitsminister. Zuvor war er parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium. © dpa | Kay Nietfeld
    Julia Klöckner ist Landwirtschaftsministerin und gleichzeitig CDU-Vize sowie Mitglied im CDU-Bundesvorstand.
    Julia Klöckner ist Landwirtschaftsministerin und gleichzeitig CDU-Vize sowie Mitglied im CDU-Bundesvorstand. © dpa | Andreas Arnold
    Der CDU-Politiker Helge Braun, Jahrgang 1972, ist neuer Kanzleramtsminister.
    Der CDU-Politiker Helge Braun, Jahrgang 1972, ist neuer Kanzleramtsminister. © imago/photothek | Inga Kjer/photothek.net
    CSU-Chef Horst Seehofer, als bayerischer Ministerpräsident von seiner Partei nicht mehr gewollt, ist Innenminister. Die CSU handelte indes aus, dass das Innenministerium um die Bereiche Heimat und Bauen erweitert wird.
    CSU-Chef Horst Seehofer, als bayerischer Ministerpräsident von seiner Partei nicht mehr gewollt, ist Innenminister. Die CSU handelte indes aus, dass das Innenministerium um die Bereiche Heimat und Bauen erweitert wird. © imago/IPON | Stefan Boness/Ipon
    Die CSU stellt insgesamt drei Minister, darunter auch Andreas Scheuer, zuvor Generalsekretär seiner Partei: Der Politiker Jahrgang 1974 ist Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur.
    Die CSU stellt insgesamt drei Minister, darunter auch Andreas Scheuer, zuvor Generalsekretär seiner Partei: Der Politiker Jahrgang 1974 ist Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur. © dpa | Kay Nietfeld
    Gerd Müller (CSU) bekam seine Ernennungsurkunde als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ebenfalls von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Müller hatte das Amt auch schon im vorhergehenden Merkel-Kabinett inne.
    Gerd Müller (CSU) bekam seine Ernennungsurkunde als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ebenfalls von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Müller hatte das Amt auch schon im vorhergehenden Merkel-Kabinett inne. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
    Die SPD stellt insgesamt sechs Minister in der dritten großen Koalition unter Bundeskanzlerin Merkel. Olaf Scholz ist Finanzminister und der Vizekanzler. Der SPD-Politiker war zuvor Hamburgs Erster Bürgermeister und von 2002 bis 2004 SPD-Generalsekretär.
    Die SPD stellt insgesamt sechs Minister in der dritten großen Koalition unter Bundeskanzlerin Merkel. Olaf Scholz ist Finanzminister und der Vizekanzler. Der SPD-Politiker war zuvor Hamburgs Erster Bürgermeister und von 2002 bis 2004 SPD-Generalsekretär. © imago/IPON | Stefan Boness/Ipon
    Heiko Maas (SPD) ist in Merkel Kabinett Außenminister. Im Kabinett Merkel III hatte er zuvor das Amt des Justizministers inne.
    Heiko Maas (SPD) ist in Merkel Kabinett Außenminister. Im Kabinett Merkel III hatte er zuvor das Amt des Justizministers inne. © dpa | Michael Kappeler
    Hubertus Heil, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, ist Arbeits- und Sozialminister und bekam die entsprechende Urkunde vom Bundespräsidenten.
    Hubertus Heil, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, ist Arbeits- und Sozialminister und bekam die entsprechende Urkunde vom Bundespräsidenten. © Getty Images | Michele Tantussi
    Franziska Giffey (SPD), zuvor Bezirksbürgermeisterin in Berlin-Neukölln, ist die neue Familienministerin.
    Franziska Giffey (SPD), zuvor Bezirksbürgermeisterin in Berlin-Neukölln, ist die neue Familienministerin. © dpa | Karlheinz Schindler
    Svenja Schulze (SPD), bisher Generalsekretärin der NRW-SPD, hat nun den Posten als Umweltministerin inne.
    Svenja Schulze (SPD), bisher Generalsekretärin der NRW-SPD, hat nun den Posten als Umweltministerin inne. © dpa | Rolf Vennenbernd
    Und das sind die Staatsminister: SPD-Politiker Michael Roth ist Staatsminister für Europaangelegenheiten im Auswärtigen Amt.
    Und das sind die Staatsminister: SPD-Politiker Michael Roth ist Staatsminister für Europaangelegenheiten im Auswärtigen Amt. © Getty Images | Carsten Koall
    Die CSU-Politikerin Dorothee Bär ist Staatsministerin für Digitales und im Kanzleramt angesiedelt.
    Die CSU-Politikerin Dorothee Bär ist Staatsministerin für Digitales und im Kanzleramt angesiedelt. © dpa | Karlheinz Schindler
    SPD-Politikerin Katarina Barley übernahm zunächst das Justizministerium. Nach der Europawahl wechselt sie allerdings nach Brüssel.
    SPD-Politikerin Katarina Barley übernahm zunächst das Justizministerium. Nach der Europawahl wechselt sie allerdings nach Brüssel. © imago/Reiner Zensen | Reiner Zensen
    Neue Bundesjustizministerin wird Christine Lambrecht (SPD). Sie war zuvor parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion.
    Neue Bundesjustizministerin wird Christine Lambrecht (SPD). Sie war zuvor parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion. © imago/Metodi Popow | M. Popow
    Monika Grütters (CDU) bleibt Kulturstaatsministerin.
    Monika Grütters (CDU) bleibt Kulturstaatsministerin. © Getty Images | Pascal Le Segretain
    Die SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering, Frau des früheren SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering, ist Staatsministerin für internationale Kulturpolitik.
    Die SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering, Frau des früheren SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering, ist Staatsministerin für internationale Kulturpolitik. © dpa | Kay Nietfeld
    Feierlicher Termin am 14. März 2018 im Schloss Bellevue in Berlin (v.l.n.r.): Helge Braun (CDU), Gerd Müller (CSU), Anja Karliczek (CDU), Jens Spahn (CDU), Katarina Barley (SPD, inzwischen nach Brüssel gewechselt), Julia Klöckner (CDU), Ursula von der Leyen (CDU), Heiko Maas (SPD), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Olaf Scholz (SPD), Horst Seehofer (CSU), Peter Altmaier (CDU), Hubertus Heil (SPD), Franziska Giffey (SPD), Andreas Scheuer (CSU) und Svenja Schulze (SPD).
    Feierlicher Termin am 14. März 2018 im Schloss Bellevue in Berlin (v.l.n.r.): Helge Braun (CDU), Gerd Müller (CSU), Anja Karliczek (CDU), Jens Spahn (CDU), Katarina Barley (SPD, inzwischen nach Brüssel gewechselt), Julia Klöckner (CDU), Ursula von der Leyen (CDU), Heiko Maas (SPD), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Olaf Scholz (SPD), Horst Seehofer (CSU), Peter Altmaier (CDU), Hubertus Heil (SPD), Franziska Giffey (SPD), Andreas Scheuer (CSU) und Svenja Schulze (SPD). © dpa | Bernd von Jutrczenka
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    Also kein Mindestpreis für Alkohol?

    Klöckner: Würde eine Steuer dazu führen, dass sich jeder ausgewogen ernährt, wäre das wunderbar. Aber so einfach ist das nicht. Entscheidend ist, den richtigen Umgang mit seiner Ernährung und auch mit Alkohol zu lernen. Nur so können wir als Verbraucher verantwortungsbewusst Entscheidungen treffen und Missbrauch vermeiden.

    Als Partei, die das C im Namen führt, setzen Sie sich für die Bewahrung der Schöpfung ein. Wann leiten Sie eine Agrarwende ein, die zu einer artgerechten Haltung von Rindern und Schweinen führt?

    Klöckner: Als Christin spüre ich die Verantwortung, mich für das Tierwohl einzusetzen. Tiere sind Mitgeschöpfe und keine Wegwerfware. Produktionsbedingungen, die gesetzliche Standards übertreffen, haben ihren Preis. Die Bauern, die unsere Lebensmittel produzieren, müssen davon leben können. Daher brauchen wir eine verlässliche Kennzeichnung auf den Verpackungen, damit der Verbraucher sagen kann: Das Tierwohl ist mir das Geld wert.

    Sie sprechen von der geplanten staatlichen Tierwohl-Kennzeichnung für Fleisch- und Wurstwaren, die den Käufern anzeigen soll, unter welchen Umständen die Tiere gehalten wurden. Glauben Sie, die Verbraucher lassen sich davon leiten?

    Klöckner: Die Bürger interessieren sich mehr für das Tierwohl als früher, das zeigen Umfragen. Sie wollen die Wahl haben und das beim Einkauf erkennen können. Die Verbraucher werden es honorieren, dass wir eine staatliche Kennzeichnung mit verbindlichen, verlässlichen Kriterien einführen. Tierhalter, die mitmachen bei den höheren Tierwohlstandards, können damit werben – und bekommen außerdem noch Fördermittel.

    Wie hoch werden die Standards sein?

    Klöckner: Über die Einzelheiten werden wir uns jetzt unter anderem im Gesetzgebungsverfahren verständigen. Die Vorstellungen gehen da noch auseinander, auch über die Kriterien beim Label. Ich möchte einen klugen, gangbaren Weg mit allen Beteiligten finden.

    Warum dehnen Sie das Siegel nicht auf alle tierischen Produkte aus?

    Klöckner: Mein Ziel ist in der Tat, das Tierwohl-Label auszuweiten – hin zu einer europaweiten Kennzeichnung. Aber das ist ein langer Prozess. Deswegen möchte ich national starten, um dann den nächsten Schritt auf europäischer Ebene zu machen.

    Julia Klöckner (2.v.r.) beim Gespräch mit Theresa Martus (li.), Jochen Gaugele (2.v.l.) und Jörg Quoos (re.) in ihrem Berliner Ministerium.
    Julia Klöckner (2.v.r.) beim Gespräch mit Theresa Martus (li.), Jochen Gaugele (2.v.l.) und Jörg Quoos (re.) in ihrem Berliner Ministerium. © Reto Klar | Reto Klar

    Zum Symbol für Tierleid in der Landwirtschaft ist die millionenfache Tötung männlicher Küken geworden, die in der Legehennen-Zucht als unerwünschtes Nebenprodukt gelten. Wann ist damit endlich Schluss?

    Klöckner: Wir sind schon auf dem Weg, das zu beenden. Es kann nicht sein, dass Küken getötet werden, nur weil sie das falsche Geschlecht haben. Wir haben rund fünf Millionen Euro in die Erforschung von Alternativen investiert. Daraus sind zwei vielversprechende Verfahren zur Geschlechtsbestimmung frühzeitig im Ei hervorgegangen. Wir stehen hier kurz vor der Praxisreife. Eine große deutsche Supermarktkette hat bereits angekündigt, die Technologie in den ersten Brütereien noch in diesem Jahr zum Einsatz zu bringen. Es sollte nicht unser Ziel sein, unsere Geflügelbetriebe mit ihrer Produktion ins Ausland zu vertreiben. Die unwürdige Praxis ginge dort weiter. Lieber unterstütze ich Lösungen im Land mit den Betroffenen zusammen. Ich bin sicher, dass Deutschland beim Ausstieg aus dem Kükentöten Vorreiter wird.

    Können Sie ausschließen, dass am Ende der Wahlperiode immer noch Millionen männliche Küken getötet werden?

    Klöckner: Wir als Bundesregierung haben geliefert, jetzt ist die Wirtschaft am Zug. Ich habe aber nicht vor, in meiner Amtszeit die Hühnerhaltung in Deutschland zu beenden – um dann Eier zu importieren, die unter niedrigeren Tierschutzstandards hergestellt werden.

    Sie wollen härter gegen Tierschützer vorgehen, die in Ställe einbrechen und Missstände filmen. Müssten Sie sich nicht eher die Landwirte vorknöpfen, die ihre Tiere quälen?

    Klöckner: Völlig klar: Wer Tierschutzvorschriften nicht einhält, muss bestraft werden. Hier sind die Tierschutz-Kontrolleure gefragt. Wer mit Tieren schlecht umgeht, schadet nicht nur ihnen, sondern auch allen Tierhaltern, die ordentlich mit ihren Tieren umgehen. Aber Unrecht bekämpft man nicht mit einem anderen Unrecht. Einbruch ist Einbruch, der Zweck heiligt nicht die Mittel. Selbst ernannte Stallpolizisten sind genauso wenig die Lösung wie Bürgerpolizisten in den Straßen. Das ist Aufgabe des Staates, der genügend Personal für die Kontrollen braucht.

    Geht der Staat denn konsequent genug mit Landwirten um, die gegen Tierschutzvorschriften verstoßen?

    Klöckner: Wissen Sie, der Staat hat den Tierschutz im Grundgesetz verankert. Wir haben Gesetze, die für Tierschutz sorgen. Bei den Kontrollen sind die Bundesländer in der Pflicht. Wir müssen genau hinschauen, wie die Tierschutz-Kontrollen ausgestaltet sind: Gibt es genug Kontrolleure, die streng genug prüfen? Aber Einbruch ist und bleibt Einbruch. Selbstjustiz ist nicht das Prinzip in unserem Rechtsstaat.