Bonn. Auf dem Parteitag der SPD haben die Delegierten mehrheitlich für Verhandlungen über die Neuauflage einer Großen Koalition gestimmt.

Auf dem Sonderparteitag der SPD in Bonn haben die Delegierten mehrheitlich für Verhandlungen über die Neuauflage einer Großen Koalition mit CDU und CSU gestimmt. 362 der 642 Delegierten und Vorständler gaben nach kontroverser Debatte ihre Zustimmung.

SPD-Chef Martin Schulz hatte vor dem Votum gesagt, er halte ein Ja zu den GroKo-Verhandlungen für den mutigeren Weg. Man könne in einer großen Koalition Gutes für die Menschen in Deutschland und Europa erreichen.

Nahles kündigt harte Verhandlungen an

SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles hatte zuvor für den Fall von Koalitionsgesprächen mit der Union harte Verhandlungen angekündigt. „Wir werden verhandeln, bis es quietscht auf der anderen Seite“, sagte Nahles vor der Abstimmung.

Verhandelt werde über sachgrundlose Befristungen von Arbeitsverhältnissen wie auch über eine Härtefallregelung beim Familiennachzug von Flüchtlingen. „Wir werden weitere gute Sachen rausholen“, versprach sie dem Parteitag.

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl hingegen warnte die Sozialdemokraten davor, mit falschen Hoffnungen in die Koalitionsgespräche zu gehen. „Für die weiteren Verhandlungen gilt das, was wir in der Sondierung gemeinsam erarbeitet haben“, sagte Strobl unserer Redaktion.

Es werde „nicht nachgekartet“, auch wenn es in der SPD „diese Phantasie geben mag“, sagte Strobl weiter. Trotz der geplanten Mitgliederbefragung bei den Sozialdemokraten erwarte er, dass die SPD die Koalitionsverhandlungen „nicht hasenfüßig führt“, so Strobl.

Der baden-württembergische Innenminister betonte: „Maßstab darf nicht sein, ob der Koalitionsvertrag den SPD-Mitgliedern gefällt. Maßstab muss sein, ob er Deutschland voranbringt.“

Jusos kritisierten GroKo-Pläne scharf

Vor gut einer Woche hatten sich CDU/CSU und Sozialdemokraten auf ein Sondierungspapier geeinigt, das die Grundlage für Verhandlungen über eine neue gemeinsame Regierung bilden soll. In der SPD gibt es große Vorbehalte gegen die Neuauflage des schwarz-roten Bündnisses.

SPD-Delegierte stimmen für GroKo-Verhandlungen

Auf dem Sonderparteitag der SPD entschieden die Mitglieder über Koalitionsverhandlungen mit der Union: Die Führung unter Martin Schulz war dafür, 362 der 642 Delegierten folgten mit dem Votum für Koalitionsverhandlungen.
Auf dem Sonderparteitag der SPD entschieden die Mitglieder über Koalitionsverhandlungen mit der Union: Die Führung unter Martin Schulz war dafür, 362 der 642 Delegierten folgten mit dem Votum für Koalitionsverhandlungen. © dpa | Kay Nietfeld
Erleichterung bei der Führung: Andrea Nahles und Martin Schulz nach dem Votum.
Erleichterung bei der Führung: Andrea Nahles und Martin Schulz nach dem Votum. © REUTERS | THILO SCHMUELGEN
Alles beginnt jedoch mit dem Auftritt der Zwerge: Der amtierende Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte die Gegner einer Neuauflage der GroKo innerhalb der SPD als „Zwergenaufstand“ bezeichnet: Doppelter Verwendungszweck für die Nikolausmützen der letzten Weihnachtsparty.
Alles beginnt jedoch mit dem Auftritt der Zwerge: Der amtierende Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte die Gegner einer Neuauflage der GroKo innerhalb der SPD als „Zwergenaufstand“ bezeichnet: Doppelter Verwendungszweck für die Nikolausmützen der letzten Weihnachtsparty. © dpa | Kay Nietfeld
Vor dem Parteitag wurde demonstriert: Vor allem die Jusos aber auch die Landesverbände von Thüringen, Berlin und Sachsen-Anhalt waren gegen neue Koalitionsverhandlungen.
Vor dem Parteitag wurde demonstriert: Vor allem die Jusos aber auch die Landesverbände von Thüringen, Berlin und Sachsen-Anhalt waren gegen neue Koalitionsverhandlungen. © dpa | Oliver Berg
Symbol dieses Parteitags: Die SPD als Zerg.
Symbol dieses Parteitags: Die SPD als Zerg. © dpa | Federico Gambarini
Die SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Andrea Nahles (l), und der SPD-Parteivorsitzende Martin Schulz sprachen sich beide für eine GroKo aus.
Die SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Andrea Nahles (l), und der SPD-Parteivorsitzende Martin Schulz sprachen sich beide für eine GroKo aus. © dpa | Oliver Berg
Der SPD-Parteivorsitzende Martin Schulz warb für eine GroKo. Seine Rede bleibt hinter den Erwartungen zurück.
Der SPD-Parteivorsitzende Martin Schulz warb für eine GroKo. Seine Rede bleibt hinter den Erwartungen zurück. © dpa | Kay Nietfeld
Martin Schulz bedankt sich.
Martin Schulz bedankt sich. © dpa | Oliver Berg
Vor der Abstimmung sprechen eine lange Liste ab SPD-Mitgliedern, hier der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach.
Vor der Abstimmung sprechen eine lange Liste ab SPD-Mitgliedern, hier der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. © dpa | Kay Nietfeld
Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen.
Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen. © dpa | Kay Nietfeld
Olaf Scholz, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg und stellvertretender Vorsitzender der SPD.
Olaf Scholz, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg und stellvertretender Vorsitzender der SPD. © dpa | Oliver Berg
Zwerg sein, um eines Tages wieder Riesen sein zu können: Das war das Argument des Der Juso-Bundesvorsitzenden Kevin Kühnert gegen eine GroKo.
Zwerg sein, um eines Tages wieder Riesen sein zu können: Das war das Argument des Der Juso-Bundesvorsitzenden Kevin Kühnert gegen eine GroKo. © dpa | Oliver Berg
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (Mitte), rechts neben ihm der ehemalige SPD-Vizekanzler Franz Müntefering, links Volker Beck, Ex-Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz.
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (Mitte), rechts neben ihm der ehemalige SPD-Vizekanzler Franz Müntefering, links Volker Beck, Ex-Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz. © dpa | Federico Gambarini
Die Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz und Stellvertretende Vorsitzende der SPD, Malu Dreyer.
Die Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz und Stellvertretende Vorsitzende der SPD, Malu Dreyer. © dpa | Kay Nietfeld
Hat gegen die GroKo gestimmt: Landesverband Thüringen.
Hat gegen die GroKo gestimmt: Landesverband Thüringen. © dpa | Oliver Berg
Ebenfalls ein Gegner einer neuen Großen Koalition.
Ebenfalls ein Gegner einer neuen Großen Koalition. © dpa | Federico Gambarini
Am Nachmittag wurde endlich abgestimmt: 362 der 642 Delegierten stimmten für Verhandlungen mit der Union.
Am Nachmittag wurde endlich abgestimmt: 362 der 642 Delegierten stimmten für Verhandlungen mit der Union. © dpa | Federico Gambarini
Am Ende wird noch gesungen.
Am Ende wird noch gesungen. © dpa | Oliver Berg
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Vor allem die Nachwuchsorganisation Jusos hat dagegen massiv Front gemacht. Entsprechend kontrovers verlief die Debatte beim Parteitag, bei der Befürworter und Gegner einer „Groko“ für ihre Positionen warben.

Juso-Chef Kevin Kühnert, der Initiator der NoGroKo-Bewegung, sagte nach der Abstimmung: „Meine These ist nicht, dass die SPD automatisch in einer Großen Koalition verliert, das ist nicht der Punkt. Aber es ist jetzt zweimal passiert. Das heißt, wir werden anscheinend zweimal krasse handwerkliche Fehler gemacht haben, weil die Verluste sind herb gewesen. Und ich möchte, dass diese Partei für sich klar zieht, woran das gelegen hat. [...] Ich sehe diese Analyse im Moment nicht“, sagte Kühnert im phoenix-Interview.

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Linken-Chefs nennen SPD-Votum „historischen Fehler“

Abgestimmt wurde über einen in letzter Minute ergänzten Leitantrag, in dem in drei Bereichen „konkret wirksame Verbesserungen“ gegenüber dem Ergebnis der Sondierungen mit der Union gefordert werden. So sollen befristete Arbeitsverhältnisse die Ausnahme sein. Außerdem soll „das Ende der Zwei-Klassen-Medizin“ eingeleitet werden. Des weiteren wird eine „weitergehende Härtefallregelung“ für den Familiennachzug von Flüchtlingen gefordert. Am Ende von Koalitionsverhandlungen müssen die Parteimitglieder zustimmen.

Die Linken-Chefs Katja Kipping und Bernd Riexinger halten das Ja der SPD zu Koalitionsverhandlungen mit der Union für einen „historischen Fehler“. Mit diesem Votum drohe die Atomisierung der Sozialdemokratie. Das Abstimmungsergebnis sei auch eine Niederlage für alle progressiven Kräfte links der CDU.

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(ba/dpa)

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