Berlin. Die Kritik am Sondierungsergebnis ebbt nicht ab. Nun melden sich führende Sozialdemokraten zu Wort und fordern Nachverhandlungen.

Führende Sozialdemokraten fordern deutliche Änderungen am Sondierungsergebnis für eine neue große Koalition. Berlins Bürgermeister Michael Müller positionierte sich zu einer Neuauflage von Schwarz-Rot „sehr kritisch“, wie er im „Tagesspiegel am Sonntag“ sagte.

Er finde im Papier von Union und SPD zwar „gute Ansätze“ in der Bildungspolitik und für bessere Arbeit und Ausbildung, erklärte das SPD-Präsidiumsmitglied. Aber: „Bei Wohnen, Zuwanderung und Integration geht es so nicht.“ Müller fügte hinzu: „Die Bürgerversicherung fehlt ganz. Viel zu tun also.“ Eine Fortsetzung der bisherigen Koalition ohne entscheidende Veränderungen überzeuge ihn nicht.

Malu Dreyer fordert Neuverhandlungen mit der Union

Auch die stellvertretende SPD-Vorsitzende Malu Dreyer forderte Nachbesserungen. „Sondierungen und Koalitionsverhandlungen sind unterschiedliche Paar Schuhe. Wir werden versuchen, in den Koalitionsverhandlungen noch Erfolge zu erzielen“, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin unserer Redaktion.

Konkret forderte Dreyer Nachverhandlungen in der Arbeitsmarkt- und in der Gesundheitspolitik. „Wir werden auch über die Bürgerversicherung noch einmal sprechen müssen“, verlangte Dreyer. „Ich hoffe, dass wir uns diesem Modell noch ein Stück nähern.“ Die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung von Beschäftigungsverhältnissen sei für viele Menschen von großer Bedeutung. Auch über die Leiharbeit werde man in Koalitionsverhandlungen noch intensiv sprechen müssen.

Die SPD-Vizechefin kritisierte auch die Sondierungsergebnisse in der Steuerpolitik. „Zu mehr Gerechtigkeit gehört ein höherer Spitzensteuersatz. Leider war das mit der Union nicht zu machen“, sagte Dreyer. Auch ein Teil der Vereinbarungen zur Zuwanderung seien für die SPD „ganz schwierig“. Es sei aber gelungen, Flüchtlingen mit geringerem Schutzstatus den Familiennachzug zu ermöglichen.

CSU fordert Einhaltung der Sondierungsergebnisse

Bayerns designierter Ministerpräsident Markus Söder (CSU) lehnt weitere Zugeständnisse an die SPD aber ab und pocht auf strikte Einhaltung der Sondierungsergebnisse: „Natürlich gilt alles. Die von allen Delegationen einstimmig beschlossene Sondierungsvereinbarung ist mit 28 Seiten doch fast schon ein Koalitionsvertrag“, sagte der bayerische Finanzminister der „Bild am Sonntag“. „Auch die SPD hat dabei viel erreicht.“

Weniger werbend äußerte sich CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in der selben Zeitung: SPD-Chef „Martin Schulz muss jetzt zeigen, dass die SPD einverlässlicher Koalitionspartner sein kann und er den Zwergenaufstand in Griff bekommt.“

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    Söder kritisierte zugleich die Gegner einer großen Koalition in der SPD. „Sie schmoren offenkundig lieber im eigenen Saft, anstatt sich um die Anliegen der Menschen zu kümmern. Es mag sein, dass einige Funktionäre im Elfenbeinturm sich mehr Ideologie gewünscht hätten, aber der frühere klassische SPD-Wähler kann mit dem Ergebnis zufrieden sein“, sagte er. „Wer Angst vor der eigenen Verantwortung hat, der wird auf Dauer beim Wähler nicht erfolgreich sein.“

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    Es dauerte quälend lange. Mehr als 24 Stunden verhandelten Angela Merkel (l.), Martin Schulz, Horst Seehofer (M.) und ihre Leute in der SPD-Zentrale. © picture alliance / Kay Nietfeld/ | dpa Picture-Alliance / Kay Nietfeld
    Dieses Foto zeigt den stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Ralf Stegner (l-r), Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in der Nacht.
    Dieses Foto zeigt den stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Ralf Stegner (l-r), Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in der Nacht. © dpa | Kay Nietfeld
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich den Medienvertretern vor der Fortsetzung der Sondierungsgespräche zwischen SPD, CDU und CSU in der SPD-Zentrale in Berlin.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich den Medienvertretern vor der Fortsetzung der Sondierungsgespräche zwischen SPD, CDU und CSU in der SPD-Zentrale in Berlin. © Steffi Loos
    Und auch der SPD-Parteivorsitzende Martin Schulz sprach in die Mikrofone.
    Und auch der SPD-Parteivorsitzende Martin Schulz sprach in die Mikrofone. © dpa | Kay Nietfeld
    Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) bei der Ankunft in der SPD-Zentrale.
    Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) bei der Ankunft in der SPD-Zentrale. © dpa | Kay Nietfeld
    Das Willy-Brandt-Haus bei Nacht.
    Das Willy-Brandt-Haus bei Nacht. © Getty Images | Sean Gallup
    Die meisten Journalisten hatten wohl nicht damit gerechnet, dass sie hier ihre Nacht verbringen. Mehr als 24 Stunden dauerte der Sondierungs-Marathon.
    Die meisten Journalisten hatten wohl nicht damit gerechnet, dass sie hier ihre Nacht verbringen. Mehr als 24 Stunden dauerte der Sondierungs-Marathon. © dpa | Kay Nietfeld
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    Da braucht es Kaffee. © Getty Images | Sean Gallup
    Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verließ zwischendurch die Fortsetzung der Sondierungen im Willy-Brandt-Haus.
    Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verließ zwischendurch die Fortsetzung der Sondierungen im Willy-Brandt-Haus. © dpa | Bernd von Jutrczenka
    Auch Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) war bei den Sondierungen dabei. Sie ging zwischenzeitlich Luft schnappen.
    Auch Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) war bei den Sondierungen dabei. Sie ging zwischenzeitlich Luft schnappen. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
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    Ebenso dabei: Die stellvertretende CDU-Parteivorsitzende Julia Klöckner. © dpa | Kay Nietfeld
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    Das Podium steht: Nach dem Ende des Sondierungs-Pokers warteten alle auf die Statements der Partei-Chefs. © Getty Images | Sean Gallup
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