Berlin . Eine neue Studie, die unserer Redaktion vorliegt, belegt den Einfluss von guten Kitas auf die soziale Entwicklung von Kindern.

Was muss passieren, damit aus kleinen Egoisten rücksichtsvolle Kinder werden, die auf jüngere Spielkameraden achten, hilfsbereit sind und ihre Spielsachen teilen können? Erziehung hilft, klar. Doch was, wenn die Eltern dazu nicht in der Lage sind? An diesem Dienstag wird eine neue Studie veröffentlicht, die zeigt, wie wichtig gute Kitas für die soziale Entwicklung von Vorschulkindern sind.

Die Ergebnisse lagen dieser Redaktion vorab vor: Vier- bis Fünfjährige verhalten sich umso freundlicher, je höher die Qualität der Tagesbetreuung ist. Mehr noch: Die Forscher weisen nach, dass eine gute Kita bei Kindern aus schwierigen Verhältnissen sogar Lücken im Sozialverhalten ausgleichen kann.

Die Analyse passt zu einer wachsenden Sorge: Alle paar Monate zeigen Bildungsstudien, wie stark der Schulerfolg in Deutschland vom Elternhaus abhängig ist. Kinder, die von ihren Eltern wenig gefördert werden, holen das oft nicht wieder auf.

Gute Kitas helfen auch Kindern aus erziehungsschwachen Familien

Für ihre neue Studie haben Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) nun die Daten von rund 1700 Kindern aus knapp 200 deutschen Kitas ausgewertet. Grundlage waren Befragungen zum Nationalen Bildungspanel (NEPS): Die Eltern sollten angeben, ob sich ihr Kind rücksichtsvoll verhält, mit anderen teilt und anderen hilft. Die Kita-Qualität wurde an fünf Merkmalen gemessen: Gruppengröße, Personalschlüssel, Gemeinschaftsaktivitäten in der Gruppe, Bildung des pädagogischen Personals und Lernmaterial.

Die Forscher verglichen Kinder, die Kita-Gruppen mit höherer Qualität besuchen, mit Kindern, die Gruppen mit niedrigerer Qualität besuchen. Das geht nicht ohne Weiteres, denn: In der Regel schicken bildungsbewusste und erziehungsstarke Eltern von vornherein ihre Kinder in Kitas mit höherer Qualität – was dazu führt, dass in solchen Kitas bereits viele sozial vorbildliche Kinder ankommen.

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    Kinder aus benachteiligten Elternhäusern profitieren besonders stark

    „Doch wenn wir diesen Effekt aus den Daten herausrechnen, sehen wir immer noch, dass die gute Qualität der Kita das Sozialverhalten positiv beeinflusst – unabhängig davon, was die Kinder schon von zu Hause mitbringen“, sagt Studienautor Georg Camehl. Die Analyse zeigt zudem, dass vor allem jene Kinder von einer gut gefüllten Lese-, Spiel- und Bastelecke profitieren, deren Mütter einen niedrigen Bildungsabschluss und deren Eltern ein geringes Einkommen haben.

    Auch mit Blick auf gemeinsame Aktivitäten innerhalb einer Kita-Gruppe zeigt sich demnach, dass hier insbesondere Kinder aus benachteiligten Elternhäusern besonders stark profitieren. „Die Kita-Qualität kann also Herkunftsunterschiede zumindest teilweise kompensieren“, so das Fazit. Qualitätsmindeststandards sollten deshalb bundesweit geregelt werden, so DIW-Bildungsexpertin Katharina Spieß.

    Ein besonderes Problem aber ist: Kinder aus Familien, in denen zu Hause kaum Deutsch gesprochen wird, gehen häufiger in Kitas mit schlechterer Qualität. Wie ein zweites DIW-Forscherteam nun festgestellt hat, kommt bei vielen dieser Kinder noch ein weiterer negativer Effekt hinzu: 2016 besuchte ein Drittel der Kinder mit nichtdeutscher Familiensprache Kitas, in denen die Mehrheit der anderen Kinder ebenfalls eine fremde Herkunftssprache hatte. Kinder mit besonderem Förderbedarf haben demnach oft doppelt schlechte Chancen: Sie haben weniger gute Förderung in der Kita und ein oft schlechtes Umfeld fürs Deutschlernen.