Berlin. Was hat die AfD bei der Bundestagswahl stark gemacht? Die Bundeskanzlerin gibt Verlustängsten, Globalisierung und Anonymität Mitschuld.

Die Wahlerfolge der AfD sind nach Einschätzung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auch Folge einer Verunsicherung vieler Menschen im Osten, aber auch im Westen. In ihrer am Samstag veröffentlichten wöchentlichen Videobotschaft benannte die Kanzlerin einige der Ursachen: „Ich glaube, es sind zum Teil Verlustängste, man hat sich sehr viel aufgebaut, man hat viele Umbrüche in der eigenen Biografie erlebt.“

Das allein jedoch erkläre die Dinge auch nicht, fügte Merkel hinzu. Man müsse die Sorgen der Menschen ernst nehmen und ihre Probleme lösen, egal wo sie aufträten.

Nicht nur ein ostdeutsches Problem

Es handele sich nicht nur um ein ostdeutsches Problem, sagte die Kanzlerin. „Wir sehen solche Sorgen vor der Globalisierung, vor der Anonymität, vor schlechterer Versorgung im Grunde auch in den alten Ländern. Und deshalb heißt es hier gesamtdeutsch dagegen vorzugehen.“ Man müsse Menschen durch die Lösung ihrer Probleme auch wieder zum Zuhören bringen. „Das sehe ich nach dieser Bundestagswahl auch als meine sehr konkrete Aufgabe an“, sagte Merkel.

Zugleich räumte sie ein, dass das Ziel gleicher Lebensbedingungen in Ost und West auch 27 Jahre nach der Wiedervereinigung noch nicht erreicht sei. „Ja, wir haben noch einige strukturelle Probleme.“ Als Beispiel führte sie die unterschiedliche Vermögenssituation von Menschen in den neuen und alten Bundesländern an.

Hunderte protestieren gegen AfD

Hunderte Menschen haben sich in Berlin versammelt, um gegen die AfD zu protestieren. Die Partei ist künftig als drittstärkste Kraft im Bundestag vertreten.
Hunderte Menschen haben sich in Berlin versammelt, um gegen die AfD zu protestieren. Die Partei ist künftig als drittstärkste Kraft im Bundestag vertreten. © dpa | Bernd Von Jutrczenka
Lautstark und mit eindeutigen Gesten zeigen die Demonstranten ihren Unmut über die Partei.
Lautstark und mit eindeutigen Gesten zeigen die Demonstranten ihren Unmut über die Partei. © REUTERS | CHRISTIAN MANG
„Stoppt die AfD“ und „Wer schweigt, stimmt zu!“ steht auf diesen Protestbannern.
„Stoppt die AfD“ und „Wer schweigt, stimmt zu!“ steht auf diesen Protestbannern. © REUTERS | CHRISTIAN MANG
Auch in Frankfurt am Main protestieren Menschen gegen die AfD – mit einem Banner mit der Aufschrift „Ganz Frankfurt hasst die AfD!!!“.
Auch in Frankfurt am Main protestieren Menschen gegen die AfD – mit einem Banner mit der Aufschrift „Ganz Frankfurt hasst die AfD!!!“. © dpa | Andreas Arnold
Im Bahnhofsviertel der hessischen Stadt hält eine Demonstrantin ein Schild mit der Aufschrift
Im Bahnhofsviertel der hessischen Stadt hält eine Demonstrantin ein Schild mit der Aufschrift "Dumbledores Armee hasst die AfD" hoch. © dpa | Andreas Arnold
In Berlin ist die Polizei mit vielen Beamten präsent.
In Berlin ist die Polizei mit vielen Beamten präsent. © REUTERS | WOLFGANG RATTAY
Polizeiketten hindern die Demonstranten daran, sich dem Gebäude am Alexanderplatz zu nähern, in dem die AfD ihre Wahlparty veranstaltet.
Polizeiketten hindern die Demonstranten daran, sich dem Gebäude am Alexanderplatz zu nähern, in dem die AfD ihre Wahlparty veranstaltet. © REUTERS | WOLFGANG RATTAY
„Deutscht uns nicht voll!“ fordern die Macher dieses Banners.
„Deutscht uns nicht voll!“ fordern die Macher dieses Banners. © REUTERS | WOLFGANG RATTAY
Mit leisen Tönen protestiert diese Frau gegen die AfD.
Mit leisen Tönen protestiert diese Frau gegen die AfD. © REUTERS | CHRISTIAN MANG
„Not in our name“ („Nicht in unserem Namen“) hat eine Demonstrantin auf eine Pappe geschrieben. Der Spruch erinnert an die Reaktionen von Muslimen nach terroristischen Anschlägen.
„Not in our name“ („Nicht in unserem Namen“) hat eine Demonstrantin auf eine Pappe geschrieben. Der Spruch erinnert an die Reaktionen von Muslimen nach terroristischen Anschlägen. © REUTERS | WOLFGANG RATTAY
Während der überwiegende Teil der Menschen friedlich demonstrierte, wurden nach Angaben der Polizei vereinzelt Flaschen und Steine auf Polizeibeamte geworfen. Es habe einige Festnahmen gegeben.
Während der überwiegende Teil der Menschen friedlich demonstrierte, wurden nach Angaben der Polizei vereinzelt Flaschen und Steine auf Polizeibeamte geworfen. Es habe einige Festnahmen gegeben. © dpa | Kay Nietfeld
„Don’t repeat history“ (Wiederholt nicht die Geschichte) steht in Anspielung auf die deutsche NS-Vergangenheit auf dem Plakat dieser jungen Frau.
„Don’t repeat history“ (Wiederholt nicht die Geschichte) steht in Anspielung auf die deutsche NS-Vergangenheit auf dem Plakat dieser jungen Frau. © REUTERS | HANNIBAL HANSCHKE
Auch in Leipzig protestieren Menschen gegen den Wahlerfolg der AfD.
Auch in Leipzig protestieren Menschen gegen den Wahlerfolg der AfD. © dpa | Sebastian Willnow
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Die neuen Länder brauchen laut Merkel weiter Unterstützung

Auch die Steuerkraft der ostdeutschen Länder sei dramatisch niedriger. Das liege unter anderem daran, dass sich die Zentralen fast aller großen Unternehmen immer noch in den alten, westlichen Bundesländern befänden. Die neuen Länder bräuchten deshalb im Bund-Länder-Finanzausgleich ab 2020 weiter Unterstützung. Aber auch im Westen gebe es strukturschwache Regionen. „Da werden wir für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse ganz andere Lösungen finden müssen.“ (dpa)

Nach der Wahl ist vor der Wahl - Merkel in Niedersachsen

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