Venezuela-Krise – Bringt der Papst Maduro zur Vernunft?
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Caracas. Papst Franziskus hat einen dramatischen Appell an Venezuelas Machthaber Maduro gerichtet. Lenkt der umstrittene Staatschef nun ein?
Mit einer ungewöhnlichen Stellungnahme hat Papst Franziskus Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro zum Verzicht auf Pläne aufgerufen, die das Land in eine Diktatur stürzen könnten. Der Heilige Stuhl bittet, die geplante Verfassungsgebende Versammlung „zu stoppen oder auszusetzen“, teilte der Vatikan am Freitag in Rom mit.
Sein Wort hat viel Gewicht – in dem 30-Millionen-Einwohner-Land sind 95 Prozent katholisch. Maduro bezeichnet sich als Freund des Papstes.
Soldaten und Nationalgarde sicherten am Freitag das Gebäude, das zum Symbol für den Kampf um Venezuelas Demokratie geworden ist: Mit dem Einzug von 545 Mitgliedern der Verfassungsgebenden Versammlung könnte eine neue politische Zeitrechnung beginnen. Es wird befürchtet, dass die mit allen Vollmachten ausgestattete Versammlung den Weg in eine Diktatur wie in Kuba ebnen könnte.
Schon viele Tote und Verletzte
Die Versammlung soll de facto an die Stelle des bisherigen Parlaments treten und eine neue Verfassung erarbeiten. Die Immunität der bisherigen Abgeordneten könnte aufgehoben werden - Maduro hat wiederholt mit harten Strafen gedroht. Unklar ist, ob und wo nun die bisherigen Abgeordneten tagen werden.
Angesichts der vielen Toten, Verletzten und Festgenommenen beobachte man die „Radikalisierung und Verschärfung der Krise“ in dem Land mit „großer Sorge“, erklärte der Vatikan. Nach Betrugsvorwürfen bei der Wahl der 545 Delegierten und scharfer internationaler Kritik ist das eine weitere Hypothek für Maduro.
Misswirtschaft hat Venezuela ruiniert
Die Versammlung tagt im Parlamentsgebäude, in dem das Oppositionsbündnis „Mesa de la Unidad Democrática“ (MUD) eine Zwei-Drittel-Mehrheit hat. Maduro spricht von einer „Versammlung des Friedens“, um nach über 120 Toten wieder Ruhe und Ordnung im Land mit den größten Ölreserven herzustellen.
Schlangen vor oft leeren Supermärkten und Apotheken prägen das Bild, Bäckereien haben oft kein Mehl mehr, um Brot zu backen, Menschen suchen im Müll nach Essensresten. Maduro gibt dem Ölpreis und einem Wirtschaftskrieg des Auslands die Schuld.
Um einen blutigen Konflikt zu vermeiden, sicherten Nationalgarde und Polizei das Gebäude vor der konstituierenden Sitzung am Freitag. Auch Anhänger der Sozialisten, die immer wieder Gegner brutal angreifen („Colectivos“), wurden gesichtet. Im Juli hatte ein Mob das Gebäude gestürmt und mehrere Abgeordnete teils mit Latten zusammengeschlagen.
Venezuela droht im Chaos zu versinken
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Das Parlament war schon in den vergangenen Monaten weitgehend wirkungslos, da Maduro mit Dekreten daran vorbeiregierte. Die Versammlung wird eine Art Parallel-Parlament. Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Díaz versuchte noch, die Einberufung zu stoppen. Sie reichte bei einem Gericht in Caracas einen entsprechenden Antrag ein und begründete dies mit den Vorwürfen, die Wahlbeteiligung sei manipuliert worden.
Opposition will Parlament verteidigen
Dies hatte die zuständige Firma Smartmatic unter Verweis auf Serverdaten mitgeteilt. Es hätten nicht die offiziell verkündeten 8,1 Millionen abgestimmt. Schätzungen gehen von 2,4 bis knapp vier Millionen aus. Wahlberechtigt waren 19,4 Millionen.
Die Opposition rief zur Verteidigung des Parlaments auf. Die frühere Außenministerin Delcy Rodríguez, Mitglied der Versammlung, hat angekündigt, dass wieder die Porträts von Hugo Chávez aufgehängt werden. „Und sie werden nie mehr verschwinden.“ Die Opposition hatte diese nach ihrem Sieg bei der Parlamentswahl 2016 allesamt abgehängt. (dpa)