Paris. Marine Le Pen hat die erste Wahlrunde in Frankreich geschafft. Die 48-Jährige arbeitet seit langem zäh an ihrer Politik-Karriere.

  • Rechtspopulistin Marine Le Pen ist nur noch einen Schritt von der Präsidentschaft in Frankreich entfernt
  • Die Chefin des Front National verspricht ihren Wählern einen starken Staat
  • Le Pens Programm ist eine Mischung aus Nationalismus, Populismus, Protektionismus und Fremdenfeindlichkeit

„Nein Madame Merkel, wir wollen Ihre Flüchtlinge nicht! Wir sind hier bei uns und das soll so bleiben!“ Mit solchen Parolen hatte Marine Le Pen, die Chefin des Front National (FN) und oberste Rechtsauslegerin der französischen Politik, ihren Präsidentschaftswahlkampf immer wieder neu angefacht. Wahlkampf kann die blonde Powerfrau. „Marine Présidente!“ skandierten ihren Anhänger immer wieder in den letzten Wochen. Nun steht die 48-Jährige in der Stichwahl – und damit nur noch einen Schritt entfernt von der Präsidentschaft in Frankreich.

Le Pens politisches Programm besticht durch eingängige Parolen. Sie werde „Frankreich wieder in Ordnung“ bringen, hatte sie verkündet. Etwa indem sie das Land aus der Europäischen Union führt, „um ihm seine Souveränität zurückzugeben“. Und natürlich mit einer Politik, die den FN-Slogan „Die Franzosen zuerst“ in konkrete Maßnahme ummünzt.

„Prinzip der nationalen Priorität“

Le Pen versprach ihren Wählern einen starken Staat, „dessen erste Aufgabe es ist, die eigenen Bürger zu schützen“. Dass dazu der Ausbau des Sicherheitsapparats im Rahmen einer Null-Toleranz-Politik gegenüber Kriminellen und Terroristen gehört, versteht sich von selbst. Doch der Kernpunkt ist das „Prinzip der nationalen Priorität“, welches sie in der Verfassung zu verankern gedenkt, um die Bevorzugung französischer Staatsbürger bei der Vergabe von Sozialleistungen, Arbeitsplätzen und Sozialwohnungen gegenüber Ausländern festzuschreiben.

In Frankreichs wirtschaftlich schwachem Norden ist der Front National besonders stark. Die ehemalige Bergbauregion leidet an den Folgen der Deindustrialisierung, Armut und Arbeitslosigkeit sind hier höher als anderswo im Land. Auf entsprechend offene Ohren stießen da das Prinzip der nationalen Priorität oder Steuererleichterungen und Lohn- wie Rentenerhöhungen, mit denen Le Pen ebenfalls lockte.

Geht Frankreich, ist die EU am Ende

Unter den Strich basiert das Programm der 48-jährigen Juristin genau auf jener Mischung aus Nationalismus, Populismus, Protektionismus und Fremdenfeindlichkeit, die dem Amerikaner Donald Trump den Weg ins Weiße Haus bahnte. Zöge sie tatsächlich in den Elysée-Palast ein, könnte sie ganz Europa auf den Kopf stellen. Denn wenn das europäische Kernland Frankreich gemäß Le Pens Ansage aus allen EU-Institutionen ausschert, wären die Union und die deutsch-französische Partnerschaft am Ende.

Le Pens Problem: Bis heute stößt der Front National bei den bürgerlichen Wählern, ganz besonders bei den besser gebildeten, die er bislang nicht von sich einnehmen konnte, auf eiserne Ablehnung. 58 Prozent der Franzosen sind sogar der Meinung, dass der FN eine Gefahr für die Demokratie darstellt. Doch Le Pens größtes Handicap bleibt ihr anti-europäischer Kurs. Den von ihr anvisierten „Frexit“ lehnen 72 Prozent der Franzosen ab und 74 Prozent sind strikt gegen die von ihr ebenfalls propagierte Wiedereinführung des Franc.

Auf Distanz zu Neonazis

Dass Marine Le Pen ganz im Gegensatz zu ihrem Vater Jean-Marie, dem Gründer des Front National, tatsächlich an die Macht will, steht außer Frage. Seit die zweifach geschiedene Mutter dreier Kinder 2011 den FN-Pateivorsitz übernahm, arbeitet sie geduldig daran, den Front National zu „entdiabolisieren“ und für eine breitere Wählerschaft attraktiv zu machen.

Auf diesem Weg ist sie schon ein ganzes Stück vorangekommen. Neonazis oder Antisemiten etwa ließ sie aus der Partei werfen; ein Großreinemachen, das mit der Aberkennung der Ehrenpräsidentschaft des alten Le Pen in einem politischen Vatermord gipfelte.

Keiner will den „Pakt mit dem Teufel“

Dennoch ist nach wie vor keine der übrigen Parteien bereit, den „Pakt mit dem Teufel“ zu schließen. Gemeint sind Wahlabsprachen oder Wahlbündnisse mit dem Front National. Ohne diese aber ist bei dem in Frankreich geltenden Mehrheitswahlrecht kein Stich zu machen. Das ist auch der Grund, warum der Front National trotz seines Gewichts nur in elf größeren Gemeinden den Bürgermeister stellt und in der Nationalversammlung sowie im Senat bisher nur jeweils zwei Sitze erobern konnte.

Nackter Protest gegen Le Pen

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    Entweder muss der Front National also noch deutlich stärker und somit unumgänglich werden oder sein Profil so entschärfen, dass er von den Wählern und der Konkurrenz als eine fast normale Partei wahrgenommen wird. Keines der beiden Ziele ist in Griffweite. Eine Präsidentin Le Pen, würde sie denn gewählt, könnte ihr Programm gar nicht umsetzen. Bei den im Juni anstehenden Parlamentswahlen darf der Front National laut den optimistischsten Spiegelungen bestenfalls auf 40 von 577 Sitzen hoffen.

    Selbst in einer Präsidialdemokratie wie der französischen, wo das Staatsoberhaupt über beinahe unerhörte Vollmachten verfügt, wäre sie damit zu einem reinen Mauerblümchen-Dasein im Elysée-Palast verdammt.

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