London. Paukenschlag in London: Premier May ruft die Briten vorzeitig zur Wahl. Sie rechnet mit noch mehr Rückhalt für den Brexit im Parlament.

  • Die britische Premierministerin glaubt, dass das Volk für den Brexit ist, das Parlament aber nicht
  • Die Neuwahlen sollen schon am 8. Juni stattfinden
  • Die Verhandlungen mit der EU verzögern sich dadurch

Premierministerin Theresa May hat überraschend Neuwahlen in Großbritannien angekündigt. Damit will sich die konservative Politikerin die volle Rückendeckung des Parlaments für den geplanten Ausstieg des Landes aus der Europäischen Union sichern.

Die Parlamentswahl soll bereits am 8. Juni stattfinden, sagte May in einer kurzfristig angekündigten Erklärung am Dienstag in London. Am Mittwoch sollen die Abgeordneten den Weg dafür frei machen. May benötigt dafür eine Zweidrittelmehrheit im Unterhaus. Die oppositionelle Labour Party begrüßte die Ankündigung Mays.

May: Vom Brexit gibt es kein Zurück

Die Regierungschefin begründete den Schritt damit, das Parlament sei sich uneinig über den geplanten EU-Austritt ihres Landes. „Das Land kommt zusammen, aber Westminster tut dies nicht“, sagte May. Ohne Einigkeit drohe Unsicherheit und Instabilität, Großbritannien brauche eine starke und stabile Führung. „Großbritannien verlässt die Europäische Union und es kann kein Zurück geben“, betonte May.

Außenminister Sigmar Gabriel mahnte Großbritannien nach der Entscheidung zur Berechenbarkeit. „Jede längere Ungewissheit tut den politischen und den wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Europa und Großbritannien sicher nicht gut“, sagte der SPD-Politiker unserer Redaktion. „Hoffentlich können die von Premierministerin May heute angekündigten Neuwahlen zu mehr Klarheit und Berechenbarkeit führen in den Verhandlungen mit der Europäischen Union.“

Die konservative May hatte Neuwahlen bislang ausdrücklich ausgeschlossen. Sie musste sich aber immer wieder gegen Vorwürfe wehren, sie habe kein Mandat. May war im Juli 2016 von ihrer Partei ins Amt gewählt worden, nachdem ihr Vorgänger David Cameron nach dem Brexit-Votum am 23. Juni zurückgetreten war.

Umfragen sehen Konservative deutlich vorn

Regulär sollte erst wieder im Jahr 2020 gewählt werden. Jüngste Umfragen deuten darauf hin, dass Mays Konservative einen erheblichen Vorsprung vor der oppositionellen Labour-Partei hat und ihre Regierungsmehrheit erheblich ausbauen könnte.

Einer Erhebung von YouGov aus der vergangenen Woche zufolge kämen sie auf 44 Prozent, während Labour 23 Prozent und die Liberaldemokraten zwölf Prozent bekommen würden. Wegen des Mehrheitswahlrechts dürfte es noch klarere Verhältnisse im Parlament als bisher geben. May könne mit einer „ziemlich substanziellen Mehrheit“ rechnen, sagte der Umfragenexperte John Curtice von der University of Strathclyde.

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Königin Elizabeth II. war vorab über die Entscheidung Mays informiert. Das erklärte ein Sprecher des Buckingham-Palastes am Dienstag in London. Ein Statement der Queen zum Vorhaben der britischen Premierministerin gab es nicht. Das Staatsoberhaupt äußert sich grundsätzlich nicht zu aktuellen politischen Vorgängen.

Neuwahlen könnten Brexit-Verhandlungen verzögern

Erst Ende März hatte May offiziell die Austrittserklärung ihres Landes aus der EU vorgelegt. Die Entscheidung Mays für Neuwahlen könnte den Beginn der Austrittsverhandlungen verzögern. Dem Vertrag von Lissabon zufolge hat die britische Regierung zwei Jahre Zeit für die Austrittsgespräche. Diese Frist läuft im März 2019 ab.

May hat einen harten Kurs für die Verhandlungen mit Brüssel angekündigt. Das Land soll sowohl den Europäischen Binnenmarkt als auch die Zollunion verlassen.

Premierministerin Theresa May bei ihrer Ansprache vor Downing Street 10.
Premierministerin Theresa May bei ihrer Ansprache vor Downing Street 10. © Getty Images | Dan Kitwood

Widerstand droht aus Schottland und Nordirland. Die schottische Regierung kritisierte die Pläne der Regierung in London. Die Konservativen wollten so „einen harten Brexit und tiefere Einschnitte durchsetzen“, erklärte Regierungschefin Nicola Sturgeon am Dienstag über Twitter. Dies stärke das Argument, dass die Schotten erneut über eine Unabhängigkeit abstimmen sollten.

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Im vergangenen Jahr hatten sich die Schotten beim Brexit-Referendum mehrheitlich gegen einen Austritt aus der EU ausgesprochen. In der Folge hat Sturgeon ein neues Unabhängigkeitsreferendum vorgeschlagen. May hat jedoch erklärt, dies sei vor dem Abschluss der Brexit-Gespräche unangebracht.

Nordirland steckt in einer Regierungskrise, bei der kein Ende absehbar ist. Die katholische pro-republikanische Sinn-Fein-Partei hat bereits eine Wiedervereinigung mit der Republik Irland gefordert.

Die EU-Kommission wollte sich zunächst nicht zur Ankündigung der Neuwahlen äußern. Ein Sprecher begründete dies am Dienstagmittag damit, dass die britische Premierministerin Theresa May parallel zur mittäglichen Pressekonferenz der Brüsseler Behörde auftrat.

Labour-Chef: Neuwahl als Chance

Der Chef der oppositionellen Labour Partei, Jeremy Corbyn, sieht die Neuwahl als Chance. „Ich begrüße die Entscheidung der Premierministerin, dem britischen Volk die Möglichkeit zu geben, eine Regierung zu wählen, die die Interessen der Mehrheit an erste Stelle stellt“, schrieb er am Dienstag auf Twitter.

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Corbyn hatte seine Abgeordneten bei der Abstimmung über das Brexit-Gesetz zum Ausstieg Großbritanniens aus der EU angewiesen, dafür zu stimmen. Seine Partei werde die Brexit-Verhandlungen nicht blockieren, hatte er angekündigt. Wie genau er sich nun vor der Neuwahl in Sachen Brexit positionieren will, ließ er zunächst offen.

Der Chef der britischen Liberaldemokraten, Tim Farron, hat an die Wähler appelliert, die Neuwahl als Chance zu nutzen. „Diese Wahl ist Eure Chance, die Richtung unseres Landes zu ändern“, schrieb Farron am Dienstag auf Twitter. Die Liberaldemokraten stehen einem harten Austritt des Landes aus der Europäischen Union kritisch gegenüber.

Der frühere Premierminister Großbritanniens, David Cameron, begrüßte Mays Ankündigung. Dies sei eine mutige und richtige Entscheidung, schrieb Cameron am Dienstag auf Twitter. Er wünsche allen konservativen Kandidaten viel Erfolg.

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SPD-Generalsekretärin Katarina Barley rechnet mit viel harscher EU-Kritik bis zum Wahltermin:

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(dpa/rtr)