Istanbul. Während sich Recep Tayyip Erdogan für einen Wahlsieg feiern lässt, kritisieren Oppositionelle Unregelmäßigkeiten in den Wahllokalen.

Die Opposition will den Ausgang des Referendums über die Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei anfechten. Man werde Beschwerde gegen das Ergebnis von zwei Dritteln der Wahlurnen einlegen, teilte die HDP am Sonntag über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Auch der Abgeordnete der größten Oppositionspartei CHP, Sezgin Tanrikulu, kündigte Einspruch an.

Türkei-Referendum: So kann Erdogan jetzt durchregieren

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    Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sprach am Sonntagabend trotz des knappen Ergebnisses von einem Sieg des „Ja“-Lagers. Die Opposition dagegen sagte, das Ergebnis sei noch nicht klar.

    HDP will Indizien für Manipulation haben

    Die HDP erklärte: „Unsere Informationen weisen auf Manipulation in der Größenordnung von 3 bis 4 Prozentpunkten hin.“ Zuvor hatte bereits die Istanbuler HDP-Abgeordnete Filiz Kerestecioglu die Legitimität des Wahlergebnisses angezweifelt. „Schon der Wahlkampf war nicht fair und hat unter ungeheurem Druck stattgefunden“, sagte Kerestecioglu der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag. „Die Entscheidung über ein Präsidialsystem in der Türkei wurde dem Volk in der Türkei aufgedrängt. Selbst ein „Ja“ wird keine Legitimität haben. Es ist deutlich geworden, dass das Volk in der Türkei es ablehnt, die Verfassung auf diese Weise zu ändern.“

    Türken stimmen für Präsidialsystem

    Am Sonntag stand die Türkei vor einer wegweisenden Entscheidung: für oder gegen ein Präsidialsystem, das Präsident Recep Tayyip Erdogan mehr Macht verleiht. Das Volk entschied zugunsten des Staatschefs.
    Am Sonntag stand die Türkei vor einer wegweisenden Entscheidung: für oder gegen ein Präsidialsystem, das Präsident Recep Tayyip Erdogan mehr Macht verleiht. Das Volk entschied zugunsten des Staatschefs. © dpa | Dha - Depo Photos
    Seit Sonntagmorgen waren die Wahllokale geöffnet. Etwa 55,3 Millionen Wahlberechtigte waren zur Stimmabgabe aufgerufen. Im Ausland waren zusätzlich 2,9 Millionen Türken zur Wahl zugelassen.
    Seit Sonntagmorgen waren die Wahllokale geöffnet. Etwa 55,3 Millionen Wahlberechtigte waren zur Stimmabgabe aufgerufen. Im Ausland waren zusätzlich 2,9 Millionen Türken zur Wahl zugelassen. © dpa | Michael Kappeler
    „Evet“ (Ja) oder „Hayir“ (Nein) – Darüber haben die Türken per Wahlzettel abgestimmt.
    „Evet“ (Ja) oder „Hayir“ (Nein) – Darüber haben die Türken per Wahlzettel abgestimmt. © dpa | Michael Kappeler
    Ein Wähler gibt in einem Wahllokal in Diyarbakir seinen Fingerabdruck. Die Millionenstadt wird überwiegend von Kurden bewohnt.
    Ein Wähler gibt in einem Wahllokal in Diyarbakir seinen Fingerabdruck. Die Millionenstadt wird überwiegend von Kurden bewohnt. © dpa | Emre Tazegul
    Auch Präsident Erdogan hat in einem Wahllokal in seiner Heimatstadt Istanbul seine Stimme abgegeben.
    Auch Präsident Erdogan hat in einem Wahllokal in seiner Heimatstadt Istanbul seine Stimme abgegeben. © dpa | Lefteris Pitarakis
    Gemeinsam mit seiner Frau Emine und im Beisein seiner Enkelin Mahinur nahm der türkische Präsident an der Abstimmung teil.
    Gemeinsam mit seiner Frau Emine und im Beisein seiner Enkelin Mahinur nahm der türkische Präsident an der Abstimmung teil. © dpa | Lefteris Pitarakis
    Nach der Stimmabgabe wurde Präsident Erdogan von seinen Anhängern freudig in Empfang genommen.
    Nach der Stimmabgabe wurde Präsident Erdogan von seinen Anhängern freudig in Empfang genommen. © dpa
    Das Präsidialsystem, für dessen Einführung bei dem Verfassungs-Referendum eine knappe Mehrheit votierte, wird Erdogan deutlich mehr Macht verleihen. Die Opposition warnte zuvor vor einer Ein-Mann-Herrschaft.
    Das Präsidialsystem, für dessen Einführung bei dem Verfassungs-Referendum eine knappe Mehrheit votierte, wird Erdogan deutlich mehr Macht verleihen. Die Opposition warnte zuvor vor einer Ein-Mann-Herrschaft. © dpa | Michael Kappeler
    In Istanbul, Ankara und Izmir – den drei größten Städten des Landes – überwogen die „Nein“-Stimmen. Die türkische Opposition kritisierte Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung und kündigte Einspruch an.
    In Istanbul, Ankara und Izmir – den drei größten Städten des Landes – überwogen die „Nein“-Stimmen. Die türkische Opposition kritisierte Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung und kündigte Einspruch an. © dpa | Michael Kappeler
    Staatschef Erdogan ließ sich von seinen Anhängern feiern. Das Volk habe eine „historische Entscheidung“ getroffen und der Verfassungsänderung zugestimmt, sagte Erdogan am Sonntagabend in Istanbul.
    Staatschef Erdogan ließ sich von seinen Anhängern feiern. Das Volk habe eine „historische Entscheidung“ getroffen und der Verfassungsänderung zugestimmt, sagte Erdogan am Sonntagabend in Istanbul. © dpa | Lefteris Pitarakis
    Unterstützer des „Ja“-Lagers zeigten ihre Freude über das Wahlergebnis mit einem Autokorso in Istanbul.
    Unterstützer des „Ja“-Lagers zeigten ihre Freude über das Wahlergebnis mit einem Autokorso in Istanbul. © dpa | Emrah Gurel
    Erdogan sagte vor begeisterten Anhängern in Istanbul, seine „erste Aufgabe“ werde sein, die Wiedereinführung der Todesstrafe auf die Tagesordnung zu setzen.
    Erdogan sagte vor begeisterten Anhängern in Istanbul, seine „erste Aufgabe“ werde sein, die Wiedereinführung der Todesstrafe auf die Tagesordnung zu setzen. © dpa | Emrah Gurel
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    Ähnlich äußerte sich der CHP-Abgeordnete Tanrikulu. „Das Referendum hätte überhaupt nicht stattfinden dürfen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die Bedingungen unter dem seit Juli 2016 bestehenden Ausnahmezustand seien unfair gewesen. „Unter diesen Umständen hat das Ergebnis keine Legitimation“. Wegen Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe werde man Einspruch einlegen.

    Kritik trifft auch staatliche Nachrichtenagentur

    Die Opposition beklagte zudem, die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu habe zu früh Teilergebnisse zugunsten des „Ja“-Lagers veröffentlicht, die nicht mit den Ergebnissen der Wahlkommission übereinstimmten. Das Ziel sei gewesen, Wahlbeobachter der Opposition zu demoralisieren.

    Nach Angaben von Anadolu lagen die „Ja“-Stimmen nach Auszählung von 99,23 Prozent bei 51,35 Prozent. Die „Nein“-Stimmen kamen demnach auf 48,65 Prozent. Oppositionsvertreter in der Wahlkommission bestätigten diese inoffiziellen Anadolu-Zahlen aber zunächst nicht. (dpa)

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