Jüterbog. AfD-Politiker Björn Höcke zeigte sich bei einem Bürgerdialog in Brandenburg vergleichsweise zahm. Früher hätte man das anders gesehen.

Um das Eis zu brechen, schwärmt Björn Höcke von der brandenburgischen Landschaft. „So eine Ruhe, so eine Stille“, sagt er – und scheint sich zu wundern, dass seine Zuhörer nicht klatschen. Das soll sich ändern. „Höcke, Höcke“, rufen die rund 100 Gäste im Jüterboger „Bergschlösschen“ immer wieder – und zeigen, dass der thüringische Partei- und Fraktionschef, der mit seiner „Dresdner Rede“ so ziemlich alles in Frage gestellt hat, was die Grundprinzipien dieser Republik ausmacht

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in Brandenburg viele Freunde hat.

Die meisten seiner Anhänger beim „Bürgerdialog“ an diesem Donnerstagabend sind jenseits der 50 und meist männlich. Wer gekommen ist, um Zeitzeuge

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zu werden, wird enttäuscht. Vor den Pegida-Anhängern in Dresden forderte Höcke eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“. In Jüterbog spricht er viel über Bildungspolitik – und fordert eine „familienpolitische Wendung“.

Höcke entschuldigt sich für Tonlage seiner Dresdener Rede

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    Seinen Hang zum Populismus zeigt Höcke aber auch im „Bergschlösschen“. Etwa, als er moniert, dass Schülern viel zu früh detaillierte Kenntnisse über Sexualpraktiken beigebracht würden. „Hände weg von den Seelen unserer Kinder“, skandiert Höcke und erntet auch damit frenetischen Beifall. Ansonsten spult er AfD-Diskurs ab.

    Seiner eigenen Partei rät er, „auf den Spuren von Donald Trump zu wandern und eine knallharte Anti-Establishment-Politik zu machen“. Zur Flüchtlingspolitik sagt Höcke wenig. Deutschland habe „junge Männer aus vorindustriellen Kontexten“ über die Grenzen gelassen, die dem Land nichts nutzten.

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      Früher hätten Höckes Thesen für mehr Aufruhr gesorgt

      Vor einigen Jahren wären Höcke mit den pauschalen Thesen die Schlagzeilen sicher gewesen. Und viele hätten die AfD wohl als unwählbar eingestuft. Nach der Dresdner Rede wirkt der Auftritt dagegen fast schon zahm. In Strategiepapieren der AfD heißt es, man müsse die Grenzen des Sagbaren und des politischen Diskurses verschieben. Wenn man Höckes Auftritt in Dresden mit dem in Jüterbog vergleicht und sich vergegenwärtigt, dass sich über seinen Auftritt im „Bergschlösschen“ kaum jemand ernsthaft aufregen wird, ahnt man, was damit gemeint ist – und dass die Strategie funktioniert. (kr)