Tel Aviv

Israel: Minister der Verteidigung tritt zurück

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Mosche Jaalon warnt mit seinem Rückzug vor Radikalisierung des Landes

Tel Aviv. Führungskrise in Israel: Verteidigungsminister Mosche Jaalon ist am Freitag im Zorn zurückgetreten. Als Grund nannte der 65-Jährige „schwere Auseinandersetzungen“ mit dem konservativen Regierungschef Benjamin Netanjahu. Mit seinem Schritt reagierte er auch auf Berichte, der ultrarechte frühere Außenminister Avigdor Lieberman solle ihn ablösen.

Seinen Rücktritt verband Jaalon, Mitglied der rechtsorientierten Regierungspartei Likud, mit einer Warnung vor einer gefährlichen Radikalisierung Israels. „Leider haben extremistische Kräfte die Kontrolle unseres Landes und des Likud an sich gerissen“, sagte er vor Journalisten in Tel Aviv. Er werde zwar eine politische Auszeit nehmen, in Zukunft jedoch für die Führung des Landes kandidieren.

Netanjahus Likud will Liebermans Partei Israel Beitenu (Unser Haus Israel) mit in seine rechtsreligiöse Koalition aufnehmen, um seine Regierung von 61 auf 67 der insgesamt 120 Abgeordneten im Parlament zu vergrößern und so zu stabilisieren. Damit hätte Israel die rechteste Regierung seiner Geschichte. Die Friedensgespräche mit den Palästinensern liegen schon seit zwei Jahren brach – ein Neustart wäre dann noch unwahrscheinlicher als zuvor.

Lieberman hat nach Medienberichten ein Angebot Netanjahus angenommen, das Amt des Verteidigungsministers zu übernehmen. Nach Netanjahus erneutem Wahlsieg hatte Lieberman aus der Opposition heraus die Regierung als zu „lasch“ im Umgang mit den Palästinensern kritisiert.

Auch das Verhältnis zwischen Netanjahu und Jaalon – die während des Gazakriegs 2014 noch in engster Einheit agiert hatten – war zuletzt stark getrübt. Netanjahu nahm dem Verteidigungsminister übel, dass er Soldaten bei einer Ansprache am Sonntag dazu aufgerufen hatte, frei zu sprechen, falls etwas gegen ihr Gewissen verstößt.

Damit wich Jaalon von der üblichen Linie der Regierung ab, Kritiker der Besatzungspolitik innerhalb der Armee als „Verräter“ zu brandmarken. Zuvor hatte Jaalon schon einem ranghohen Militär den Rücken gestärkt, der während des Holocaustgedenktags gewarnt hatte, es gebe im heutigen Israel „abstoßende Prozesse“, die an Deutschland vor dem Holocaust erinnerten. Netanjahu rügte, Jaalon habe mit seinen Worten die Erinnerung an den Holocaust geschmälert.

( dpa )

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