Syrien

Uno-Beobachter nehmen Arbeit auf - Kämpfe halten an

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abendblatt.de

Aus den Protesthochburgen Hama, Homs und Idlib werden anhaltende Kämpfe gemeldet. Sondergesandter Annan zeigte sich ernsthaft besorgt.

Genf/New York/Istanbul. Die ersten sechs Beobachter der Vereinten Nationen sind in der syrischen Hauptstadt Damaskus eingetroffen - während die Kämpfe zwischen Assad-Regime und Gegnern brutal weitergehen. Am Montag berichteten syrische Menschenrechtler und Oppositionelle von neuem Granatbeschuss auf zwei Viertel der Stadt Homs. In der Stadt Hama sollen in der Nacht zwei Zivilisten in ihrem Auto erschossen worden sein. Aus Idlib wurden Gefechte zwischen Deserteuren und Truppen von Präsident Baschar al-Assad gemeldet. Die syrische Führung hat damit den Friedenserwartungen der internationalen Gemeinschaft einen Dämpfer verpasst. Das Sechserteam der Uno soll den fragilen Waffenstillstand zwischen der Regierung und den Aufständischen überwachen. Das Vorausteam werde von dem marokkanischen Oberst Ahmed Himmiche geleitet, sagte der Sprecher des Uno-Sondergesandten Kofi Annan, Ahmad Fawzi am Montag. Weitere 25 Beobachter würden in den kommenden Tagen in Syrien erwartet.

+++ Assad lässt trotz Waffenruhe auf Oppositionelle schießen +++
+++ Tausende Demonstranten fordern das Assad-Regime heraus +++

Das Team „wird ein Hauptquartier aufbauen und Kontakte zur syrischen Regierung und den Oppositionskräften knüpfen“, kündigte Fawzi an. Waffenruhe und Truppenabzug gehören zum Sechs-Punkte-Plan von Kofi Annan, der von Damaskus und der Opposition akzeptiert wurde. Der Uno-Sicherheitsrat hatte am Sonnabend in New York beschlossen, umgehend ein Team nach Damaskus zu schicken. Es war die erste Uno-Resolution zu Syrien seit Beginn der Proteste gegen das Assad-Regime vor 13 Monaten. Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte, die Beobachtermission werde später insgesamt etwa 250 Mitglieder haben. Er zeigte sich laut Mitteilung der Vereinten Nationen sehr besorgt darüber, dass mindestens eine Million Menschen innerhalb Syriens infolge des Konflikts vertrieben wurden.

Einen Dämpfer erhielt die Mission sogleich vom Assad-Regime. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete am Sonntag unter Berufung auf einen Sprecher der Streitkräfte: „Aus ihrer Verpflichtung heraus, das Heimatland und die Bürger zu schützen, werden die Behörden diese bewaffneten Terrorgruppen daran hindern, ihre kriminellen Attacken, Attentate und Sabotageakte gegen die Bürger und ihren Besitz fortzusetzen.“ Im Sprachgebrauch des Regimes von Präsident Baschar al-Assad werden die Regimegegner stets als „bewaffnete terroristische Gruppen“ bezeichnet. Diesen warf der Militärsprecher vor, sie hätten ihre Angriffe auf die Armee, die Sicherheitskräfte und die Bürger seit Beginn der Waffenruhe am vergangenen Donnerstag intensiviert.

Nach Angaben der Gegner des Regimes von Präsident Baschar al-Assad wurden am Wochenende 24 Menschen von den Regierungstruppen getötet. Aktivisten veröffentlichten Video-Aufnahmen, die zeigen sollen, wie Granaten in der Stadt Homs einschlagen. Vor Beginn der Waffenruhe am Donnerstag waren täglich zwischen 60 und 120 Tote gezählt worden. Sana berichtete am Sonnabend, ein Offizier sei in der Provinz Hama von "bewaffneten Terroristen“ verschleppt worden.

Annan hat sich ernsthaft besorgt über den neuerlichen Beschuss von Homs gezeigt. „Die ganze Welt blickt mit skeptischen Augen“ auf Syrien, um zu sehen, ob die Waffenruhe halte, sagte Annan nach einem Treffen mit dem belgischen Ministerpräsidenten Elio Di Rupo am Sonntag in Brüssel. „Ich forderte noch einmal aufs Schärfste, dass der Gewalt Einhalt geboten werden muss.“

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte unterdessen die volle Umsetzung des Annan-Plans. "Die Waffen müssen schweigen – ja. Aber es muss auch endlich humanitäre Hilfe möglich werden“, sagte er am Sonntag in Berlin. Insbesondere das Assad-Regime müsse den Waffenstillstand vollständig und umfassend einhalten. "Alle Seiten stehen in der Verantwortung, jetzt einen Waffenstillstand und auch eine politische Lösung zu ermöglichen“, sagte Westerwelle. "Ich will aber nicht verhehlen, die Lage ist außerordentlich fragil.“

Der oppositionelle Syrische Nationalrat nannte die Entscheidung des Sicherheitsrats lange überfällig. Auf seiner Internetseite schrieb der Nationalrat, dies sei ein erster wichtiger Schritt der Weltgemeinschaft, um ihre Verantwortung für den Schutz des syrischen Volkes wahrzunehmen. Das Regime habe immer noch nicht seine schweren Waffen und Panzer aus bewohnten Gebieten abgezogen. Man dürfe nicht auf Täuschungen des Regimes hereinfallen. Am Sonntag berichteten Aktivisten, die Armee habe in der Provinz Hama damit begonnen, Gräben auszuheben, um ein Dorf mit vielen Regimegegnern zu isolieren.

Der Sicherheitsrat rief Syrien auf, die Sicherheit des Einsatzes "ohne Beeinträchtigung der Bewegungs- und Zugangsfreiheit zu garantieren“. Die unbewaffneten Experten des Erkundungsteams sollen mit den syrischen Konfliktparteien Kontakt aufnehmen und über die Umsetzung einer vollständigen Einstellung des Waffeneinsatzes berichten. Sie wurden schon vor Tagen ausgesucht und vorbereitet.

Mit Material von dpa/dapd

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