Essen. „Tatort“-Kommissare und die Technik: Im neuen Fall aus München müssen sich die zwei Ermittler mit Künstlicher Intelligenz rumschlagen.
Wenn das Programm im Computer plötzlich schlau daherredet, werden Urängste wachgekitzelt. Trickst uns die künstliche Intelligenz aus, macht sie uns am Ende gar zu Sklaven? Den Münchener Ermittlern wird’s jedenfalls zu bunt, als sie in der Wohnung einer befreundeten Familie vorm Bildschirm sitzen und, nun ja, vom Apparat in ein Gespräch verwickelt werden.
„Das Ding nehmen wir mit“, stellt Franz Leitmayr klar, dem es wohl auch ein bisserl unheimlich ist. Das „Ding“ könnte indes ein wichtiger Zeuge werden. Das ist doch mal eine verlockende Vorgabe für den „Tatort: KI“. Und die erfahrenen Autoren Stefan Holtz und Florian Iwersen sowie Regisseur Sebastian Marka wissen etwas damit anzufangen.
• „Tatort: KI“ aus München:
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Ein Mädchen ist verschwunden, die alten Buddies Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Batic (Miroslav Nemec) wären als Mordexperten eigentlich nicht zuständig. Aber Batic will helfen, er kennt den Vater (Dirk Borchardt) schon lange, und das Computerprogramm „Maria“, das sie im Zimmer der Vermissten entdecken, weckt die Neugier der Polizisten. Denn „Maria“ scheint das Mädchen viel besser zu kennen als die geschiedenen Eltern.
Der „Tatort: KI“ in Bildern
Technik und Moral
Freilich spielt Sebastian Marka die skurrilen Momente genüsslich aus, wenn Leitmayr nun den Computer verhört und sein Spezi Batic frotzelt „Klär sie bitte über ihre Rechte auf“. Aber der Humor verfliegt doch schnell, denn die Autoren wollen den Ernst der Lage untermauern.
Und das gelingt ihnen: „Maria“ ist die Kopie eines gehackten Geheimprogramms zur Erforschung künstlicher Intelligenz; wie das Mädchen daran gelangen konnte, bleibt erst mal unklar. Als sich ein Programmierer (Thorsten Merten) des beauftragten Rechenzentrums vor den Augen der Ermittler in hysterischer Angst das Leben nimmt, muss man unwillkürlich an Horrorfilme denken, in denen solche Verzweiflungstaten gar Schreckliches ankündigen.
Doch der „Tatort“ säuft nun keineswegs ab, denn die Bedrohlichkeit, die das schnell lernende Programm verströmt, der Einfluss, den es offenbar nimmt, das inszeniert Marka so stringent und überzeugend, dass man hier nichts überdreht findet.
Eine junge Forscherin (Janina Fautz) entspricht zwar doch etwas zu sehr dem Prototyp der rücksichtslosen Welteroberin, die sich um die Kollateralschäden einer beängstigenden Technologie nicht schert: Ihr „Ferrari“ soll nun endlich mal raus aus der „Tempo-30-Zone“! Aber das ist auch schon alles, was sich bekritteln lässt.
Moralische Fragen zum Widerstreit
Marka transportiert Erkenntnisse und Stimmungslagen in knapp gehaltenen Bildern, sodass er den Erzählfluss nie unterbricht und das Tempo hoch hält. Die moralischen Fragen zum Widerstreit zwischen technischem Reiz und ethischen Verwerfungen, die so ein Stoff zwangsläufig aufwirft, werden nicht volkshochschulhaft verhandelt, sondern fließen eher beiläufig ein.
Und etwas Tröstliches im Wettstreit von Mensch und Maschine bleibt uns ja, weil sich mit Datenmengen nun mal nicht alles im Leben erfassen lässt. Oder wie der Leitmayr es ausdrückt: „Maria wird nie wissen, wie Erdbeereis schmeckt.“
Fazit: Künstliche Intelligenz zwischen Faszination und Horror – überzeugend ausgespielt.
• Sonntag, 21. Oktober, 20.15 Uhr, ARD: „Tatort: KI“