Meinung
Dohnanyi am Freitag

Die USA entscheiden über den Krieg in der Ukraine

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Klaus von Dohnanyi
Hamburgs ehemaliger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi und Matthias Iken, stellvertretender Chefredakteur des Hamburger Abendblatts.

Hamburgs ehemaliger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi und Matthias Iken, stellvertretender Chefredakteur des Hamburger Abendblatts.

Foto: Sven Simon/Andreas Laible / imago images/HA

Hamburgs Altbürgermeister im Gespräch. Heute über die Tragweite des Streits im amerikanischen Repräsentantenhaus.

Jede Woche stellt sich der frühere Bürgermeister Klaus von Dohnanyi den Fragen des stellvertretenden Abendblatt-Chefredakteurs Matthias Iken.

Matthias Iken: In den USA ist der Shutdown knapp abgewendet worden. Ist das eine gute Nachricht?

Klaus von Dohnanyi: Es gab Streit um den Bundeshaushalt, und ein „shut down“ hätte bedeutet, dass von der US-Bundesregierung bezahlte Personen in Bundesgerichten, Verwaltungen und sogar die Soldaten ohne Bezahlung geblieben wären. Das wurde zunächst abgewendet, aber binnen 45 Tagen müssen sich die Parteien einigen. Nur für diese 45 Tage gibt es eine Zwischenfinanzierung, allerdings ohne Geld für die Ukraine. Hier entbrannte ja der Streit: Eine wachsende Zahl von Abgeordneten der Republikaner (Trumps Partei) und ihrer Wähler wollen die von Präsident Biden (Demokratische Partei) geplanten Ausgaben für die Ukraine so nicht mehr, weitere Schulden gefährdeten auch die Stabilität des Dollar. Biden möchte die Ukraine weiterhin militärisch und finanziell voll unterstützen, bei vielen Republikanern sieht man das anders. Das Geld muss indes vom Repräsentantenhaus genehmigt werden, und dort haben die Republikaner eine knappe Mehrheit.

Iken: Was ergibt sich daraus für die Ukra­ine?

Dohnanyi: Die Unterstützung der Ukraine ist mindestens unsicherer geworden. Dies kommt aber nicht überraschend. Schon lange deutete sich im Westen, und nicht nur in den USA, eine „Kriegsmüdigkeit“ an. Präsident Selenskyj sprach das schon vor Monaten aus; auch Bundesaußenministerin Baerbock äußerte sich besorgt. Doch so ist die Lage. Auch wenn ich eine Wiederwahl von Trump für ausgeschlossen halte, seine Forderung eines Kriegsendes hat immer noch erhebliches Gewicht. Die Selbstverständlichkeit, mit der der Westen bisher die Ukraine unterstützte, scheint bis auf Weiteres vorbei. Im Präsidentschaftswahlkampf hat zwar Biden nun deutlich bessere Chancen: Aber welche Rolle wird der Ukraine-Krieg spielen?

Iken: Erhöht eine Änderung in der US-Politik die Wahrscheinlichkeit von Verhandlungen?

Dohnanyi: Aus deutscher und europäischer Sicht geht es jetzt um existenzielle Interessen. Biden muss sich mit den Republikanern schnell einigen und könnte einen Kompromiss zulasten Europas suchen: Die USA würden zukünftig weniger zahlen, Europa kauft dann die amerikanischen Waffen und trägt die Hauptlast des Krieges. Wir könnten das aber nicht mehr finanzieren! Deswegen: Gemeinsam mit Frankreich sollten wir jetzt zu Verhandlungen auffordern. Selenskyj selbst hat kürzlich gesagt, wenn der Westen tendenziell in der Unterstützung Schwäche zeige, sei das der Augenblick für eine Änderung von Kiews Politik. Einzig Verhandlungen sind eine realistische Alternative! Mut und strategische Verantwortungsbereitschaft sind jetzt von Berlin gefragt.

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