Leserbriefe

Briefe an die Redaktion: 21. Januar 2023

| Lesedauer: 8 Minuten

Aus der Seele geschrieben

20. Januar: „Kein Vergnügen im Kleinen Saal der Elbphilharmonie“

Ich war im Kleinen Saal der Elbphilharmonie am Mittwochabend. Ihre Kritik ist mir aus der Seele geschrieben, es war eine gespenstische, bedrückende Stille im Saal – man hörte „das Sterben“. Es war grausam und sehr gut gemacht. Ich dachte: Nur die, um die es geht, sind nicht dabei.

Penny Kallmorgen

Mehr Autos durch Verdichtung

19. Januar: „Deutlich mehr Autos im Alstertal und den Walddörfern. Während die Zahl der zugelassenen Kraftfahrzeuge um 5,5 Prozent seit 2017 anstieg, wuchs die Bevölkerung nur um 2,7 Prozent“ und „Autofahren muss unattraktiver werden“

Das Wort „autofreundlich“ als Charakterisierung der Bewohner von Sasel und Hummelsbüttel finde ich etwas unreflektiert und auch ein wenig despektierlich. Ich wohne in einem der angesprochenen Stadtteile. In „unserer“ kleinen Straße gibt es zwölf Grundstücke. Auf einem davon, das zuletzt von einer älteren Dame in einem Einfamilienhaus bewohnt wurde, sind nach deren Tod drei Doppelhäuser errichtet wohnen. Darin leben jetzt sechs Familien mit Kindern, die alle Autos haben. Das Verhältnis der vorhandenen Kraftfahrzeuge auf diesem Grundstück hat sich also 6:0 entwickelt. Dies entspricht den Stadtentwicklungszielen des Hamburger Senats, die Einwohnerzahl zu steigern und zu verjüngen. Die Lebensrealität junger Familien bringt es mit sich, dass die Alltagsanforderungen, die sie erfüllen müssen (Kita, Schule, Sportverein, Beruf, einkaufen, Freizeit etc.), nur in wenigen Stadtteilen zu Fuß, per Bus oder mit dem Lastenfahrrad zu bewältigen sind. Die „Walddörfer“ gehören nicht dazu.

Karsten Flohr, Sasel

S-Bahn-Anbindung fehlt

Ich möchte auch noch einmal ein paar Sätze zu den oben genannten Artikeln los werden. Wer sich über die „deutlich mehr Autos in den Walddörfern“ wundert oder aufregt, sollte sich einmal den ÖPNV im Geoportal Hamburg anzeigen lassen. Es wird dann offensichtlich, dass für große Gebiete nördlich der S-Bahn Poppenbüttel hier „die Welt zu Ende“ ist. Aber hier fand in den letzten 30 Jahren eine signifikante Verdichtung der Bebauung statt. Trotzdem gibt es keine S- oder U-Bahn Station in fußläufiger Entfernung und selbst mit dem Fahrrad sind die Stationen für viele zu weit entfernt. Die wenigen Buslinien, die in diesem Bereich existieren, haben Frequenzen wie vor 50 Jahren und sind hauptsächlich auf den Schülertransport abgestimmt, wer will damit versuchen abends einen Theaterbesuch zu machen? Die mal vor 100 Jahren angedachte Verlängerung der S-Bahn über Poppenbüttel hinaus wurde ja schon in den 90erJahren zu den Akten gelegt. Wir werden wohl weiterhin mit steigenden Pkw-Zulassungszahlen leben müssen, solange sich der Senat lieber um ein paar „Mover“ im inneren Stadtbereich kümmert als darum, die Verbesserung der Schnellbahn-Erreichbarkeit in den Außenbereichen an den heutigen Bedarf anzupassen.

Claus Nagel, Hamburg-Sasel

Die Heuchelei nimmt kein Ende

17. Januar: „Baerbock fordert Sondertribunal. Außenministerin schlägt bei Grundsatzrede in Den Haag gleichzeitig Reform des Völkerrechts vor“

Als hamburgischer Richter a. D. erlaube ich mir die Bemerkung, dass offenbar auch in rechtlichen Angelegenheiten die Heuchelei kein Ende nimmt. Wenn es um Aktionen geht, die von Russland gesteuert werden, fordert Frau Baerbock ein „internationales Sondergericht“. Wenn aber vom deutschen Ramstein aus die USA ihre Drohnen steuern, um Menschen zu töten, die keine Richterin und kein Richter jemals verurteilt hat und schon gar nicht zum Tode, dann duckt sich Frau Baerbock weg. Sehr eindrucksvoll zeigt dies der Beitrag „Hinrichtung aus der Luft: Deutschland und der US-Drohnenkrieg“ in der ARD-Mediathek.

Martin Weise

Kooperation mit der KI

18. Januar: „Schreibt künstliche Intelligenz bald Hausaufgaben für Hamburgs Schüler? Ein auf Künstlicher Intelligenz basierendes Sprachprogramm könnte die Arbeitswelt revolutionieren“

„Lehrer fordern wegen Programm ChatGPT neue ,Prüfungskultur‘. Ja, endlich! Das forderten Lehrer schon vor kurzem, als Senator Rabes neue Entwürfe der Bildungspläne das Licht der Öffentlichkeit erblickten und als es noch nicht um ChatGTP ging, sondern um die Zukunft der Schüler und damit um die Bewahrung unseres Lebensstands und unserer künftigen Bedeutung im internationalen Wettbewerb. Dort waren es wieder einmal, neben den Inhalten von gestern, auch die scheinbar gerechten Noten durch mehr Klausuren, die die Qualität des Schulsystems definieren sollten. Wird nun ChatGTP diesen folgenschweren Irrtum aufdecken? Die KI ist schon heute Realität und bestimmt unser Leben zunehmend in rasender Geschwindigkeit. Damit ändern sich natürlich Lehrinhalte, Lernziele und auch Bewertungsstrategien. Schon vor 20 Jahren haben viele Schüler die Referate aus dem Internet abgeschrieben und einige Lehrer versuchten damals das Abkupfern mit Suchprogrammen aufzudecken: Nur Symptombekämpfung ohne Zukunftsperspektive, die auch für die Jagd auf erschlichene Doktortitel eingesetzt wurde/wird. Die Frage heute lautet aber nicht mehr: Wie decke ich es auf, wenn sich jemand mit fremden Federn schmückt, sondern, was müssen wir lernen, um mit unvorstellbar leistungsfähiger KI konstruktiv zu kooperieren. Wir kommen doch nicht drumherum, völlig neue Unterrichtsinhalte, Kompetenzen, Lernziele und Qualifikationsmesslatten zu definieren. Und: Nun wird wohl auch ein neues Kapitel der Qualifikation durch Doktorarbeiten und Habilitationsschriften aufgeschlagen werden müssen.

Uwe-Carsten Edeler

Lösungen selbst erarbeiten

Der vermehrte Einsatz von KI wird sich nicht aufhalten lassen, weil sich dadurch vieles vereinfacht. Allerdings stellt sich gerade beim Lernen die Frage, ob der einfachste Weg auch der Beste ist. Ist es nicht wesentlich einprägsamer für Schülerinnen und Schüler, sich den Weg zu Lösungen oder Erkenntnissen selbst zu erarbeiten? Eine künstliche Intelligenz ist nur in der Lage, das Wissen und die Schlussfolgerungen anderer Menschen wiederzugeben, während das unabhängige Erarbeiten von Lösungen oder Einschätzungen zu neuen Denkansätzen führen kann. Wenn auch noch erwartet wird zu überprüfen, ob die von der KI dargestellten Lösungen korrekt sind, verirrt man sich schnell im Dschungel aus Thesen und Antithesen. Wir müssen darauf achten, dass die eigenständigen, geistigen Leistungen unserer Schülerinnen und Schüler nicht zu sehr beeinflusst werden, denn sie sollen sich auch im Namen des Fortschritts auf den Weg machen, neue, unbekannte Wege zu beschreiten.

Christiane Mielck-Retzdorff

Diskriminierung im Alter

18. Januar: „Warum Schöffen für die Justiz so wichtig sind. Ab sofort werden neue ehrenamtliche Richter für die kommenden fünf Jahre gesucht. Markus Manke wird sich wieder bewerben“

An die zehntausend Schöffen werden gesucht als ehrenamtliche Richter. Was für ein schöner Aufruf. Und wenn man sich durchliest, wie man denn Schöffe werden kann, erfährt man so ganz beiläufig, dass über 70-Jährige nicht mehr genommen werden. Warum, wird nicht gesagt. Zwar gibt es inzwischen 70- und auch 80-Jährige, die noch berufstätig sind (sein müssen), aber im Ehrenamt will man sie nicht mehr haben. Oder glaubt man, die hätten sowieso keine Zeit, weil sie alle in der Waitzstraße das Parken üben?Altersdiskriminierung ist bei uns so tief verwurzelt, dass sie nicht mal mehr auffällt.

Sonja Chevallier

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