Berlin. Auch in Deutschland setzten sich Superreiche für eine höhere Besteuerung ein – 47 von ihnen fordern: „Steuern rauf für Millionäre“.

Michael Hausenblas ist ein Selfmade-Millionär. Und ein Kapitalist, wie aus dem Bilderbuch. Mit seinem Familienunternehmen HYLA verkauft er Staubsauger, die zugleich die Luft reinigen. Gerade während der Corona-Krise florierten seine Geschäfte besonders: Weil der Staat wegen des Luftfilters jede Bestellung mit 2.000 Euro bezuschusste, hat sich der Jahresumsatz seiner Firma mehr als verdoppelt, auf 50 Millionen Euro.

Dennoch ist der 53jährige davon überzeugt, dass er nur durch „Fleiß und harte Arbeit automatisch Millionär“ geworden sei. Statt „Leistungsträger durch höhere Steuern zu bestrafen“, brauche man bloß ein Konzept, wie es hinter seinem Schreibtisch als Plakat hängt, gut sichtbar beim monatlichen Video-Call für jeden seiner 1.500 Vertriebsmitarbeiter: „Millionärs-Konzept: Jeder kann es schaffen“. So einfach geht das.

Superreiche in Deutschland: Villa, Yacht, Privatjet …

Der Unternehmer aus Baden-Württemberg ist der einzige Superreiche, der in der aktuellen Arte-Reportage „Steuern rauf für Millionäre? Deutschlands Geld-Elite nach Corona“, seinen Reichtum stolz und ungeniert präsentiert: Seine Villa, seine Yacht, seinen Privatjet …

Der Film von Petra Wernz, der am Donnerstag um 19:40 Uhr auf Arte im Fernsehen und in der Mediathek läuft, zeigt glücklicherweise noch andere Gesichter: Das von Stefanie Bremer (Pseudonym) zum Beispiel, die erst 32 Jahre alt ist und schon Multimillionärin, weil ihre Familie ein großes Maschinenbau-Unternehmen besitzt.

Dass sie zu den reichsten Menschen Deutschlands gehört, findet sie sogar ungerecht: „Ich hatte nur Glück, in die richtige Familie geboren zu werden.“ Statt ein exzentrisches Leben zu führen, unterstützt sie als Bewegungsstifterin deshalb schon seit 16 Jahren lieber Berliner Sozial-Projekte wie die kostenlose Mietrechtsberatung „Kotti & Co“ oder das Grundschulen-Projekt „Schule muss anders“.

Steuern in Deutschland: Es soll allen gutgehen

Nun fordert sie, zusammen mit 46 weiteren deutsche Superreichen auf #Taxmenow, dass der Staat „Leute wie uns“ höher besteuert. „Wir haben auch eine Verantwortung, dass es anderen gut geht“, sagt sie.

Zahlen belegen, die Corona-Krise hat nicht nur die Armut in Deutschland verschärft. Auch die Zahl der Superreichen ist kräftig gestiegen: 1,5 Millionen Millionäre gibt es aktuell in Deutschland. Die sollten, so die Multimillionen-Erbin, einen gerechten Anteil dazu beitragen, dass der Staat sich nicht weiter verschulden muss: „Die Kosten von Corona lassen sich nicht durch ungehemmtes Wachstum finanzieren.“

Die 47 Unterzeichner des Appells der „#Taxmenow – Initiative für Steuergerechtigkeit“, davon 19 mit vollem Namen, rufen zu Reformen in gleich mehreren Bereichen auf: Neben der Wiedereinführung der Vermögenssteuer für Millionen- und Milliardenvermögen, sollen Sonderregelungen bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer begrenzt und Kapitalerträge mit progressiven Steuersätzen besteuert werden. Außerdem fordert die Initiative striktere Regeln gegen Steuervermeidung und -hinterziehung sowie eine bessere Ausstattung der Steuerbehörden.

25 Milliarden mehr in öffentliche Kassen

Würden ähnliche Pläne der SPD umgesetzt, wie sie im Wahlkampf aktuell diskutiert werden, müssten etwa 21.000 der reichsten Deutschen eine um 1 Prozent höhere Abgabe zahlen. Das allein würde schon 15 bis 25 Milliarden Euro in die öffentlichen Kassen spülen, heißt es.

Keine große Sache, findet Marlene Engelhorn: „Das bedeutet nur, sie würden 1 Prozent weniger schnell reich werden.“ Die millionenschwere Ur-Ur-Urenkelin des BASF-Gründers Friedrich Engelhorn und ebenfalls Mitunterzeichnerin von #Taxmenow, ist davon überzeugt, dass „der Staat als Einziger demokratisch legitimiert ist, Teilhabe und Zukunftsinvestitionen für alle zu ermöglichen.“

Bei der Podiumsdiskussion im Anschluss an die Vorabpräsentation der Arte-Reportage, die jetzt schon auf YouTube komplett zu sehen ist, mochte sie sich auch nicht mit einem „ökonomischen Klein-Klein“ oder möglicherweise legitimen Wünschen nach „Profit-Maximierung“ aufhalten: „Es geht um die politische Aufgabe, im Sinne aller zu handeln“, erklärte sie. Es müsse endlich ein offener Diskurs mit allen geführt werden, wie die Gesellschaft in Zukunft gestaltet werden soll. „Steuern müssen alle zahlen. Mit welchem Recht dürfen aber die Reichen entscheiden, ob sie bereit sind, ihren Teil am Gemeinwohl zu übernehmen?“