Berlin. Nach dem Impfgipfel diskutierten Boris Palmer und Peter Tschentscher bei „Lanz“ die Corona-Politik. Markus Söder geriet in die Kritik.

Viel Optimismus, wenige Beschlüsse – nach dem Impfgipfel von Bund und Ländern hagelte es wieder einmal reichlich Kritik. Moderator Markus Lanz bezeichnete den Gipfel als „Feel-Good-Moment“. Doch ganz so gut fühlt sich scheinbar nicht jeder.

Allen voran der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, der sein Modellprojekt aufgrund der neuen Bundes-Notbremse abbrechen musste. Wie es jetzt um Tübingen steht und wieso Hamburg das Kontrastprogramm verfolgt, diskutierte Lanz mit seinen Gästen.

Jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag diskutiert Moderator Markus Lanz mit unterschiedlichen Gästen im ZDF.
Jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag diskutiert Moderator Markus Lanz mit unterschiedlichen Gästen im ZDF. © Markus Hertrich

Peter Tschentscher von Lanz nicht aus der Ruhe zu bringen

„Haben Sie mal mitgezählt, wie oft das Wort Hoffnung in den letzten Monaten eigentlich gefallen ist?“, wollte Moderator Markus Lanz vom Hamburger Oberbürgermeister Peter Tschentscher wissen. Der SPD-Politiker ließ sich vom Sendungsauftakt bis ganz zum Schluss nicht aus der Ruhe bringen. Die Ergebnisse des Impfgipfels fasste er nüchtern zusammen.

„Wir haben einen Impfgipfel gehabt, bei dem wir gar nicht viel beschlossen haben. Wir haben viel erörtert. Das ist ja auch mal wichtig“, sagte Tschentscher in der Talkshow. Die Hoffnung läge laut dem Oberbürgermeister viel mehr auf den Impfstofflieferungen und der Aufhebung der Priorisierung im Juni. „Die Hoffnung besteht darin, dass wir schneller vorankommen“, so der Politiker.

„Markus Lanz“ – Das waren die Gäste:

  • Peter Tschentscher, Politiker
  • Boris Palmer, Politiker
  • Anja Maier, Journalistin
  • Dr. Jana Schroeder, Virologin
  • Mehr zu den Talkgästen lesen Sie hier.

„Markus Lanz“: Tschentscher und Palmer teilen gegen Söder aus

Besonders schnell vorankommen möchte vor allem der bayerische Ministerpräsident Markus Söder. So soll die Impfreihenfolge in Bayern bereits ab Mai gelockert werden. Nachvollziehen kann Peter Tschentscher das nicht.

„Es ist dadurch nicht mehr Impfstoff da“, betonte Tschentscher. Was in München passiert, bleibt in München – zumindest laut dem SPD-Politiker. „Wir haben gute Erfahrungen gemacht, nicht unmittelbar das zu tun, was Herr Söder in Bayern macht. Wir machen natürlich das, was sinnvoll ist“, sagte Tschentscher.

Auch Boris Palmer kritisierte die Vorgehensweise des Ministerpräsidenten scharf. „Wahrscheinlich denkt sich Herr Söder, dass es populär ist allen zu sagen: Ihr bekommt Impfstoff“, sagte der Tübinger Oberbürgermeister.

„Lanz“: Tübingen muss Modellprojekt abbrechen

Boris Palmer kritisierte allerdings nicht nur Söders Corona-Politik, sondern vor allem die Bundes-Notbremse. Das Inkrafttreten der Notbremse bedeutete gleichzeitig das Aus für das Thüringer Modellprojekt, das Palmer am Dienstagabend weiterhin verteidigte. Laut dem Grüne-Politiker führte die Stadt noch vor wenigen Tagen täglich 5000 Corona-Tests durch, mittlerweile seien es nur noch 500.

„Ich habe einen Anruf aus dem Kanzleramt bekommen, da hat man mir klar gesagt, Frau Merkel findet den Versuch inhaltlich gut, aber man hat jetzt ein Gesetz im Bundestag beschlossen und da passt dieser Versuch nicht dazu“, sagte Palmer.

Die Enttäuschung über den frühzeitigen Abbruch war groß. „Wir machen jetzt alle das Gleiche. Die Frage ist: Ist das gut?“, so Boris Palmer. Laut dem Grüne-Politiker zeigten umliegende Städte trotz strengerer Maßnahmen eine angespanntere Infektionslage.

Markus Lanz: Hamburg setzt auf Ausgangssperre

Für Peter Tschentscher sei der Modellversuch keine Option für andere Städte. „Das Konzept, dass wir in Deutschland klarkommen, indem wir mehr testen und dadurch den Einzelhandel öffnen, ist für mich keine Lösung“, akzentuierte Tschentscher.

Der Hamburger Oberbürgermeister setzte im Gegensatz zu Boris Palmer bereits seit Anfang März auf Ausgangssperren. Und das scheint in der Hansestadt auch zu funktionieren. Laut Tschentscher sinke der Inzidenzwert kontinuierlich und sei demnächst unter 100. Moderator Markus Lanz verwies darauf, welchen hohen Preis der SPD-Politiker zahle.

„Sie haben Leute, die um ihre Existenz kämpfen“, sagte Lanz. „Die Preise der zu frühen Öffnungen sind viel höher“, entgegnete Tschentscher. Man wolle mithilfe der Strategie einen Jojo-Effekt vermeiden und langfristig den Inzidenzwert senken.

Virologin bei „Lanz“: Mehr Solidarität für Kinder

Neben der steigenden Inzidenzwerte, wird auch die Lage in den Schulen zunehmend angespannter. Virologin Jana Schroeder sprach sich für eine intensivere Auseinandersetzung mit den Konsequenzen der Schulöffnungen aus. Laut Schroeder gebe es aufgrund der Mutationsvariante B.117 eine Verschiebung zu jüngeren Intensivpatienten.

So habe man bei Kindern und Jugendlichen festgestellt, dass das sogenannte PIM-Syndrom (Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome) vermehrt nach einer Covid-19-Erkrankung auftrete. „Jetzt wünsche ich mir eine gewisse Solidarität den Kindern gegenüber“, betonte die Virologin. Zwar sei die Todesrate bei Kindern deutlich niedriger, dennoch sei das Long-Covid-Phänomen nicht zu ignorieren.

„Niedrige Inzidenzen sind die Erfolgsstrategie und nichts anderes. Wenn man das für wichtig empfunden hätte, dann hätte man Lockdowns innerhalb der Ferien gestaltet“, warf Schroeder der Politik vor. Laut Schroeder sei die Arbeit längst nicht mehr mit der Diskussion um Öffnungen und Schließungen getan. Vielmehr müsse sich die Politik mit der Sicherheit der Kinder und Jugendlichen auseinandersetzen.

Markus Lanz – So liefen die vergangenen Sendungen