Berlin. War der Besuch von Erdogan ein Erfolg? Bei „Hart aber fair“ kam ein führender AKP-Politiker zu Wort. Kontra bekam er von Cem Özdemir.

Recep Tayyip Erdogan hat sich bei seinem

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. Angespannt sind die deutsch-türkischen Beziehungen aber weiterhin: Erdogan hat das politische System in der Türkei in autokratischem Stil Stück für Stück auf sich zugeschnitten – und noch immer sind deutsche Staatsbürger in dem Land inhaftiert.

Der türkische Präsident beschäftigte am Montagabend auch die Runde bei „Hart aber fair“. „Spalten statt einen – Welche Folgen hat der Erdogan-Besuch?“, fragte Gastgeber Frank Plasberg.

Der Erdogan-Befürworter

Interessant war, dass mit Mustafa Yeneroglu ein Erdogan-Befürworter vertreten war. Der erklärte dann auch beständig die türkische Perspektive – und wertete den Staatsbesuch als Erfolg. „Es wurde sachlich diskutiert“, lobte der AKP-Politiker, der lange Zeit in Köln lebte. Mehr sei auch nicht zu erwarten gewesen.

Zugleich verwahrte sich Yeneroglu gegen die Kritik an der Rechtsstaatlichkeit in der Türkei. Natürlich gebe es „Überreaktionen“, doch müsse man sich auch die Situation im Land vor Augen führen. Jeden Tag gebe es Terroranschläge, allein in diesem Jahr seien bereits 120 Menschen getötet worden. „Jeder Politiker, der einmal pro Woche zu einer Bestattung eines Terroropfers gehen muss, muss sich den Bürgern gegenüber erklären“, sagte Yeneroglu.

Erdogan-Pressekonferenz: Reaktionen auf den Zwischenfall

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    Der Erdogan-Kritiker

    Starkes Kontra bekam der AKP-Politiker von Cem Özdemir. Der Grüne erklärte zunächst einmal, was er Recep Tayyip Erdogan im Vorbeigehen bei dessen Staatsbesuch sagte. „Ich habe ihm gesagt, dass es viel zu besprechen gibt. Und dass der jetzige Erdogan mit dem alten Erdogan nichts mehr zu tun“, erklärte Özdemir unter Verweis darauf, dass der türkische Präsident lange Zeit durchaus liberal agierte.

    Grünen-Politiker Cem Özdemir ist seit langer Zeit erklärter Erdogan-Kritiker.
    Grünen-Politiker Cem Özdemir ist seit langer Zeit erklärter Erdogan-Kritiker. © dpa | Annette Riedl

    Den Darstellungen von Yeneroglu widersprach Özdemir vehement. Wenn Richter ein abweichendes Urteil sprächen, würden sie ihren Job verlieren, nannte der Bundestagsabgeordnete ein Beispiel. „Das ist kein Rechtsstaat, das ist ein Willkürsystem.“ Und nun werde versucht, Konflikt unter die Türkeistämmigen in Deutschland zu tragen. „Wir müssen deutlich machen: Kein Problem in Deutschland wird in der Türkei gelöst. Weder Bildung, noch Aufstieg noch Rassismus“, forderte Özdemir.

    Das Beispiel

    Zeynep Potente schilderte, was Menschen in der Türkei geschehen kann. Ihr Vater Enver Altayli ist einer von fünf deutschen Staatsangehörigen, die in dem Land aus politischen Gründen festgehalten werden. „Wir wissen nicht, warum er in Haft sitzt“, berichtete Potente. Auch 13 Monate nach der Festnahme gebe es keine Anklageschrift.

    Das Vorgehen ist umso unverständlicher, weil der 74-Jährige unter anderem unter einer Schilddrüsenerkrankung und Bluthochdruck leidet. „Er hat sehr stark abgenommen“, berichtete Potente, die sich aus Angst vor einer willkürlichen Verhaftung selbst nicht mehr in die Türkei traut.

    Den Kritikern in die Hände gespielt

    Und Köln? Dort wurde durch den Erdogan-Besuch viel Porzellan zerstört – allein weil niemand von der Stadt zur Einweihung der Ditib-Moschee mit Erdogan eingeladen war. „Dahinter steckt die AKP“, vermutete der frühere Oberbürgermeister Fritz Schrammer, der sich selbst für den Bau eingesetzt hatte und dafür viel Kritik einstecken musste.

    In Bildern: Der türkische Präsident Erdogan in Köln

    Das Flugzeug mit dem türkischen Präsidenten Erdogan an Bord ist am frühen Samstagnachmittag auf dem militärischen Teil des Flughafens Köln/Bonn gelandet.
    Das Flugzeug mit dem türkischen Präsidenten Erdogan an Bord ist am frühen Samstagnachmittag auf dem militärischen Teil des Flughafens Köln/Bonn gelandet. © dpa | Federico Gambarini
    Die neue Zentralmoschee wird am Samstag eröffnet. Eine öffentliche Veranstaltung im Außenbereich wurde von der Stadt wegen Sicherheitsbedenken verboten.
    Die neue Zentralmoschee wird am Samstag eröffnet. Eine öffentliche Veranstaltung im Außenbereich wurde von der Stadt wegen Sicherheitsbedenken verboten. © REUTERS | WOLFGANG RATTAY
    Polizisten sichern den Besuch von Erdogan in Köln.
    Polizisten sichern den Besuch von Erdogan in Köln. © dpa | Marius Becker
    Im Kölner Stadtteil Deutz hatten sich bis zum Mittag 2000 Menschen versammelt, um gegen den Besuch von Erdogan zu demonstrieren.
    Im Kölner Stadtteil Deutz hatten sich bis zum Mittag 2000 Menschen versammelt, um gegen den Besuch von Erdogan zu demonstrieren. © dpa | Oliver Berg
    Nach dem abgesagten Treffen auf Schloss Wahn, empfing Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, den türkischen Präsidenten im Flughafengebäude des Airports Köln/Bonn.
    Nach dem abgesagten Treffen auf Schloss Wahn, empfing Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, den türkischen Präsidenten im Flughafengebäude des Airports Köln/Bonn. © REUTERS | POOL
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    „Natürlich war vieles falsch“, musste da selbst Mustafa Yeneroglu einräumen. Er sei tief traurig darüber, dass die Türken an diesem Tag unter sich geblieben seien. Die Ditib müsse nun daran arbeiten, sich als Teil der Stadtgesellschaft zu etablieren.

    Das Fazit

    Im Zuge des Staatsbesuchs hieß es immer, dass man weiter miteinander reden müsse. Das stimmt – und dazu trug auch diese Ausgabe von „Hart aber fair“ bei.

    Ermöglicht wurde das vor allem durch Yeneroglu, der zwar fragwürdig argumentierte. Doch immerhin: Hier stellte sich ein führender AKP-Politiker den Fragen, die nach dem Erdogan-Besuch fast noch drängender sind als zuvor.

    • Hier geht’s zur Ausgabe von „Hart aber fair“ in der ARD-Mediathek