Berlin. Bei „ Maischberger“ ließ es Österreichs neuer Kanzler kräftig menscheln. Das täuschte aber nicht über harte rechte Positionen hinweg.

Österreichischer Kanzler mit gerade einmal 31 Jahren: Machtpolitisch ist die Karriere von Sebastian Kurz eine riesige Erfolgsgeschichte. Der große Triumph ist allerdings teuer erkauft. Schließlich koaliert der einstmals moderate ÖVP-Politiker mit den Rechtsaußen von der FPÖ, deren Innenminister schon mal angibt, Flüchtlinge „konzentriert“ unterbringen zu wollen.

Am Donnerstag war Kurz zum Antrittsbesuch in Berlin. Was hat der Kanzler vor? Wird er die FPÖ in Schach halten können? Will er das überhaupt? Das wurde Kurz am Abend auch von Sandra Maischberger gefragt.

Die Sache mit der FPÖ

Dabei war gut und richtig, dass sich Kurz einen guten Teil des Gesprächs mit der Frage beschäftigen musste, mit wem er da eigentlich eine Regierung gebildet hat. Die Einstellung des Kanzlers dazu war schnell klar: Alles halb so wild. „Man sollte die FPÖ nicht mit der AfD vergleichen“, mahnte Kurz etwa. Schließlich hätten die Freiheitlichen zuletzt ihren Willen zur Gestaltung und zum seriösen Regieren bewiesen.

Die offensichtlich rechtsextremen Tendenzen in der Partei redete Kurz auch sonst konsequent klein. Islamophobe Äußerungen und hetzerische Parolen? Schon problematisch, aber Parteichef Strache greife doch durch. Strache? Ausgerechnet der, der früher Kontakte zu Neonazis hatte? „Das waren Jugendsünden“, wiegelte Kurz ab.

Wer ist eigentlich der Mächtige in Wien?

Heinz-Christian Strache, FPÖ-Vorsitzender österreichischer Vize-Kanzler. Kontakte zu Neonazis? Für Sebastian Kurz „Jugendsünden“ seines Koalitionspartners.
Heinz-Christian Strache, FPÖ-Vorsitzender österreichischer Vize-Kanzler. Kontakte zu Neonazis? Für Sebastian Kurz „Jugendsünden“ seines Koalitionspartners. © REUTERS | LEONHARD FOEGER

Bei allem was Kurz über die FPÖ sagte, wurde deutlich, dass er hofft, die Partei irgendwie einhegen zu können. Tatsächlich dürfte davon sein weiterer Erfolg abhängen, schließlich stellt sich schon jetzt die Frage, wie sehr Kurz von Strache abhängt.

Da wirkte es fast schon ein bisschen verzweifelt, als sich der Kanzler bei allen Nachfragen zu seinem Koalitionspartner immer wieder an das vereinbarte Regierungsprogramm klammerte. Das sei schließlich moderat und gut für Österreich. „Beide Parteien müssen sich daran halten“, befand Kurz. Wirklich?

Kein Problem mit rechten Positionen

Hilfreich dürfte jedenfalls sein, dass Kurz keine Berührungsängste mehr mit harten rechten Positionen hat. Die Ehe für alle, die er früher ganz akzeptabel fand, hätte der Kanzler jetzt lieber als eingetragene Partnerschaft weiterlaufen lassen. Die Burka ist für ihn plötzlich ein Riesenproblem. Und überhaupt der Islam: „Das Stadtbild in Wien hat sich verändert, wir müssen gegen den politischen Islamismus ankämpfen.“

Merkels Blick auf die neue Regierung in Wien

weitere Videos

    Und dann sind da natürlich noch die Flüchtlinge. „Die Tür nach Europa war offen, die wollen wir schließen“, sagte Kurz zu diesem Thema. Auch er will Fluchtursachen bekämpfen, sieht nur ganz andere, als etwa die UN oder die deutsche Kanzlerin: „Wir müssen ansetzen, wo das Problem legt: Bei den Schleppern.“ Dazu müsse die EU-Außengrenze geschützt werden.

    Kurz privat

    Nach seinem Privatleben gefragt, äußerte sich Kurz durchaus sympathisch. Berufspolitiker sei nicht sein Berufsziel gewesen, gab er zu Protokoll. Mozart- oder Rockkonzert? „Lieber Rock.“ Dass er für seine Karriere das Jurastudium abgebrochen habe und nun ohne Abschluss dastehe, findet Kurz nicht so gut. Geprägt habe ihn mitunter, dass sein Vater mal arbeitslos gewesen sei. „Das war für uns alle keine leichte Zeit.“

    Das Fazit

    So viel Menschelei konnte dank hartnäckiger Nachfragen von Sandra Maischberger nicht übertünchen, dass Kurz der Macht wegen einen gefährlichen Drahtseilakt wagt – und Österreich nebenbei einen kräftigen Rechtsruck verordnet. Seine Strategie wirkt dabei zumindest vordergründig überraschend naiv. Ein Regierungsprogramm und ein Heinz-Christian Strache, um die FPÖ im Zaum zu halten? Schwer vorstellbar, dass das ausreichen wird.

    Im Gespräch über all das kam der Gast immerhin überraschend authentisch rüber: Sebastian Kurz wirkte im wahrsten Sinne furchtbar nett.

    Zur Ausgabe von „Maischberger“ in der ARD-Mediathek