Essen. Im „Polizeiruf 110“ verschwindet ein adoptiertes Kind. Der Fall zeigt, warum einige Zuschauer den Krimi mehr als den „Tatort“ mögen.

Sabine Hallmann (Katharina Heyer) hat nur kurz das Zimmer verlassen. Als sie zurückkommt, ist das Bettchen auf der Kinderstation einer Klinik in Frankfurt (Oder) leer. Ihr sechs Monate alter Sohn Leon ist verschwunden. Die Mutter und ihr Mann Robert (Tobias Oertel) alarmieren die Polizei. Die Sicherheitskameras des Krankenhauses bestätigen die schlimmsten Befürchtungen. Leon wurde entführt. Die Aufnahmen zeigen unscharf den Täter.

„Das Beste für mein Kind“ ist ein außergewöhnlicher Fall für Olga Lenski (Maria Simon) und Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) – der vierte für das von Frankfurt (Oder) und Slubice aus agierende deutsch-polnische „Polizeiruf 110“-Team. Die beiden Hauptkommissare und ihre Teamkollegen beiderseits der Grenze haben es noch mit einem zusätzlichen Rätsel zu tun: Der identifizierte Entführer wird tot aufgefunden.

Krimi entwickelt sich zur Familientragödie

Doch dieser Mord ist so beiläufig geschehen, wie er unspektakulär im Hintergrund bleibt. Die Ermittlungen von Lenski und Raczek zielen in eine völlig andere Richtung. Denn Leon ist adoptiert worden. Alle Zuschauer, die bisher schon den „Polizeiruf“ für den in der Regel besseren „Tatort“ hielten, dürften sich durch „Das Beste für mein Kind“ in ihrer Meinung bestätigt sehen.

Denn je länger Regisseur Jakob Ziemnicki die von ihm und Elke Rössler entwickelte Geschichte in unaufgeregten und eigentlich krimiuntypischen Bildern vorantreibt, desto mehr wird „Das Beste für mein Kind“ zum beklemmenden Familiendrama.

Menschenhandel und Adoptionsgesetze im Besonderen bilden dabei nur die Folie. Mehr und mehr rückt die menschliche Tragödie in den Mittelpunkt, in der die Trennlinien zwischen Gut und Böse, zwischen Recht und Unrecht eigentlich nicht mehr zu ziehen sind. Je tiefer das so grundverschiedene und sich gerade deshalb so prächtig ergänzende Ermittler-Duo vordringt, umso mehr prägen zwei Darstellerinnen das Geschehen.

Agnieszka Grochowskas ist in Polen ein Star

Katharina Heyer als verzweifelte Mittdreißigerin, die keine eigenen Kinder haben kann, ist ein Ereignis von seltener Intensität. Und wer die schier endlose Trauer und Verzweiflung in den Augen Agnieszka Grochowskas sieht, die als Anna ihr Neugeborenes abgegeben hat – abgeben musste – der ahnt, warum diese perfekt Deutsch sprechende Charakterdarstellerin in ihrer Heimat Polen ein Star ist.

Fazit: Das großartig besetzte, intensive Familiendrama im Krimigewand kennt eigentlich keine Täter, nur Opfer.

Sonntag, 3. Dezember, ARD, 20.15 Uhr