Berlin. Wer muss gehen und wer darf bleiben? Aus der Politik kamen bei Dunja Hayali kaum neue Antworten. Dafür ein Vorschlag aus der Praxis.

  • Wer muss gehen und wer darf bleiben?
  • Aus der Politik kamen bei Dunja Hayali kaum neue Antworten
  • Dafür ein Vorschlag aus der Praxis

Demonstrierende Mitschüler, fassungslose Duisburger und eine schluchzende 15-Jährige in der Videoübertragung aus Nepal: Die Geschichte von Bivsi Rana, die in Deutschland geboren wurde und aufgewachsen ist und dann abgeschoben wurde ins Heimatland ihrer Eltern, das sie noch nie zuvor gesehen hatte, bewegte Menschen im ganzen Land.

Bivsis Geschichte hat, so viel ist mittlerweile klar, vorerst ein gutes Ende.

und wird hier wohl ihr Abitur machen. Dunja Hayali nahm den Fall trotzdem zum Aufhänger einer Sendung, in der sie fragte: „Weisen wir die Falschen aus?“

Gute Frage, wichtige Frage. Umso bedauerlicher, dass der Hayali-Talk im ZDF am Mittwochabend dem Thema nicht gerecht wurde.

Dabei war der Auftakt stark: Hayali besuchte Bivsi nach deren Rückkehr in Duisburg. Die Schülerin erzählt, wie sie den Tag der Abschiebung erlebt hat – wie sie ins Lehrerzimmer gerufen wurde, wie da eine Menge fremde Menschen waren. Wie sie sich fragte: „Was habe ich gemacht?“

Ausweisegrund: Falsche Angaben des Vaters bei der Einreise

Die Antwort: Nichts. Bivsi wurde abgeschoben, weil ihr Vater bei der Einreise der Eltern in den 90ern falsche Angaben zu seiner Identität gemacht hatte. Da war Bivsi noch nicht einmal geboren. Der Rechtsweg zu einer Bleibeerlaubnis war ausgeschöpft, die Abschiebung der Familie rechtmäßig.

Der Fall der Schülerin Bivsi Rana sorgte für viel Unverständnis: Sie sollte nach Nepal abgeschoben werden, obwohl sie in Deutschland geboren worden war. Hier ist sie bei ihrer Rückkehr nach zwei Monaten zu sehen.
Der Fall der Schülerin Bivsi Rana sorgte für viel Unverständnis: Sie sollte nach Nepal abgeschoben werden, obwohl sie in Deutschland geboren worden war. Hier ist sie bei ihrer Rückkehr nach zwei Monaten zu sehen. © dpa | Marius Becker

„Weisen wir die richtigen aus?“, fragt also Hayali und bekommt – wenig überraschend – von ihren Gästen die Antwort, dass man darauf im Falle eines Mädchens, das nur Deutschland als Heimat kennt, ziemlich eindeutig mit „Nein“ antworten könne.

Auf dem Sofa sitzen am Mittwochabend Boris Pistorius, SPD-Innenminister von Niedersachsen, und Luise Amtsberg, flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag. Auf eine Art ist das Elend damit schon beschrieben, denn die beiden fallen kaum aus der Rolle.

Bivsi kehrt nach Deutschland zurück

weitere Videos

    Pistorius: Es gibt eben auch die „dunkle Seite“ der Abschiebung

    Pistorius sagt, was Innenpolitiker sagen, und betont,

    und dass das Asylrecht nicht funktioniere, wenn es nicht auch die „dunkle Seite“ der Abschiebung gebe. Und Amtsberg tut, was Oppositionspolitiker tun, und sucht die Schuld für die Attentate von Berlin, wo der ausreisepflichtige Anis Amri mit einem LKW in einen Weihnachtsmarkt fuhr und zwölf Menschen tötete, und Hamburg, wo der ebenfalls abgelehnte Ahmad A. einen Menschen mit einem Messer tötete und weitere verletzte, bei Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). So weit, so bekannt.

    So bleibt es Lisa Gerlach, Kölner Piraten-Stadträtin und Pflegemutter dreier afghanischer Teenager, überlassen, einen Vorschlag zu machen: Es gebe viele Menschen in Deutschland, die zuhause ein Zimmer frei hätten und gerne einen Flüchtling aufnehmen würden. „Würde man die einfach mal machen lassen, hätte man sehr gute Integrationsmöglichkeiten bei sehr niedrigen Kosten“, sagte Gerlach.

    Willkommen realitätsnahe Perspektive

    Ob es wirklich so viele Haus- und Wohnungsbesitzer auf der Suche nach geflüchteten Mitbewohnern gibt, sei dahingestellt. Dem erwartbaren „Gutmenschen“-Vorwurf entzog sich Gerlach jedenfalls, in dem sie sagte, sie würde ihre Jungs auch zurück in deren Heimat begleiten:

    , will ich das erleben.“ Mit Gerlach, die gerade gegen den Abschiebebescheid ihres nun volljährigen ältesten Pflegesohns kämpft, kam eine willkommene realitätsnahe Perspektive in eine Diskussion, die sich zu oft in Floskeln erschöpft.

    Um die großen Fragen zu beantworten, die die Sendung so selbstbewusst gestellt hatte, reichte das aber nicht.