Essen. Neuer Fall für den Psychiater Richard Brock (Heino Ferch). Bei „Spur des Bösen – Begierde“ wird es für den neugierigen Brock ernst.

Was soll man davon halten, wenn ein bisher wenig auffälliger Mann sich plötzlich in einer Kirche entkleidet und vor dem Taufbecken niederkniet? Oder wenn der gleiche Mann auf der Straße einer Prostituierten folgt, sie scheinbar herzlich umarmt, um sie danach in offensichtlicher Tötungsabsicht vor ein Auto zu stoßen? Clara Rink (Julia Koschitz) sucht Hilfe für ihren Ehemann Johannes (Benjamin Sadler). Und wer wäre da besser geeignet, als der nicht mehr praktizierende Psychiater Richard Brock (Heino Ferch). Denn der hatte einst schon die Schizophrenie bei Benjamins Vater behandelt.

Die Reihe „Spuren des Bösen“ war von Beginn an ein Juwel im Umfeld der Montagsfilme im ZDF. Heino Ferch war selten besser als in der Rolle dieses wortkargen Psycho-Experten, der die Polizei berät. Diesmal aber bewegen sich Regisseur Andreas Procharska und sein Drehbuchautor Martin Ambrosch in ihrem sechsten gemeinsamen Film „Begierde“ weit weg von einer üblichen Kriminalhandlung.

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    Ein Callgirl gibt Rätsel auf

    Hier geht es erst einmal darum, was den aus der Bahn geworfenen Joachim mit Callgirl Eva (Mavie Hörbiger) verbindet, und warum er ihr unbedingt ans Leben will. Dann aber macht Brock stutzig, warum dieser erste schizophrene Schub des bis dahin gesunden Mannes derart heftig ausfiel.

    Mal von der Qualität der Inszenierung und den Dialogen abgesehen, ist dies vor allem auch ein Film des Kameramannes David Slama, der fast alle Filme von Adolf Winkelmann fotografiert hat, zuletzt die Ruhrgebietsstudie „Junges Licht“. In „Begierde“ lässt er die Figuren im Halbdunkeln. Reale Räume werden abstrakt verzerrt, oder aber sie wirken so riesig, dass ein labiler Mensch wie dieser Johann fast davon verschlungen wird. In einer der letzten Einstellungen teilt er das Bild gar, zeigt uns links die Häuser Wiens, rechts eine einzelne Hochhausfassade. Auch so kann man Realität und Schizophrenie optisch darstellen.

    Es klappt auch ohne Wiener Schmäh

    Richard Brock muss sich derweil mit der Situation anfreunden, dass er erstmals nicht der Vertraute der Polizei ist, sondern nach einem Fall von „Notwehrüberschreitung“ nun tatsächlich selbst verhaftet wurde. Sein Beschützerinstinkt hat ihn da in eine äußerst missliche Lage gebracht. Aber nicht nur ihn, auch seine bei der Polizei arbeitende Tochter wird zunächst einmal suspendiert, „weil die mich ja nur als dein Anhängsel betrachten“. Und während im Leben draußen von den Beteiligten waghalsige Zukunftspläne geschmiedet werden, hat der Psychiater im Knast die Ruhe, um das Rätsel um Johannes Rink endlich zu lösen.

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      Man kann im Übrigen von Glück sagen, dass Richard Brock regelmäßig eine urige Gaststätte besucht, um mit dem Inhaber zu später Stunde auch schon mal über das bei beiden nicht vorhandene Sexualleben zu tratschen. Wenn wir diesen Wirt (Gerhard Liebmann) nicht hätten, man würde bei all dem Hochdeutsch nie vermuten, sich in Wien zu befinden.

      Fazit: Spannung abseits üblicher Krimi-Schablonen: „Spuren des Bösen“ zeigt wieder einmal, wie es funktioniert. Auch ohne Wiener Schmäh.

      ZDF, Montag, 20.15 Uhr