Aus für "Die Super Nanny"

Beteiligte Eltern: "Dreharbeiten wurden gezielt manipuliert"

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abendblatt.de

Der Kinderschutzbund ist erleichtert über die Einstellung der Sendung "Die Super Nanny". Von RTL gefilmte Eltern hätten wiederholt Hilfe gesucht.

Köln/Berlin. Nach der Einstellung der "Super Nanny" zeigt sich nicht nur TV-Erzieherin Katharina Saalfrank erleichtert, auch der Deutsche Kinderschutzbund (DKSB) freut sich über das Ende RTL-Coaching-Sendung. Der Kölner Privatsender hatte am Sonnabend bekanntgegeben, das umstrittene Format nach über sieben Jahren und 145 Folgen nicht mehr weiterzuführen. Einvernehmlich, wie der Sender am Sonnabend mitteilte. Doch die "Nanny"-Protagonistin Saalfrank könnte den ENtscheidungsprozess vorangetrieben haben. Das Nachrichtenmagazin "Spiegel“ beruft sich auf eine interne E-Mail Saalfranks, in der die Pädagogin den Sender massiv kritisiert. "In meine Arbeit als Fachkraft in diesem Format wurde extrem (...) und teilweise sogar gegen pädagogische Interessen eingegriffen“, soll Saalfranks an RTL geschrieben haben.

"Dadurch fühlen wir uns in der Kritik bestätigt, die wir seit vielen Jahren an der 'Super Nanny' äußern“, sagte DKSB-Präsident Heinz Hilgers am Montag. Seit der ersten Ausstrahlung der "Super Nanny“ im Jahr 2004 hätte sich der Kinderschutzbund wiederholt vehement gegen die "entwürdigende Zuschaustellung von Kindern vor laufender Kamera" ausgesprochen. Zuletzt hatte der DKSB-Bundesverband im Oktober in einem Offenen Brief an RTL scharf kritisiert, dass eine Mutter bei Dreharbeiten für "Die Super Nanny" Gewalt gegen ihr Kind ausübte, ohne dass das Kamerateam oder Saalfrank eingegriffen hätten. Für eine ähnliche Situation habe die Kommission für Jugendmedienschutz den Sender im Mai 2010 mit einem Bußgeld von 30.000 Euro belegt, wie der DKSB am Montag mitteilte.

RTL habe stets behauptet, die Wirklichkeit in den Familien abzubilden und nicht in das Geschehen einzugreifen. In der internen Mail, aus der das Magazin "Spiegel“ zitiert, kritisiere Saalfrank jedoch selbst die "Entwicklung des medialen Markts“ hin zu "gescripteter“ Realität - also zu inszenierter Wirklichkeit.

"In den vergangenen Monaten haben sich mehrere Familien, die bei der 'Super Nanny' mitgemacht haben, hilfesuchend an uns gewandt“, sagt Martina Huxoll vom DKSB-Landesverband in Nordrhein-Westfalen. "Sie haben von gezielten Manipulationen während der Dreharbeiten berichtet. Bei den Beteiligten entstand der Eindruck, dass es darum geht, möglichst dramatische Situationen und höchst emotionale Aussagen zu filmen - und nicht darum, den Kindern zu helfen.“ Eine RTL-Sprecherin hatte am Wochenende gesagt, das Ende der Coaching-Show habe nichts mit den Forderungen des Kinderschutzbundes zu tun.

"Der DKSB bleibt weiter wachsam und behält ähnliche Fernsehformate im Blick, in denen Kinder in ihrem Alltag dargestellt werden", heißt es in einer Mitteilung des Kinderschutzbundes vom Montag. Zudem sei der Gesetzgeber in der Pflicht, Kinder in TV-Produktionen besser zu schützen. Eine entsprechende Resolution habe der Deutsche Kinderschutzbund bereits im Mai auf seiner Mitgliederversammlung verabschiedet.

Die Zuschauer schalteten "Die Super Nanny" trotz der Kritik ein: Das Format erreichte anfangs einen durchschnittlichen Marktanteil von 24,1 Prozent in der werberelevanten Gruppe der Fernsehzuschauer (14- bis 48-Jährige). Die letzte Staffel verzeichnete im Schnitt einen Marktanteil von 17,2 Prozent – immer noch ein Millionen-Publikum.

Saalfranks Erklärung laut RTL-Pressemitteilung im Wortlaut:

"Ich habe diese Arbeit für und mit RTL sehr gerne gemacht und bedanke mich beim gesamten Team sehr für die gute, vertrauensvolle Zusammenarbeit und dafür dass ich so lange im Rahmen dieses Formates Familien unterstützen durfte. Ich habe viele große und kleine Menschen getroffen, die mich beeindruckt haben und unzählige Erfahrungen machen dürfen. Ich bitte die Fans der Sendung um Verständnis für die Entscheidung. In meiner TV Arbeit sind mir Authentizität und Nachhaltigkeit wichtig und ich bin dankbar, dass wir mit 'Die Super Nanny' über Jahre hinweg ein erfolgreiches nicht gescriptetes Reality Format etabliert haben, das mit meinen Idealen im Einklang war. Es waren sieben erfolgreiche und schöne, aber auch intensive und bewegte Jahre, in denen es möglich war vielfältiges Familienleben zu zeigen und auch kritische Themen zu bearbeiten. Die Sendung hat dazu beigetragen, dass zunehmend akzeptiert wird, sich Beratung zu holen. Ich freue mich darüber, denn das ist ein Teil meines Anliegens."

Mit Material von dpa und dapd

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