Flucht aus Teheran: Ben Affleck spielt einen CIA-Agenten und beweist sein Regietalent. „Argo” ist nervenaufreibend spannend.

Viele haben ihn belächelt. Die Berichterstattung über Ben Affleck kreiste teilweise mehr um die Verlobungsringe seiner Freundinnen als um die Filme des Schauspielers. Clint Eastwood und George Clooney wurden im Kreis der US-amerikanischen Regiehaudegen schulterklopfend willkommen geheißen, Affleck traute man eher lauwarmes Kinohandwerk zu. Doch nichts da. Dass der 40-Jährige wusste, wovon und mit welcher Haltung er erzählte, sah man bereits in "The Town", einem soliden Vorstadtthriller um Jugendfreundschaft. "Argo" zeigt nun, wie gut der Regisseur Ben Affleck tatsächlich ist. Der Film beruht auf einer wahren, kaum bekannten Geschichte aus dem Jahr 1979, als bei der Erstürmung der US-Botschaft in Teheran 52 Amerikaner als Geiseln genommen wurden.

Affleck spielt den Geheimagenten Tony Mendez. Das leicht Hölzerne seines Spiels ist hier Teil der Rolle. Mendez ist ein vollbärtiger Einzelkämpfer, der für sein karges Leben nicht mehr braucht als eine Schlafcouch, asiatisches Essen in Pappschalen und hin und wieder ein Lebenszeichen seines Sohnes. Wieder ins Spiel bringt den CIA-Mann der Auftrag, jene sechs Geiseln, die beim Angriff auf die Botschaft fliehen konnten und sich nun beim kanadischen Botschafter verstecken, außer Landes zu bringen. Als man schon so weit ist, die Geiseln mit Fahrrädern bis zur türkischen Grenze radeln zu lassen, hat Mendez einen Einfall, der so mies ist, dass ihn fast schon wieder ein Hauch Genialität umweht. Auf so etwas kommt man nur, wenn Alkohol beim Denken eine Rolle spielt. Oder wenn das Wasser bis zum Haaransatz steht.

Mithilfe einer Make-up-Koryphäe (John Goodman) und eines Produzenten mit dem nötigen Sinn fürs Absurde (Alan Arkin) gibt Mendez sich selbst und die Geiseln als Teil einer Filmcrew aus, die in Teheran eine Science-Fiction-Komödie drehen. Der Plan ist vom Storyboard bis zur gefälschten Vita und falschen Bärten haarnadelklein durchdacht - und droht doch jede Sekunde zu scheitern. "Argo" ist das beste Beispiel für eine Geschichte, deren Ausgang zwar bekannt und doch nervenaufreibend spannend ist.

Als Zuschauer merkt man schnell, dass man sich Afflecks Blick anvertrauen kann, dass er einen nicht enttäuschen wird. Sein Film besitzt genau den konsequenten Ernst, den es für eine Handlung dieser politischen Fallhöhe braucht. Gleichzeitig umspielt ihn jenes Fünkchen Wahnsinn, das es so unterhaltsam macht, wenn Hollywood seine eigenen Produktionsbedingungen aufs Korn nimmt. "Argo" ist ohne Frage einer der besten Politthriller der letzten Jahre, Ben Affleck sei Dank.

Bewertung: überragend

"Argo" USA 2012, 120 Min., ab 12 J, R: Ben Affleck, D: John Goodman, Alan Arkin, täglich im Cinemaxx Dammtor, Studio-Kino, UCI Mundsburg; www.warnerbros.de/argo