Das Frauentrio Zimtschnecken singt Songs im Stil der legendären Andrew Sisters. Zu Silvester auch live im Hamburger Thalia Theater. Und das alles mit humorvollen deutschen Texten.

Hamburg. Das passt. Zimtschnecken liegen auf dem Teller. Zum Verzehr. Und Zimtschnecken sitzen am Tisch. Zum Gespräch. Sörin Bergmann, Victoria Fleer und Anne Weber haben sich als Gesangsensemble nach dem süßen Gebäck benannt. Und ihre Kunst ist im besten Sinne leichte Kost. Allerdings stets mit feiner Würze. Die drei gestandenen Bühnenfrauen singen Swing-Songs im Stile der Andrew Sisters. Aus Klassikern wie „Lullaby Of Broadway“ wird da jedoch augenzwinkernd „Das Möbelhaus in Moorfleet“. Und der „Boogie Woogie Bugle Boy“ wandelt sich zur „Boogie Woogie-Blaskapelle Boberger Loch“. Alles vorgetragen mit diesem ganz besonderen koketten Charme, der selbst dann aktiviert wird, wenn die Chanteusen in Anne Webers Schlafzimmer in einer Hinterhofwohnung in St. Georg proben.

„Bei mir bist du scheen“, singen die drei, fügen ihre Stimmen mit Schmelz und Pepp zusammen, wiegen synchron die Hüften. Ein kesses Schwelgen.

„Die Musik ist cool. Sie nimmt das Leben leicht, auch wenn es mal schwer ist“, sagt Sörin Bergmann, die ihre blonden halblangen Haare stilecht unter eine Baskenmütze gesteckt hat. Bei den Zimtschnecken ist die studierte Chor- und Ensemble-Leiterin, die auch in Chören wie Monday Monday den Ton angibt, für die Arrangements zuständig. Gemeinsam mit Anne Weber sang Bergmann früher in der A-cappella-Formation Jo’s Affair Krimimusik von Derrick bis Bond. Doch als ihr Tenor wegzog, machte die Not erfinderisch, und den beiden kam auf einer Autofahrt die Idee zu den Zimtschnecken.

Anne Weber, die nach zwölf Jahren am Schauspielhaus nun vor allem am St. Pauli Theater auf der Bühne steht, entflammte ihre Kollegin Victoria Fleer für das Projekt. Die zwei wussten bereits aus Musikstücken wie „Nachttankstelle“ und „Linie S 1“, dass sie sich in Sachen Sound und Timing aufeinander verlassen können.

Fleer ist so etwas wie eine Expertin, was die berühmte Jazz-Girlgroup der 1930er- bis 1960er-Jahre angeht. Am Altonaer Theater spielte und sang die Aktrice vor gut zehn Jahren in der Andrew-Sisters-Revue „Sing! Sing! Sing!“. Die Jüngste im Bunde sorgt für die kecken Bewegungen der Zimtschnecken. Doch ganz am Anfang stehen stets die deutschsprachigen, oftmals auch hamburgerischen Verse von Anne Weber.

„Ich höre mir das Original an und texte Silbe für Silbe auf die Musik“, sagt Weber, die Brünette des Trios, und fügt hinzu: „Das Problem sind manchmal die vielen Konsonanten im Deutschen.“ In den umgedichteten Nummern spielt sie mit Alltagsklischees und schildert die Absurditäten des Zwischenmenschlichen. Dass sie ihre vertonten Kurzgeschichten dabei gerne zwischen Bahrenfeld und Fischbeker Heide ansiedelt, ist kein Zufall. Für Weber verträgt sich der Witz der alten Lieder bestens mit dem trockenen hanseatischen Humor. „Die Musik geht nach vorne los, sie ist nicht überkandidelt, sondern hält, was sie verspricht. Das passt auch zu Hamburg“, sagt Weber überzeugt.

Die drei Damen lachen ausnehmend viel, wiederholen bei der Probe aber auch voll konzentriert Ton um Ton, bis die Harmonien sitzen und die Stimmen verschmelzen. Wer die wunderbar eigensinnigen Zimtschnecken erlebt, der kann sich bestens vorstellen, dass sie für eine Castingshow weniger gut geeignet sind. Dennoch half ein ebensolches Format, dass das Anfang 2012 gegründete Ensemble „rambazamba fünf Stücke einstudiert hat“, wie Bergmann erzählt. „Aus purer Neugierde“ hätten sie bei der Vorauswahl zu Linda De Mols „The Winner Is...“ mitgemacht, erinnert sich Anne Weber. Doch letzten Endes war ihnen der Vertrag für die Sat.1-Sendung zu eng gestrickt. „Das war für uns aber eine super Erfahrung, denn wir haben gemerkt: Es kommt an“, sagt Fleer, und ihre blonden Locken wippen ein wenig hin und her.

Momentan arbeiten die Zimtschnecken ein volles Abendprogramm aus. Um die Dramaturgie ihrer Show zu gestalten, holen sie sich Tipps von Sören Sieg, Mitbegründer der A-cappella-Formation LaLeLu. „Das ist ganz wichtig, dass jemand von außen Pfeffer und Salz daraufstreut“, formuliert es Fleer anschaulich. Und sie ergänzt lachend: „Was wir momentan brauchen, ist eine Big Band. Und einen großen Spiegel, um in Annes Schlafzimmer unsere Tanzbewegungen zu koordinieren.“

Auch wenn für 2015 ein Album geplant ist: Ihren nostalgischen Reiz entfalten die Zimtschnecken am besten im Konzert. Stilecht ausgestattet, etwa mit Matrosenkleidern, die sie ganz neumodisch im Internet bestellt haben. Aber sie lassen Teile ihres Retro-Looks auch anfertigen. Röcke zum Beispiel bei Dühnforth & Wulff sowie Hüte bei Theresa Gaschler. Beide Manufakturen sind in der Koppel 66 zu finden, wo das Trio am 7. Dezember bei der Adventsmesse auftreten wird. Ebenfalls live zu erleben sind die Zimtschnecken bei der Silvesterparty im Thalia Theater. Dann wird Fleer wie gewohnt die Leadstimme singen, die von Weber im Mezzosopran und von Bergmann im Alt emporgehoben wird. Und wenn die Songs dann schön und schnippisch erklingen, gilt für die Hörer bestenfalls das, was Sörin Bergmann mittendrin erfährt: „Wenn die anderen einsteigen, das hat so eine Kraft, dann ist das ein Genuss.“

Die Zimtschnecken live 7.12., 14.30, Adventsmesse Koppel 66, Eintritt frei; 31.12., Thalia Theater, 23.30, Karten: 59,-; www.die-zimtschnecken.de