Hamburg. „Ich will etwas bewegen in der Hamburger Kulturszene“, sagt Bert Nitsche. Der 33-jährige Softwareentwickler besucht eine Jam-Session in dem Hamburger Friseursalon und Kulturcafé "Kamm In", für die er mit seinem Kulturlotsen wirbt. So nennt sich Nitsches Internetseite. Und für die ist der freie Eintritt zu dem Konzert besonders interessant. Seit einem halben Jahr listet Nitsche kostenlose Kulturveranstaltungen in der Hansestadt auf „kulturlotse.de“ auf.
Auf der Website finden sich Lesungen im Biergarten, Sommerfeste und Ausstellungen – alle gratis. Denn Kultur sei in Hamburg auch ohne teure Eintrittspreise zugänglich, sagt Nitsche. „Das Spektrum ist bunt. Es gibt so viele Veranstaltungen, die die Leute mögen würden, wenn sie nur davon wüssten“. Sein Ziel ist es, kostenfreie Konzerte und Aufführungen sichtbar zu machen. Alle Menschen, findet er, sollen Zugang zur Kultur haben – unabhängig vom Einkommen. Die Internetseite hat einen Kalender und aktuelle Tagestipps zu besonders interessanten Events.
Veranstaltungen abseits des Mainstreams
Mit dem Kulturlotsen will Nitsche auch kleinere Veranstalter unterstützen, Stadtteilzentren und wenig bekannte Galerien zum Beispiel. Seine sonnengebräunte Haut zeugt davon, dass er oft Open-Air-Veranstaltungen besucht. Momentan gehe er besonders häufig in kostenlose Freiluft-Kinos. Oder eben in den Friseursalon zur Jam-Session. Neben blauen Friseurstühlen und Haarstylingprodukten improvisieren hier zwei Gitarristen. Ein Kontrabassist gesellt sich dazu und spielt mit. Solchen Veranstaltungen will Nitsche mit seiner Internetseite zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen.
Mehr Aufmerksamkeit wünscht er sich aber vor allem für den Kulturlotsen selbst: Die Seite habe momentan 300 bis 450 Besucher pro Tag. Im sozialen Netzwerk Facebook mögen schon 400 Benutzer die Fanseite des Kulturlotsen, sagt Nitsche stolz. Zufrieden ist er damit allerdings nicht. „Wir werden noch zu wenig wahrgenommen, sowohl von den Kulturinteressierten als auch von den Veranstaltern. Deshalb arbeiten wir häufig noch im Stillen.“
Anstatt die Termine von den Veranstaltern gemeldet zu bekommen, müssten er und seine drei Mitstreiter sie aufwändig recherchieren und zusammentragen. Das nimmt viel Zeit in Anspruch – und kostet Geld. Nitsche hat einen höheren vierstelligen Betrag in den Kulturlotsen investiert, wohlwissend, dass er mit kostenloser Kultur wahrscheinlich nie Geld verdienen wird. Auch weil er Werbung kommerzieller Anbieter auf der Website ablehnt.
Kino-Werbespot soll für Aufmerksamkeit sorgen
Momentan sucht Nitsche nach Sponsoren und weiteren Helfern, um einen Verein zu gründen, der die Website betreiben soll. Das würde ihn zeitlich und finanziell entlasten, sagt Nitsche, der mit dem Projekt noch viel vor hat: Derzeit produziert er einen Werbefilm, der in Hamburger Kinos gezeigt werden soll. Langfristig erhoffe er sich 3.000 Besucher pro Tag.
Dafür will er auch neue Funktionen in die Website einbauen. So sollen sich Menschen über die Internetseite direkt zu Kulturveranstaltungen verabreden können. Zudem sollen beispielsweise Bars und Kneipen über die Seite nach geeigneten Bands für Liveauftritte suchen können. Nitsche hofft, mit dem Angebot kulturinteressierte Menschen zusammenzubringen und damit dem Motto des Kulturlotsen gerecht zu werden: "Kultur verbindet uns."
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