Viel mehr als alte Songs hatte das schwedische Duo Roxette bei seinem Hamburg-Konzert nicht zu bieten. Aber das reichte 8000 Fans.

Hamburg. Mit 13, 14 Jahren waren Mädchen noch wie Pommes: "Heiß, fettig, kalt, labbrig, knusprig, egal - irgendwie immer geil", wie es im Film "Absolute Giganten" hieß. Und als Teenager legte man ihnen - Mareike, Yvonne, Doris, Beatrice, egal - das Herz zu Füßen. Damit sie drauf rumtrampeln konnten, die den pubertären Hormonstau sofort witternden Ziegen. Aber Roxette gab 1990 Trost: "It Must Have Been Love", auf Musikkassette, immer und immer wieder. Bis die Tränen versiegt waren und das nächste Girl und der nächste Roxette-Hit erschienen.

Jeder liebte Pommes, jeder liebte Mädchen, jeder liebte Roxette. Damals. Wobei das schwedische Pop-Duo dann doch schnell für andere Bands durch das Raster rutschte. Was Per Gessle und Marie Fredriksson nach ihren drei Millionenalben "Look Sharp" (1988), "Joyride" (1991) und "Tourism" (1992) machten, bekam man nicht mehr mit, auch nicht, dass Marie Fredriksson nach der "Room Service"-Tournee 2002 schwer erkrankte und Roxette sich daraufhin mehrere Jahre weitgehend aus dem Rampenlicht verabschiedete.

Aber nach dem Lebenszeichen 2009 bei der Nokia Night Of The Proms in Hamburg meldeten sich die beiden dieses Jahr wieder zurück. Da man längst nicht mehr so viele Tonträger verkaufen muss wie 1991, um die Spitze der Charts zu erobern, waren Per und Marie im vergangenen Februar mit "Charm School" wieder ganz oben. Und die 8000 zahlenden Besucher am Dienstag in der O2 World waren auch durchaus respektabel.

Wer weiß, warum sie gekommen sind. Mein Begleiter, sonst Freund von knüppelhartem Metal, kam mit, weil "ich die 'Joyride' damals geliebt hab". Aber nur pure Nostalgie konnte es nicht gewesen sein, dafür war das Publikum im Schnitt erstaunlicherweise zu jung. Anscheinend haben "The Look" oder "Spending My Time" heute auch bei 20-Jährigen noch Schlag.

Eines war jedenfalls deutlich: Hamburg wollte, was in Roxettes Leitmedium - Formatradio - schlicht "Megahits" genannt wird. Und Hamburg bekam sie. Für die "Back With Their Greatest Hits"-Tournee flogen bis auf "Only When I Dream" und "She's Got Nothing On (But The Radio)" alle neuen Lieder von "Charm School" von der Setliste. Stattdessen ging es zurück in die 80er- und 90er-Jahre: "Dressed For Success", "Sleeping In My Car", "The Big L." waren der Auftakt zur im Voraus gebuchten Pauschalzeitreise.

Alles inklusive: Die Kurzhaarfrisuren, Per Gessles Rockerposen, routinierte Ansagen ("Danke, schön hier zu sein") und die gewohnte Roxette-Dynamik aus Refrain-orientierten Poprockern und Refrain-orientierten Balladen. Der dünne Sound der Band und die gesangliche Leistung der immer noch sichtbar mitgenommenen, zerbrechlich dünnen Marie Fredriksson spielte keine Rolle. Schon erste Takte von "Joyride" oder "The Look" entfachten Jubelstürme, jeder getroffene hohe Ton fairen, anfeuernden Szenenapplaus.

Mehr Bemerkenswertes als die aufopferungsvoll kämpfende Marie Fredriksson hatte Roxette aber auch nicht zu bieten. Bis zu den letzten Zugaben "Listen To Your Heart" und "Church Of Your Heart" reihten sich zwei Stunden Megahits der 80er und 90er an das Beste von gestern.

Aber das reichte ja auch. Die "It Must Have Been Love"-Girls waren längst vergessen und leben jetzt in Kanada oder an der Ostsee. Und die Ehefrau wartete ("Roxette? Lass mal") zu Hause. Aber was verriet mir eine Freundin der Schwiegermutter, die ich im Umlauf traf: "Was, deine Frau ist nicht mit? Die war früher so ein großer Fan!" Alle liebten Roxette. Auch die Mädchen.