Protest 2.0

Auch beim Demonstrieren ist erlaubt, was gefällt

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Alexander Josefowicz

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„Wir wollen wieder auf den Hamburger Fernsehturm" und andere Facebook-Gruppen sind die "Grassroots", die Basis des bürgerlichen Begehrens.

Facebook, ein Abbild der Welt im Kleinen. Fast scheint es so, als ob es nichts in der realen Welt gäbe, das nicht auch seine Entsprechung im virtuellen Netzwerk hat. In Gruppen und auf Fanseiten tauschen sich Menschen über jedes nur mögliche Thema aus: Vom Franzbrötchen über Probleme mit oder ohne den Lebensgefährten bis zum politischen Protest reicht das Spektrum. Auch die Bewegungen, die unter dem Stichwort „Grassroots“ zusammengefasst werden, sind präsent. Lokalpolitische Anliegen aller Couleur werben für Unterstützung:

Sie heißen „ Leerstand zu Wohnraum“ , „Rettet die Elbtreppenhäuser“, „Altonaer Museum. Offen bleiben“ , „Gängeviertel“ oder „Wir wollen wieder auf den Hamburger Fernsehturm“. Sie wollen, dass leerstehende Geschäftsräume in Wohnraum umgewandelt werden, dass historische Häuser erhalten bleiben, ein Zeichen gegen Kulturpolitik nach Gutsherrenart setzen oder schlicht und einfach wieder einen Kaffee auf dem Fernsehturm trinken.

Seiten auf Facebook , die nicht bloß unterhalten wollen, haben große Konjunktur. Was früher die Bürgerinitiative war, organisiert sich heute im Internet. Denn dort lassen sich Informationen blitzschnell verbreiten, Unterstützer unkompliziert gewinnen. Kein Zittern und Bibbern in zugigen Fußgängerzonen, kein „Entschuldigung, hätten Sie eventuell Interesse an...“. Stattdessen zwei-drei Klicks und fertig ist die Seite. Weitere Unterstützer gewinnt man per Schneeball-Effekt.

Denn jeder, der auf den „Gefällt mir“-Knopf drückt, tut das gleichzeitig allen seinen Freunden kund. Und mit etwas Glück findet sich auch unter diesen wieder jemand, der der Initiative etwas abgewinnen kann. Seine Überzeugungen – oder doch zumindest diejenigen Anliegen, die man für cool, interessant oder sonstwie relevant hält – kann man so einfach verbreiten wie nie zuvor. So gewinnt man auch die Leute für sich, die an Infoständen vorbeilaufen, Newsletter ungelesen löschen und Petitionen nicht unterzeichnen. Und selbst, wenn diese Menschen dann nicht gleich zur nächsten Demonstration kommen, sie werden informiert, verführt, überzeugt. Auf Veranstaltungen und bei Demos wiederum machen die Aktiven Werbung für den digitalen Protestzug.

Und im Wechselspiel aus digitalem und realem Raum wächst das Interesse, jeden Tag. Und es ist zählbar. Fast 14 000 Unterstützer hat das Gängeviertel, 7500 Menschen sind nach wie vor am weiteren Schicksal des Altonaer Museums interessiert. Und auch die Idee, den Telemichel wieder zu öffnen, findet den Zuspruch von fast 11 000 Menschen. Zahlen, die auch offline das Interesse wecken. Zahlen, die gute Werbung für die eigene Sache sind. Zahlen, die dazu führen, dass noch mehr Menschen sagen: Das gefällt mir. Mit nur einem Klick.