Wie es sich anfühlt, “Endlich alleen“ zu sein, zeigen Heidi Mahler und Joachim Bliese im Ohnsorg-Theater in Hamburg als ernsthaft lustige Lektion.

Hamburg. Mama platzt der Kragen. "Entweder die gehen, oder ich tu das", schreit Elli am Ende ihrer Nerven. Die Söhne im Hause Böckmann sorgen zwar für Chaos und Remmidemmi, schauspielerisch gehört jedoch ihren Eltern Heidi Mahler (Elli) und Joachim Bliese (Georg) der Komödienabend im Ohnsorg-Theater. Sie wollen "Endlich alleen" ihre Freiheit genießen - ohne Kinder. Doch die ungleichen Brüder Michael und Elmar kehren wie Bumerangs zurück ins Hotel Mama, stellen mit Eheproblemen und chemischen Experimenten das feudale Familienheim in Nienstedten auf den Kopf.

Turbulent und temporeich beginnt Adelheid Müther ihre im Rhythmus perfekt ausgewogene Aufführung. Sie lässt Hektik und widerstreitende Abschiedsgefühle beim Auszug von Nesthäkchen Robert (ein wahrer Sonnyboy: Christian Richard Bauer) explodieren. Kaum allein, herrscht selige Ruhe. Doch nur kurze Zeit. Beim gepflegten Weinchen am Kamin (Bühne: Katrin Reimers) gerät sich das harmonische Ehepaar in die Haare - über Reisepläne und verjährte (?) Seitensprünge des Gatten. "Ich wusste ja nicht, dass du wusstest", meint kleinlaut Georg, "der große Friedensstifter".

Die Erziehung wird ebenfalls zum Zankapfel nach dem Überfall der Söhne. Das verhätschelte Mathegenie Michael (Robert Eder mit gesträubter Albert-Einstein-Frisur) hat seinen Job hingeschmissen. Den notorischen Schürzenjäger Elmar (smart und unverschämt: Axel Stosberg) hat seine Frau rausgeschmissen. "Unser Privatleben hat volle acht Stunden gedauert", konstatiert Elli trocken. Sie wollte sich endlich der Malerei widmen, ein Atelier einrichten und bringt jetzt nur mehr einen Punkt auf der Leinwand zustande. Zwischen Resignation und Verzweiflung nimmt sie auch noch hin, dass Roberts Freundin Jenny (Eileen Weidel) mit Sack und Pack Unterschlupf sucht.

Frank Grupes plattdeutsche Bearbeitung der Komödie von Lawrence Roman entfaltet in den Dialogen Biss und Witz. Und die Schauspieler holen aus ihren Figuren heraus, was herauszuholen ist. Mahler und Bliese zeigen menschlich ehrlich und nicht nur komödiantisch bewusst auf Pointe die Konflikte von Eltern zwischen Sorge und Wut, Liebe und Schuldgefühl. Sie lassen es sich aber auch nicht nehmen, beim Kreuz mit den nicht erwachsen gewordenen "Kleinen" alle darstellerischen Register bis zum Tobsuchtsanfall auszuspielen, schlagen aber in den letzten Szenen auch ernsthaftere Töne an.

"Kinder!" seufzt Mahlers einfach liebenswerte Elli aus tiefstem Herzen. "Wenn sie klein sind, sind sie so süß, dass du sie auffressen möchtest. Wenn sie groß sind, wünscht du dir, du hättest es getan." Sie kann sich des Mitgefühls aller Mütter an diesem häufig beifällig belachten und beklatschten Abend sicher sein.

"Endlich alleen" bis 24.4., Ohnsorg-Theater, Karten unter T. 35 08 03 21; www.ohnsorg-theater.de

Entdecken Sie Top-Adressen in Ihrer Umgebung: Theater in Hamburg-St.Georg