Die neue Redaktionsgemeinschaft des Zeitungshauses M. DuMont Schauberg , in der die "Berliner Zeitung", die "Frankfurter Rundschau", der "Kölner Stadtanzeiger" und die "Mitteldeutsche Zeitung" ihre Berichterstattung über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bündeln, ist ein kompliziertes Konstrukt. Zwar sind alle vier Zeitungen zu jeweils 25 Prozent an der DuMont Redaktionsgemeinschaft GmbH beteiligt. Da die "Berliner Zeitung" und die "Frankfurter Rundschau" aber "den größten Teil der Kosten tragen, haben sie in der Chefredakteurskonferenz", dem journalistischen Kontrollgremium der Gesellschaft, "ein doppeltes Stimmrecht". So steht es in einem Verlagspapier, das offenbar den Redakteuren der betroffenen Blätter die Gemeinschaftsredaktion erklären soll.
Aus ihm geht auch hervor, dass in der Redaktionsgemeinschaft 23 Redakteure "zuzüglich Leiter, Stellvertreter und Sekretariate" arbeiten werden - 16 in Berlin und sieben in Frankfurt. Die von Brigitte Fehrle, bisher stellvertretende Chefredakteurin der "Berliner Zeitung" , und Robert von Heusinger, bislang Wirtschaftsressortleiter der "Frankfurter Rundschau" , geleitete Gemeinschaftsredaktion soll ihre Arbeit Anfang April aufnehmen. Betriebsbedingte Kündigungen soll es im Zuge der Gründung der neuen Gesellschaft, die für die Blätter auch keinen direkten Spareffekt habe, nicht geben. Im Papier steht aber auch: "Die Redaktionsgemeinschaft ermöglicht es, in den Redaktionen den seit Jahren anhaltenden Personalabbau mittelfristig noch fortzusetzen, ohne Qualität und Anspruch der Blätter aufzugeben."
Nun muss noch geklärt werden, ob die Gemeinschaftsredaktion mit dem Redaktionsstatut der "Berliner Zeitung" in Einklang gebracht werden kann, das eine Vollredaktion für das Hauptstadtblatt zwingend vorschreibt. Nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di verstößt die Gründung der Redaktionsgemeinschaft zudem gegen den Haustarifvertrag der "Frankfurter Rundschau".
Apropos Ver.di. Der "Spiegel" hat der Gewerkschaft gegenüber eine Unterlassungserklärung abgegeben. Er will nicht mehr behaupten, viele Ver.di-Beschäftigte müssten Lohneinbußen hinnehmen, und in Bildungszentren sowie einer Publikation der Gewerkschaft sei Personal ausgelagert worden, das nun zu schlechteren Konditionen beschäftigt werde. So stand es im "Spiegel"-Stück "Anspruch und Wirklichkeit", das am 4. Januar erschien.
Für Verwunderung sorgte bei einigen Gruner + Jahr -Mitarbeitern der Titel "Geschäftsmodell Ausbeutung" der hauseigenen Illustrierten "Stern" vom 21. Januar. Darin geht es auch um die fragwürdige Praktik, Mitarbeiter durch konzerneigene Leiharbeitsfirmen zu schlechteren Konditionen beschäftigen zu lassen, wie es die Drogeriekette Schlecker tat. Nun betreibt Gruner + Jahr mit der G+J Servicegesellschaft eine eigene Leiharbeitsfirma, die laut "Wirtschaftswoche" noch eindeutiger als die "Schlecker-Firma Meniar konzerneigen" ist. Die etwa 90 Mitarbeiter der G+J-Tochter arbeiten in verschiedenen Verlagsabteilungen - zu schlechteren Bedingungen als die im Haupthaus beschäftigten Kollegen.
Kai-Hinrich.Renner@abendblatt.de
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