Der Bertini-Preisträger Patrick Abozen inszeniert mit Schülern der Ida-Ehre-Schule in Harvestehude ein Flüchtlingsdrama. Am Freitag soll das Stück „Gekommen um zu bleiben“ Premiere feiern.

Harvestehude. Es geht um Flüchtlinge, um Abschiebung und um Solidarität. An diesem Mittag ist Probe in der Schulaula. „Hey! Auf den Boden, tot stellen. Ihr habt Angst, dass die Grenzsoldaten euch erwischen!“, ruft Patrick Abozen auf die Bühne. Kinder wuseln um ihn herum. Nicht alle liegen sofort. Für 138 Fünftklässler an der Ida-Ehre-Schule in Harvestehude ist Patrick Abozen in dieser Woche Lehrer.

Der Schauspieler, der als Assistent im Kölner „Tatort“ bekannt wurde und nun in den Kammerspielen in „Ziemlich beste Freunde“ eine Hauptrolle spielt, leitet mit weiteren Profis ein Theaterprojekt an der Schule.

Der 29-Jährige ist in Bramfeld aufgewachsen. Er mag die Arbeit mit den Kindern sehr gern. Auch an anstrengenden Tagen, wenn viel Textarbeit ansteht und die Schüler häufig herumstehen müssen. „Du kannst durch das Erklären als Schauspieler viel lernen“, sagt Abozen, den hier alle nur Patrick nennen. „Durch das Inszenieren bekommst du einen Blick von außen, auf dich als Schauspieler.“ Herkunft, Familie, Religion und Anderssein sind die Themen, mit denen sich die Schüler eine Woche lang auseinandersetzen.

Zum zweite Mal hat Lehrerin Mascha Fiolka dieses Projekt für die Schüler organisiert, unterstützt durch den Ida-Ehre-Kulturverein. Zum zweiten Mal ist wieder das Team um Patrick Abozen dabei. Am Freitag soll das Stück „Gekommen um zu bleiben“ Premiere feiern (16 Uhr, Bogenstraße 36, ein Euro Eintritt). Es habe so viele Vorteile, wenn Leute von außen an die Schulen kommen und Projekte begleiten, sagt die Pädagogin. „Die Schüler haben zu den Externen einen anderen Zugang, das geschieht dann eher auf einer Kumpelebene.“

Kaugummi kauend gibt Patrick Abozen seine Anweisungen. Die Kinder, sagt er, hätten viele Ideen, die ihn auch als Menschen bereichern. Es ist nicht das erste Mal, dass er als Schauspieler in die Rolle des Regisseurs wechselt. Das hat er in den vergangenen Jahren schon häufiger mit Schülern und Jugendlichen gemacht. Mit dem Theaterpädagogen Olaf Bublay gewann er für das Stück „Die war nicht so“ mit Schülern der Beruflichen Schule H20 in Steilshoop den Bertini-Preis. Ausgerechnet die H20, die Patrick Abozen mit 16 Jahren nach einem halben Jahr wieder verlassen musste, weil er in Prügeleien verwickelt war. Und nun arbeitet er mit seinem ehemaligen Lehrer Bublay wie hier an der Ida-Ehre-Schule immer wieder erfolgreich zusammen.

Unterstützt wird der Schauspieler auch von seiner Kollegin an den Kammerspielen, Regieassistentin Britta Jacob, und von seinem Bruder Daniel. Der 22-Jährige ist Sänger und Songwriter und hat für das Projekt ein Lied komponiert. Lorena, 11, hat darin einen Soloauftritt. „Das macht ziemlich dollen Spaß und ist manchmal anstrengend“, sagt sie. Nur einige Mitschüler seien sehr laut. „Es ist unmöglich, uns alle gleichzeitig ruhig zu bekommen“, sagt sie. Dass alles noch ein wenig chaotisch wirke, sei normal, sagt Patrick Abozen. Er ist dennoch zuversichtlich, weil er weiß, dass es bei Jugendprojekten mit einem Durchlauf erst in der Generalprobe oder sogar erst bei der Premiere klappt. „Sobald das Publikum da ist, nehmen die Schüler die Dinge in die Hand und improvisieren.“

Kräfte sammeln muss Patrick Abozen nach diesem Probentag im Fitnessstudio: Am Abend steht er in den Kammerspielen auf der Bühne.