Hamburg. Das Bewohnerparken in Hamburg soll in dicht besiedelten Vierteln den „Parkdruck“ verringern und zugleich die Verkehrssicherheit erhöhen, etwa weil dort weniger Autofahrende um den Block kurven auf der Suche nach einem Stellplatz – so begründet die von Anjes Tjarks (Grüne) geführte Verkehrsbehörde die Ausweisung entsprechender Parkzonen, von denen es derzeit 62 gibt, in der Hansestadt. Anwohner bekommen für 65 Euro im Jahr einen Parkausweis – für Besucher werden bis zu 3 Euro pro Stunde fällig.
Kritik an den Parkzonen äußern wie berichtet nicht nur die Handels- und die Handwerkskammer, die ihre Mitgliederbetriebe benachteiligt sehen. Vielmehr ärgern sich auch Bürger, weil ihrer Ansicht nach die kleinen blauen Parkscheinautomaten nicht ausreichen, um Parkplatzsuchende überhaupt darauf aufmerksam zu machen, dass es sich um Bewohnerparkzonen handelt.
Verkehr Hamburg: Prominente ärgern sich über Bußgeldbescheide
Empört ist etwa Joachim Wagner. Der frühere ARD-Moderator und Journalist, bekannt aus „Panorama“, „Bericht aus Berlin“, hatte mit seiner Frau im Auto ein befreundetes Paar in Eimsbüttel abgeholt, um mit ihm ein Kino in Harvestehude zu besuchen. Die Gruppe parkte an der Isestraße. Als die vier von der Vorstellung zurückkehrten, steckte an Wagners Auto ein Knöllchen.
Niemand von ihnen habe ein Schild wahrgenommen, wonach sie sich in einer Bewohnerparkzone aufhielten, sagt Wagner. Erst später habe er festgestellt, dass am Anfang des Abschnitts der Isestraße ein Parkscheinautomat steht. „Alle Ortsfremden, aber auch Hamburger merken nicht, dass es sich um eine Bewohnerparkzone handelt“, sagt Wagner. „Der Autofahrer, der aus Wandsbek oder Berlin kommt, achtet auf Schilder.“ Seiner Meinung nach müssten Bewohnerparkzonen „mit zusätzlichen Schildern deutlicher gekennzeichnet werden, um bei Verstößen rechtsstaatlich einwandfrei sanktionieren zu können“.
Ex-Moderator weigert sich, Bußgeld von 20 Euro zu zahlen
Wagner schrieb in die Kommentarspalte des Bußgeldbescheids, dass er sich weigere, die geforderten 20 Euro zu zahlen. Eine Reaktion der Stadt stehe bisher aus. Er sehe beim Bewohnerparken in Hamburg ein „großes Umsetzungsdefizit“, sagt Wagner.
Ähnlich äußert sich der Hamburger Rechtsanwalt Michael Nesselhauf. Viele Jahre schon parke er fast wöchentlich am Harvestehuder Weg nahe de Klostersterns, weil er dort regelmäßig private Termine wahrnehme. Dass er dort ein Ticket ziehen müsse, sei ihm nicht bewusst gewesen – bis Anfang März. „Ich habe zuerst gar nicht verstanden, warum ich einen Strafzettel bekam“, sagt Nesselhauf. „Bis heute gibt es dort keinerlei Hinweisschilder, dass es sich um eine gebührenpflichtige Parkzone handelt.“
Hamburger Rechtsanwalt protestiert – ohne Erfolg
Nesselhauf sagt, das Vorgehen der Stadt sei eine „bare Unverschämtheit“. Der Anwalt schrieb der Verkehrsbehörde, er sei nicht bereit, die 20 Euro zu zahlen, weil seiner Ansicht nach Hinweisschilder fehlten. Zurückgekommen sei allerdings keine Stellungnahme der Behörde, sondern ein formeller Bußgeldbescheid, sagt Nesselhauf. Schließlich zahlte er das Bußgeld zähneknirschend.
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Hamburgs Verkehrsbehörde hält die Hinweise auf Bewohnerparkzonen in den Stadtteilen für ausreichend. In ihrer Antwort auf eine Abendblatt-Anfrage bezieht sich die Behörde auf den Landesbetrieb Verkehr (LBV). Nach Angaben des LBV erfolgt „an allen Einfahrten in ein Gebiet mit Bewohnerparkvorrechten“ eine Beschilderung mit dem quadratischen Verkehrszeichen 314.1 (ein großes weißes „P“ auf blauem Hintergrund) sowie mit dem Zusatzzeichen „mit Parkschein“. An allen Ausfahrten sollte es eine Beschilderung mit dem Verkehrszeichen 314.2 (durchgestrichenes „P“) geben.
Landesbetrieb Verkehr will einen „Schilderwald“ vermeiden
Innerhalb der Bewohnerparkzonen gebe es keine zusätzliche Beschilderung. An ausgewählten größeren Straßen oder unübersichtlichen Straßen erfolge bei Bedarf eine Einzelbeschilderung mit Verkehrszeichen an den Parkbuchten. Davon abgehende Nebenstraßen sind laut LBV durch eine Zonenbeschilderung gekennzeichnet; ergänzend finden sich dem Landesbetrieb zufolge in jeder Parkzone Ticketautomaten mit einem Hinweisschild. „Würde man auf die Zonenbeschilderung verzichten, müsste in jeder Straße einzeln auf die Parkraumbewirtschaftung hingewiesen werden“, erklärt der LBV. „Dies würde letztlich zu einem regelrechten ,Schilderwald´ führen und die Aufenthaltsqualität verschlechtern.“
Verkehr Hamburg: Fehlen Schilder, bitte melden!
Die Verkehrsbehörde zeigt sich gesprächsbereit: „Sollte es Bewohnern auffallen, dass an einer Zufahrt in eine Bewohnerparkzone ein Hinweisschild fehlt, freuen sich der LBV oder die Verkehrsbehörde über einen Hinweis“, sagt Behördensprecher Dennis Heinert.
Verkehrssenator Anjes Tjarks hatte nach Protesten aus der Wirtschaft und der Opposition den weiteren Ausbau des Bewohnerparkens in Hamburg Anfang März gestoppt – und einen runden Tisch zu dem Thema angekündigt. Nach dem ersten Treffen am Montag erklärte die Verkehrsbehörde, der Landesbetrieb Verkehr werde nun prüfen, ob sich Ausnahmegenehmigungen für „betriebsnotwendige Fahrzeuge“ vorerst „großzügiger als bisher“ erteilen ließen. Hamburg werde sich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass in Bewohnerparkgebieten ansässige Firmen und Einrichtungen dort besser ihre Fahrzeuge parken könnten. Dies solle durch eine „noch in diesem Jahr“ geplante Anpassung der Straßenverkehrsordnung „praxisnah“ geschehen.
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