Die Polizei sperrte am Morgen in Elbnähe Straßen für Autofahrer. Größere Schäden gab es aber nicht – denn in Hamburgs jüngstem Stadtteil stehen die Häuser auf Warften.

Hafencity. Die Marco-Polo-Terrassen komplett unter Wassermassen verschwunden; der Dalmannkai überflutet; Land unter an den Elbarkaden gegenüber der Osakaallee, am Brooktorkai und in Teilen des Sandtorkais – Auswirkungen des Sturmtiefs „Xaver“. Die Polizei hatte die Zufahrten zur 2,4 Quadratkilometer großen HafenCity, in der rund 2000 Menschen leben, am Freitagmorgen gesperrt, da größere Teile unter Wasser standen. Und doch ist kein anderer Stadtteil in Hamburg so vorbereitet auf Sturmfluten.

Als Bäckereiverkäuferin Doreen Weig am Freitag um fünf Uhr ihre Arbeit am Dalmannkai beginnen wollte, stand sie vor Polizeiabsperrungen. „Sie ließen niemanden in die HafenCity. Da war kein Durchkommen“, erzählt sie. Erst später erfuhr sie, dass sie mit der U-Bahn zur Arbeit hätte fahren können. Die U4 fuhr trotz des Hochwassers regulär bis zur Haltestelle HafenCity Universität. „Der Verkehr der Linie U4 wurde von der Sturmflut nicht beeinträchtigt“, sagt Hochbahn-Sprecherin Maja Weihgold. Auch andere Wege in die HafenCity waren offen, beispielsweise die Fußgängerbrücken, die extra für solche Situationen gebaut sind.

Als Doreen Weig drei Stunden später endlich in die Bäckerei durfte, stand das Wasser dort immer noch fast bis an den Laden. „Die Marco-Polo-Terrassen waren komplett weg. Vom tiefer gelegenen Eisladen konnte man bloß noch den Schriftzug über der Tür sehen.“ Zum Glück hatten die Ladenbesitzer die Wasserschutztore vor ihrem Geschäft geschlossen – so wie alle Geschäfte entlang des Dalmannkais.

Auch in den anderen überflutungsgefährdeten Gebieten im noch jungen Stadtteil waren die Flutschutztore geschlossen worden. Die HafenCity liegt, wie die Speicherstadt, südlich der am Zollkanal verlaufenden Hamburger Hauptdeichlinie. Bestehende Deiche bieten dem Stadtteil also keinerlei Schutz, und so wurde zur Absicherung vor Sturmfluten eine eigene Lösung entwickelt. „Die Gebäude stehen auf Warften“, sagt André Stark von der HafenCity GmbH.

„Auf diesen speziellen Sockeln stehen sie in acht bis neun Meter über Normalnull und sind so vor Überflutung geschützt.“ In den Sockeln befänden sich Tiefgaragen, die bei Bedarf wasserdicht verschlossen werden können. „Die Anwohner wurden rechtzeitig informiert, sodass sie ihre Autos in die sicheren Garagen bringen konnten.“

Viele Straßen und Brücken wie etwa die Kibbelstegbrücke oder die Oberbaumbrücke liegen auf einem Niveau von mindestens sieben Meter fünfzig, wo sie bei einem Hochwasser verschont bleiben, um die Anbindung der HafenCity an die Innenstadt zu sichern. Tiefer gelegene Plätze und Promenaden überfluteten am Freitag. „Das ist so geplant“, sagte Stark. Sobald das Wasser über die Promenaden trete, schützen Flutschutztore tiefer liegenden Gebäudeteile vor dem Eindringen von Wasser. „Auch das hat hervorragend geklappt“, so Stark. „Die Sockel haben sich als hoch genug und sinnvoll erwiesen, und die Tore haben alle dicht gehalten.“

Einige Straßen sind jedoch trotz Hochwasserschutzes überflutungsgefährdet, da sie unter sechs Meter über Normalnull liegen. Hierzu gehören der Brooktorkai und Teile des Sandtorkais. Dort war am Freitagmorgen das Technische Hilfswerk damit beschäftigt, eine Tiefgarage leer zu pumpen. Die Flutschutztore seien zu spät geschlossen worden. Glück im Unglück, die Garage lief nicht voll. „Das Wasser steht bei einem parkenden Auto bis zur Hälfte der Reifen“, sagt ein THW-Mann.

Betroffen waren von der Flut vor allem die Baustellen. Etliche Gruben liefen voll. An der Ecke Shanghaiallee/Yokohamastraße waren Mitarbeiter der Baufirma Otto Wulff am Freitagmittag dabei, das Wasser aus ihrer Baustelle zu pumpen. „Das ist sehr ärgerlich“, sagt ein Arbeiter. „Wir können hier erst weitermachen, wenn das Wasser weg ist.“ Der bisher unbebaute Bereich entlang der Versmannstraße, wo ab nächstem Jahr ein neues Quartier entstehen soll, sei ebenfalls von der Sturmflut getroffen worden – der Bereich liegt nur etwa fünf Meter über Normalnull. Stark: „Aus Sicherheitsgründen ist die Umfahrung Versmannstraße noch bis Anfang nächster Woche gesperrt.“

Am Freitagmittag hatte die HafenCity die Sturmflut überstanden. Das Wasser war zurückgegangen, der Verkehr lief normal, Geschäfte hatten geöffnet und Touristen flanierten bereits wieder über den Dalmannkai. „Unser Hochwasserschutz hat sich bewährt“, sagte Stark.

Für die Einsatzkräfte war die HafenCity nur einer von vielen Punkten in Hamburg. Innerhalb von 24 Stunden, von Donnerstagmorgen 6 Uhr an, wurden so rund 1300 Einsätze abgearbeitet. „820 davon waren nicht wetterbedingt, sondern Einsätze des täglichen Betriebs“, sagt Feuerwehrsprecher Hendrik Frese. In Spitzenzeiten waren bis zu 1500 Feuerwehrleute im Einsatz.