110 Gruppen gibt es angeblich – von „Lampedusa in Hamburg“ bis „Still loving Bleiberecht“. Manche beobachtet der Verfassungsschutz.

Hamburg. „Wir bekommen inzwischen täglich Dutzende von Anrufen von Bürgern, die ihre Unterstützung anbieten“, sagt Rene Lourenco, der auf der Webseite „Lampedusa in Hamburg“ als offizieller Sprecher der Unterstützer firmiert. Lourenco arbeitet seit acht Jahren für das Netzwerk Karawane des Bremer Vereins für die Förderung der Rechte der Flüchtlinge e.V., der bundesweit agiert.

Nicht wenige glauben inzwischen, Lampedusa in Hamburg sei so etwas wie ein Dachverband, unter dem sich die rund 110 Unterstützergruppen versammelt haben. Doch dem sei nicht so, widerspricht Rene Lourenco: „Lampedusa in Hamburg bezeichnet ausschließlich die Gruppe der Afrikaner, die vor dem Bürgerkrieg aus Libyen nach Lampedusa flohen.“

110 Unterstützergruppen gibt es (angeblich), große wie Pro Asyl und Fluchtpunkt, kleine wie das Afrikanische Zentrum Borgfelde, exotische wie „Still loving Bleiberecht, das Infoportal für antifaschistische Kultur und Politik aus Mecklenburg-Vorpommern“ oder bekannte wie Park Fiction St.Pauli, die ihre Solidarität mit den Flüchtlingen ziemlich offensichtlich nicht nur aus humanitären Gründen bekunden: „Uns bereichern die Lampedusas schon seit Monaten. Sie haben St.Pauli einen Sinn für das Gemeinsame zurückgegeben, und dafür, dass das Recht auf Stadt keine Nation und kein Eigentum kennt. Und schon gar keine Hautfarbe.“ Die „taz“ kommentierte süffisant: „Und sogar die bis aufs Blut verfeindeten Lager in der radikalen Linken Hamburgs, Antiimps und Antideutsche, arbeiten für die Lampedusa-Flüchtlinge zähneknirschend zusammen.“

Viele verfeindete linke Sektierer haben jetzt ein gemeinsames Ziel

Jedenfalls geistert diese Zahl „110“ schon seit Wochen in der Öffentlichkeit. Doch sind gut-bürgerliche Hausfrauen, die den Flüchtlingen eine anständige Suppe kochen, bereits als Unterstützergruppe anzusehen? Oder die Punkband „Notgemeinschaft Peter Pan“, eine Vier-Mann-Combo aus 30-Jährigen, die auf einigen der Solidaritätsveranstaltungen für die musikalische Unterhaltung sorgt? Ist der Berliner Leander Sukov, der die Facebook-Seite von Lampedusa in Hamburg nutzte, um weitere Unterschriften für seine Online-Petition „Schleift die Festung Europa“ zu sammeln, ein Unterstützer? Eine weitere St.-Pauli-Stadtteilinitiative, die sich „wir sind mehr“ nennt, setzt sich im Internet im Zusammenhang mit den Lampedusa-Flüchtlingen für mehr Harmonie ein: „Wir wollen Menschen, die aus unmenschlichen, unsicheren und unsatten Verhältnissen geflohen sind, um in Europa oft wieder unmenschlich und unsicher behandelt zu werden, ... willkommen heißen ...“

Andere Gruppen wie atesh, die für eine sozialrevolutionäre Perspektive steht, beschwören aktuell die Solidarität im Kampf gegen „rassistische Kontrollen“ und verspricht: „Das Büro für ungewöhnliche Maßnahmen Hamburg hat sich zum Ziel gesetzt, Abschiebungen von Flüchtlingen aus Hamburg mit vielseitigen, ungewöhnlichen und phantasievollen Mitteln und durch Zivilcourage zu verhindern (...) Let’s smash fortress europe!“

Für diese „ungewöhnlichen und phantasievollen Mittel“ interessiert sich auch der Verfassungsschutz. So ist das „Internationale Zentrum B5“ an der Brigittenstraße (wo auch Karawane e.V. residiert), laut Verfassungsschutzbericht 2012 „Hauptanlaufstelle der antiimperialistischen Szene Hamburgs. Neben dem linksextremistischen ‚Bündnis gegen imperialistische Aggression‘ nutzen auch die kommunistischen Gruppen ‚Rote Szene Hamburg‘ (RSH) und ‚Sozialistische Linke‘ (SoL) die ‚B 5‘ für Treffen.“