Führungsakademie der Bundeswehr

Was tun mit Gästen aus Diktaturen?

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Volker ter Haseborg und Lars-Marten Nagel

Foto: Juergen Joost / Jürgen Joost

Der Streit an der Führungsakademie der Bundeswehr löst eine Debatte über die Ausbildung ausländischer Offiziere in Hamburg aus.

Hamburg. Werden an der renommierten Führungsakademie der Bundeswehr Völkermörder ausgebildet? Der Vorwurf des Buchautors Markus Frenzel hat eine Debatte über die Ausbildung ausländischer Offiziere an der Führungsakademie ausgelöst. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem die Akademie durch den Streit mit dem Freundeskreis ohnehin im Gespräch ist.

Frenzel hatte im Abendblatt-Interview kritisiert, dass seit 1965 rund 150 Offiziere aus der westafrikanischen Militärdiktatur Guinea von der Bundeswehr ausgebildet worden seien. Auch der ehemalige Machthaber Moussa Dadis Camara war Gast in Deutschland, bevor er sich 2008 an die Macht putschte - mit Getreuen, die ebenfalls von der Bundeswehr geschult wurden. Am 28. September 2009 hatten Camaras Truppen in der Hauptstadt Conakry ein Blutbad an Oppositionellen verübt, mehr als 150 Menschen starben, es gab Massenvergewaltigungen.

Dem langjährigen Hamburger Honorarkonsul der Republik Guinea und Freundeskreis-Präsidenten Lothar Golgert warf Frenzel vor, die Militärdiktatur aufgewertet zu haben. "Ich habe von dem Massaker nichts gewusst", sagte Lothar Golgert dem Abendblatt. Erst durch Frenzels Buchveröffentlichung habe er davon erfahren. "Die Konsuln von Guinea werden schlecht unterrichtet." Obwohl er mehrfach in Guinea gewesen sei, habe er von Verbrechen nichts mitbekommen. Er spreche die Amtssprache Französisch nicht und habe mit dem Außen- und Wirtschaftsministerium des Landes zu tun gehabt. "Konsuln müssen unpolitisch sein, sie sollen die wirtschaftlichen Beziehungen fördern", sagte Golgert, dessen Honorarkonsulat vor wenigen Wochen zusammen mit anderen Honorarkonsulaten von der neuen guineischen Regierung geschlossen worden ist.

+++ Suche nach neuem Chef +++

+++ Die Ausbildungsstätte +++

Der Präsident des Freundeskreises bestätigte, dass er Camara in Hamburg kennengelernt habe. "Die Führungsakademie rief mich damals an und sagte, sie hätten hier so einen Hauptmann, um den ich mich kümmern solle." Die Akademie habe nicht gewusst, was sie mit Camara anfangen sollte. Er habe den Mann aus Guinea dann als Hospitant an die Hamburg Port Authority vermittelt, das Beladen von Containerschiffen sei für den Logistik-Offizier interessant gewesen. Auf Golgert machte Camara keinen besonders kompetenten Eindruck. Camara wurde später, nachdem er sich an die Macht geputscht hatte, durch ein Attentat schwer verletzt. Experten glauben, dem Kontinent sei ein weiterer Diktator vom Format eines Idi Amin erspart geblieben.

Golgert verteidigte die Ausbildung der ausländischen Offiziere durch die Führungsakademie. "Nicht jeder, der hierherkommt, ist ein Diktator. Man kann auch Offizieren aus instabilen Ländern eine andere Wirklichkeit vorführen." Die ausländischen Offiziere sollen in Deutschland die Demokratie und die Kultur kennenlernen. Die Hoffnung: Sie sollen die erlernten Werte in ihre Heimat exportieren. Unterstützung erhält Golgert vom Hamburger FDP-Bundestagsabgeordneten Burkhardt Müller-Sönksen, der Mitglied im Freundeskreis ist. "In vielen Fällen hat sich gezeigt, dass es gut ist, Kontakt zu diesen Offizieren zu halten", sagte er. "Sobald man die Kontakte abbricht, überlässt man ein Land erst recht seinen Despoten." Das gelte auch für Guinea. "Vielleicht war es gut, dass diese Menschen hier Demokratie kennengelernt haben", sagte er.

Der FDP-Politiker, der dem Bundestagsverteidigungsausschuss angehört, fordert, die von Frenzel genannten Fälle zu prüfen. Er will die Angelegenheit nächste Woche vor den Ausschuss bringen und die Bundesregierung damit konfrontieren. "Wenn Offiziere, die in Hamburg ausgebildet wurden, in ihrem eigenen Land Menschen totschießen, wäre das für mich unerträglich", sagt Müller-Sönksen.

Zuständig für die Auswahl der Offiziere ist das Verteidigungsministerium, das sich mit dem Auswärtigen Amt abstimmt. Das Abendblatt konfrontierte beide Ministerien mit den Vorwürfen Frenzels. Aus beiden Häusern kamen keine Antworten auf die Fragen, nur allgemeine Sätze. Das Verteidigungsministerium schwärmt davon, dass durch das Programm "mittel- bis langfristig positive Multiplikatoren in den unterstützten Staaten gewonnen werden". Das Auswärtige Amt verwies an das Verteidigungsministerium.

Was aus den Schülern wird, beschäftigt die Bundeswehr bislang nicht. In der Erklärung des Verteidigungsministeriums heißt es: "Eine systematische Erfassung und Weiterverfolgung von Personen, die an Maßnahmen der militärischen Ausbildungshilfe teilgenommen haben, erfolgt aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht."