Frank Schöndube, Chef des Bundes deutscher Kriminalbeamter, kritisiert Hamburgs Justizsenator Till Steffen nach dessen Aussagen.

Hamburg. Till Steffens Kritik traf Polizisten und Polizeigewerkschafter ins Mark. Der GAL-Justizsenator sagte, wie berichtet, im TV-Sender Hamburg 1, dass er den Eindruck habe, die Polizei könnte sich bemühen, schneller mit konkreten Beweissicherungen vor Ort zu sein, "anstatt erst einmal festzunehmen und in den nächsten Tagen zu schauen, was sich damit überhaupt anfangen lässt". Was Steffen allerdings auch sagte: "Bei diesem Schanzenfest ist das schon sehr gut gelungen."

Tatsächlich haben die Ermittlungsbehörden ihr Handlungskonzept für Randale-Großeinsätze deutlich überdacht. Staatsanwaltschaft und Polizei arbeiteten schon während des Gewaltereignisses unmittelbar zusammen. Das Konzept, so sieht es Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU), scheint sich bewährt zu haben.

Bei Polizeigewerkschaftern stieß die Kritik des Justizsenators auf heftige Gegenwehr. Frank Schöndube, Chef des Bundes deutscher Kriminalbeamter, sagt: "Bislang haben sich Ermittler bei Polizei und Staatsanwaltschaften meist als Team verstanden. Diese Art von Wahlkampfgetöse gefährdet die bislang gute Zusammenarbeit." Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, sieht das ähnlich: "Die unberechtigte und polemische Kritik des Justizsenators an der Arbeit der Polizei diskreditiert meine Kolleginnen und Kollegen. Hamburger Polizisten halten ihre Knochen hin, werden von Gewalttätern massiv attackiert und mit Steinen beschmissen. Als Dank dürfen sie sich einen Tag später einseitige Vorhaltungen und Schuldzuweisungen über mangelhafte Ermittlungen anhören."

SPD-Innenexperte Andreas Dressel moniert die zögerliche Umsetzung lang gehegter Pläne: "Es ist unverständlich, dass die beiden Senatoren, die seit 2008 Verantwortung tragen, die schleppende Strafverfolgung nach dem ersten Schanzenfest 2008 nicht zum Anlass genommen haben, hier verbindliche Absprachen zur Zusammenarbeit zu treffen. Statt sich gegenseitig zu belauern, hätten sie sich mal an einen Tisch setzen müssen."

Thorsten Fürter, Sprecher der Justizbehörde, machte gestern deutlich: "Die Aussagen des Senators im Interview waren keine direkte Kritik an der Arbeit der Ermittlungsbehörden, sondern eine Reaktion auf die Vorwürfe aus der Opposition, die von zu wenigen Verurteilungen gesprochen hat." Für Verurteilungen seien aber nun einmal gerichtsfeste Beweise notwendig. Und die müsse die Polizei sichern. Dies habe - das betonte Fürter noch einmal ausdrücklich - beim jüngsten Schanzenfest deutlich besser funktioniert. So seien direkt Blutproben von Randalierern genommen worden, um den Alkoholwert zu bestimmen.

Tatsächlich hat die Polizei zuletzt massiv aufgerüstet, um auf Demos und bei Krawallen auch sogenannte "qualifizierte Beweise" liefern zu können. Sogenannte "Bedos" ("Beweissicherungs- und Doku-Trupps") filmen weite Teile des Geschehens, "Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten" (BFE) greifen gezielt enttarnte Straftäter aus der Menge. Das behördenübergreifende Konzept der "Festnahmestraße" sieht zudem vor, dass Beamte, die im Einsatz Straftaten beobachten, mit dem Festgenommenen direkt zu einem Ermittlerteam gehen und dort ihre Zeugenaussage machen. So wird der Vorgang sofort bearbeitet, nicht erst Tage später, wenn der entsprechende Beamte Zeit findet, die Beobachtungen niederzuschreiben. Staatsanwälte unterstützen bei der Bearbeitung der Fälle, schreiten ein, wenn aus ihrer Sicht Entscheidendes zur Fertigung einer Anzeige fehlt.

Das Thema Schanzenfest, die Krawalle und der Polizeieinsatz werden heute auch noch einmal die Hamburgische Bürgerschaft beschäftigen. Auf Anmeldung der CDU-Fraktion wird das Parlament in der Aktuellen Stunde über das Thema "Ja zum friedlichen Feiern - Nein zu gewalttätigen Chaoten" debattieren.