Landkreis Harburg

Rückschritt: Zu wenige Wohnungen für den Kreis

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Rolf Zamponi
Landrat Rainer Rempe (v.l.), KWG-Geschäftsführer Joachim Thurmann und Wolfgang Krause, Samtgemeindebürgermeister Salzhausen

Landrat Rainer Rempe (v.l.), KWG-Geschäftsführer Joachim Thurmann und Wolfgang Krause, Samtgemeindebürgermeister Salzhausen

Foto: HA

Zahl der Neubauten ist 2017 nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes um 28 Prozent zurückgegangen.

Landkreis Harburg.  Im Kreis Harburg ist die Zahl der neu gebauten Wohnungen 2017 zurückgegangen. Das Minus beträgt im Vergleich zum Vorjahr 28 Prozent. Das geht aus Zahlen über fertiggestellte Wohngebäude vom Statistischen Bundesamt hervor, die das Verbändebündnis Wohnen vorgelegt hat. In dem Bündnis arbeiten die Gewerkschaft IG BAU, der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel und die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau zusammen.

Als Hintergründe für die Entwicklung im Kreis gelten knappes und damit teures Bauland und die hohe Auslastung der Firmen im Bauhandwerk. Entlastung wird, allerdings erst vom kommenden Jahr an, die kommunale Wohnungsbaugesellschaft (KWG) bringen. Die ersten von ihr finanzierten Häuser sollen 2019 fertig werden.

Insgesamt entstanden nach den Zahlen der Statistiker im Kreis im vergangenen Jahr 1125 Neubauwohnungen – davon 635 in Ein- und Zweifamilienhäusern. Danach blieben noch 490 für den Geschosswohnungsbau, bei dem eher vermietet wird. „Viele Projekte gehen aber in Eigentum über oder werden für zehn bis zwölf Euro pro Quadratmeter vermietet“, sagt Kai Uffelmann, der Erste Kreisrat des Landkreises und einer der Initiatoren der Wohnungsbaugesellschaft.

Solche Mietpreise gelten für die Kreisverwaltung nicht als bezahlbarer Wohnraum. Denn zuletzt habe es immer mehr Anfragen von Menschen aus Gastronomie, Handel, Erziehung, Gesundheit und Pflege sowie von Rentnern gegeben, die sich die aktuellen Mieten nicht mehr leisten können, wie Salzhausens Samtgemeindebürgermeister Wolfgang Krause erfahren hat. In der Gemeinde am Südrand des Kreises entsteht das erste Projekt der Wohnungsbaugesellschaft: Ein Mehrparteienhaus, konventionell gebaut mit Rotklinkern und Dachpfannen.

Alle von der KWG geplanten 1000 Wohnungen sollen vermietet werden. Die meisten für 8,50 Euro pro Quadratmeter. Ein Drittel ist als Sozialwohnungen geplant, die 5,60 Euro pro Quadratmeter kosten sollen. Damit stimmt die Strategie des Kreises so weit mit der Forderung des Bündnisses Wohnungsbau überein: „Es müssen sich wieder mehr Menschen die eigenen vier Wände leisten können – vom Maurer bis zur Industriekauffrau“, heißt es von dort. „Handwerker, die Wohnungen bauen, sollten in der Lage sein, sich eine Wohnung anzuschaffen“. Oder eben zu bezahlbaren Konditionen zu mieten.

„Wir haben Wellenbewegungen im Wohnungsbau. An große Projekte kann oftmals nicht sofort angeschlossen werden“, sagt Bodo Ihlenburg, der Direktor des Marktbereichs Immobilien der Sparkasse Harburg-Buxtehude. Beispiel Winsen: Dort wurden 2016 mehr als 200 Wohnungen im Bereich Winsener Wiesen Süd gebaut.

Jetzt hat der Stadtrat zwar den endgültigen planungsrechtlichen Beschluss für das nächste Baugebiet Norderbülte gefasst. Doch die ersten Wohnungen für künftig wohl 500 neue Einwohner dürften nicht vor 2020 fertig sein. Immerhin: Auch hier ist die KWG vertreten. Sie soll voraussichtlich 56 bis 71 Wohnungen, darunter auch Reihenhäuser übernehmen.

Ihlenburg geht davon aus, dass der Markt unter Druck bleibt. Engpässe seien „verfügbare Bauleistungen zu vernünftigen Preisen und Flächen. Unter 100 Euro pro Quadratmeter ist im Kreis kein Bauland mehr zu haben. In Winsen werden Preise um 200 Euro, in Buchholz um 300 Euro aufgerufen“, weiß der Immobilien-Manager der Sparkasse.

Trotz der hohen Preise könnte in diesem Jahr die Zahl der neuen Wohnungen steigen, schätzt Ihlenburg. Die Sparkasse sieht zudem in den Aktivitäten der Wohnungsbaugesellschaft ein „Signal“ für eine leichte Entspannung am Markt. Doch die geplanten 1000 Wohnungen sind eben nur ein Teil der 3000 Wohnungen, die Experten bis Ende 2020 für notwendig halten.

Insgesamt 333,4 Millionen Euro haben Bauherren nach Angaben des Wohnungsbündnisses 2017 in den Neubau von Wohnungen investiert. Zu wenig, meint André Grundmann, der Regionalleiter der IG BAU Nord. Er orientiert sich an den Vorstellungen der Großen Koalition in Berlin. Danach sollen bundesweit bis 2021 rund 1,5 Millionen Wohnungen neu gebaut werden, jedes Jahr also 375.000. Tatsächlich wurden 2017 aber nur 285.000 fertig. Neuen Schwung kann Grundmann in Niedersachsen nicht erkennen.

Der Schwung der Wohnungsbaugesellschaft wird zwar von 2019 an zunehmen. Gleichzeitig sollen im Kreis jedoch allein für Schulbauten bis 2026 mehr als 100 Millionen Euro fließen. „Daher“, räumt Uffelmann ein, „können wir nicht noch mehr Eigenkapital in die Gesellschaft einlegen. “

Kommunale Wohnungsbaugesellschaft

Der Landkreis Harburg hat gemeinsam mit neun Kommunen und der Sparkasse Harburg-Buxtehude die Kommunale Wohnungsbaugesellschaft (KWG) gegründet. In den nächsten fünf Jahren ist der Bau von 1000 Wohnungen geplant. Geschäftsführer ist Joachim Thurmann.

„Mit der Gesellschaft leisten wir einen Beitrag zur Zukunftssicherung für unseren erfreulicherweise noch wachsenden Landkreis“, sagt der Erste Kreisrat Kai Uffelmann. Ihre Geschäftstätigkeit hat die KWG zum 1. Oktober 2017 aufgenommen.

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