Buchholz. Dank Udo Antons ist das Thema „Pfandring“ jetzt auch in der größten Stadt des Landkreises angekommen. Wie bereits berichtet, hat der linke Abgeordnete im Stadtrat angeregt, 15 bis 20 Papierkörbe in der Buchholzer City mit einer gesonderten Ablage für Pfandflaschen und -dosen nachzurüsten. In einer Stellungnahme schlägt die Verwaltung nun eine dreimonatige Testphase an einem Standort vor.
„Die Umrüstung könnte probeweise an drei Abfallbehältern erfolgen“, so Anke Schneider, Leiterin des Fachdienstes Jugend und Soziales. Auserkoren worden sei „nach Frequenz und beobachtetem Leergutaufkommen“ der Bereich um die Wohlaubrücke Nord als „zentralem Punkt der Innenstadt“: an einem Treppenpodest und an einer Sitzbank unterhalb des Ulmenhofes.
Immer mehr Menschen durchsuchen Abfallkörbe
Antons verbucht die Antwort aus dem Rathaus zwar als ersten Erfolg. Er moniert aber zugleich die implizierte Halbherzigkeit. „Ob man mit nur einem Standort und gerade drei Mülleimern ein Bewusstsein für die Problematik schafft, ist doch äußerst fraglich. Ich habe den Eindruck, die Verwaltung verfährt so, um zu zeigen, dass es ja doch nicht funktioniert.“ Er würde sich aufgerüstete Papierkörbe auch am Peets Hoff und am Marktplatz wünschen.
Begründet hatte der Vorsitzende des Buchholzer Sozialausschusses seine Initiative mit einer zunehmenden Zahl von Menschen, die ihre materielle Lebenssituation in der als wohlhabend geltenden Stadt dadurch verbessern wollten, dass sie in Müllbeeimern nach Pfandflaschen oder -dosen suchen. „Diese Handlungsweise ist nicht nur mit gesundheitlichen Gefahren verbunden, sie verletzt vor allem die Menschenwürde“, so Antons.
Entsprechend sind auch die ersten Reaktionen anderer Stadtratsfraktionen. Es sei eine Tatsache, dass es einerseits Bürger gebe, die die Rückgabe von Pfandflaschen und -dosen für nicht lohnenswert hielten und andererseits Menschen, die mit diesem Pfand ihre finanzielle Situation erträglicher gestalteten, sagte SPD-Fraktionschef Wolfgang Niesler. „Wenn wir einen Weg finden, diese beiden Gruppen zueinander zu bringen, ist das ein lohnenswertes Ziel.“ Auch Gabriele Wenker, Fraktionsvorsitzende der Grünen, begrüßt die Idee: „Kleines Taschengeld für die Sammelnden und etwas weniger Masse auf dem Restmüllberg – das sind klare Vorteile.“ Allerdings werde durch gesammeltes Pfandgut das eigentliche Problem der zunehmenden Spaltung zwischen armen und reichen Menschen mitnichten kleiner. Dazu bedürfe es an anderer Stelle Veränderungen.
CDU präferiert Kampagne „Pfand gehört daneben“
Bei den Freien Demokraten hält sich die Begeisterung in Grenzen. „Es ist schon eine merkwürdig Entwicklung, wenn wir für die Schwächeren extra Einrichtungen schaffen müssen, damit sie den Gesellschaftsmüll dort leichter und sicherer finden“, sagte FDP-Fraktionschef Arno Reglitzky. Er nannte das „einen unfassbaren Zustand“ in so einer überschaubaren Kleinstadt.
Direkte Spenden und Unterstützungen für armen Menschen seien für ihn „der ehrlichere und menschenwürdigere Weg“. Dennoch wollten die Liberale neuen Ideen für Hilfsangebote nicht im Wege stehen – wenn auch mit „Bauchweh“. Zuvor würden sie aber gern Alternativen im Sinne einer Sozialförderung diskutieren wollen.
Die AfD lehnt den Vorstoß ab. Sie sieht hier eine Art „Feigenblatt-Politik“, die die wahren Probleme der Betroffenen nicht im Blick habe. „Es scheint so, als würde man armen Menschen einen Erlaubnisschein zum Betteln ausstellen“, so Fraktionschef Rainer Sekula.
Die CDU präferiert unterdessen eine „einfachere und kostengünstigere Lösung“, die sofort flächendeckend umsetzbar wäre und umgehend Wirkung zeigen könnte. Dabei handelt es sich um die Kampagne „Pfand gehört daneben“.
Die vom Grafik-Designer Matthias Seeba-Gomille 2011 ins Leben gerufene und inzwischen von namhaften Getränkeproduzenten wie Astra, Flensburger Brauerei und fritz-kola unterstützte Aktion, wirbt vor allem mit Aufklebern, aber auch Postkarten, Flyern und großen Werbebannern dafür, Leergut nicht in Abfallkörbe zu werfen, sondern es eben daneben zu stellen.
Vorwurf: Im Rathaus wurde nicht zu Ende recherchiert
„So kann man ebenfalls für das Thema sensibilisieren und den Einwurf der Pfandbehälter in die Papierkörbe verhindern“, sagt CDU-Ratsherr Christian Horend. In der Stellungnahme der Verwaltung habe er zudem „die Leidenschaft für pragmatische Lösungen“ vermisst. Mal abgesehen davon, dass im Rathaus offenbar nicht konsequent zu Ende recherchiert worden sei: „Denn die dort ermittelten Kosten sind längst nicht mehr aktuell“, so Horend.
Das moniert auch Christoph Selke, Fraktionschef der Buchholzer Liste. Es gebe gleich mehrere Anbieter, die Pfandringe deutlich günstiger anbieten würden, als von der Stadtverwaltung dargestellt. „Warum die Differenzen so deutlich ausfallen, müsste auf jeden Fall erläutert werden“, so Selke.
Tatsächlich kosten die 2012 von dem Kölner Designer Paul Ketz entwickelten Pfandringe inzwischen nicht mehr 650 Euro pro Stück, wie es in der Stellungnahme der Verwaltung steht, sondern beim Anbieter Ziegler Metallbearbeitung in Abhängigkeit vom Modell zum Beispiel zwischen 189,90 und 199,90 Euro plus Mehrwertsteuer. Durch den Mengenrabatt liegt der Stückpreis bei Abnahme von zehn Exemplaren sogar schon unter 100 Euro.
„Auch dieser Umstand stützt meine Vermutung, dass die Verwaltung meine Initiative stört“, so Udo Antons. Er hat zudem wenig Verständnis dafür, dass sein Antrag zwar im Sozialausschuss am 15. Mai diskutiert werden soll, anschließend aber nicht mehr im Stadtrat.
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