Design Thinking

Wie Schüler lernen, ihre Stadt zu verändern

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Thomas Sulzyc
Die Schüler des Design-thinking-Kurses gehen der Frage nach, die Menschen im Wilhelmsburg zu einem respektvollen Miteinander zu bewegen

Die Schüler des Design-thinking-Kurses gehen der Frage nach, die Menschen im Wilhelmsburg zu einem respektvollen Miteinander zu bewegen

Foto: Thomas Sulzyc/Thomas Sulzyc

Wilhelmsburg An der Bonifatiusschulesteht ein neuratiges Unterrichtsfach auf dem Stundenplan: Design Thinking - so lösen Unternehmen Probleme

Wilhelmsburg. An der katholischen Bonifatiusschule in Wilhelmsburg steht ein so neuartiges Unterrichtsfach auf dem Stundenplan, das selbst den meisten Lehrern unbekannt sein dürfte: Design Thinking. Dabei handelt es sich um eine Methode, Ideen zu entwickeln und Probleme zu lösen, die in Wirtschaftsunternehmen gerade en vogue ist. Das Technologieunternehmen zum Beispiel SAP setzt diese Methode ein, die ihren Ursprung in den USA hat – wie so vieles aus der Managementlehre.

An der Bonifatiusschule heißt die innovative Kreativlehre schülergerechter Wilhelmsburger Erfinder. Nach der Methode des Thinking Designs lernen 14 Schüler im Alter von 13 und 14 Jahren in zwei Unterrichtsstunden pro Woche nichts weniger als auf die Gesellschaft Einfluss zu nehmen.

„Die Schüler sollen ihre Nachbarschaft selbst gestalten können“, erklärt Veronika Mercks das Ziel des ungewöhnlichen Unterrichtsfachs, das mit „Stadtveränderer-Kursus“ einen verständlichen deutschen Namen hätte. Die 27 Jahre alte Berlinerin ist keine studierte Lehrerin, sondern ein sogenannter Fellow. So nennt die gemeinnützige Bildungsinitiative Teach First Deutschland junge Akademiker, die in ihrem Auftrag Bildung vermitteln.

Veronika Mercks hat Public Management studiert und anschließend den Master in Interkultureller Kommunikation, einem betriebswirtschaftlichen Studiengang, gemacht. Sie lebt zurzeit im Stadtteil Veddel.

Der erste Stadtveränderer-Kursus im Hamburger Süden ist eine freiwillige Arbeitsgemeinschaft. Ab dem nächsten Schuljahr sollen die Wilhelmsburger Erfinder an der Bonifatiusschule als reguläres Wahlpflichtfach laufen – wie Theaterspiel oder Fremdsprachen auch.

Die Neugier auf das ungewöhnliche Unterrichtsfach war groß. Obwohl es ein freiwilliges Angebot ist, hatten sich zunächst 39 Schüler für einen Platz in dem Kursus angemeldet. Weil dies zu viel sind, mussten die Kandidaten in Bewerbungen ihr Interesse deutlich machen, so dass am Ende 14 Jungen und Mädchen aus den Schulklassen sieben und acht übrig blieben. Die 13 Jahre alte Emilia aus Wilhelmsburg ist eine von ihnen. „Ich musste meinen Eltern erst einmal erklären, was ich da mache“, sagt sie.

„Das Spannende dabei ist, dass ich selbst nicht weiß, was am Ende herauskommt“, sagt Veronika Mercks. Denn die junge Akademikern lehrt keinen feststehenden Unterrichtstoff. Vielmehr steuert sie den Kursus gerade einmal so weit geschickt in Bahnen, in denen die Jugendlichen eigene Ideen entwickeln. Die Kursleiterin nennt sozusagen die Himmelsrichtung, den Weg müssen sich die Schüler dann selbst erschließen .

Die Stadtveränderer werden sich wie in einem Wirtschaftsunternehmen der Frage nähern, wie Menschen sich in Wilhelmsburg netter und respektvoller begegnen können. Das Thema haben die Jungen und Mädchen selbst gewählt – ganz modern in einer Abstimmung im Internet.

Geschwindigkeit ist ein wichtiger Baustein der Managementmethode. Ideen entstehen bewusst innerhalb von nur 60 Sekunden, sie sollen ausbrechen wie ein Vulkan. Jede noch so ungewöhnliche Lösung ist erlaubt. „Wenn man vorher sagt, es gehe nicht, erstickt jede Kreativität“, ermutigt Veronika Mercks die Schüler, das Undenkbare zu denken.

Die jungen Stadtveränderer lernen, fremde Menschen auf der Straße anzusprechen und zu interviewen. So wollen sie zum Beispiel erfahren, wie Bewohner den Umgangston in Wilhelmsburg empfinden.

Ein Grund für das enorme Interesse mag auch darin liegen, dass die Wilhelmsburger Erfinder vom 19. bis 22. April auf Studienreise nach Berlin gehen. Dazu suchen die Stadterneuer selbst Sponsoren bei Geschäftsleuten in ihrer Nachbarschaft.

Wer die Berlin-Reise unterstützen möchte, spendet an den Verein der Freunde, Förderer und Ehemaligen der Bonifatiusschule, IBAN DE41 2005 0550 1263 1351 37, BIC HASPDEHHXXX, Hamburger Sparkasse, Verwendungszweck: „Wilhelmsburger ErfinderInnen“

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