Hamburg. Fordert die prekäre Situation für Veranstalter von Straßenfesten ein erstes Opfer? Das Uhlenhorster Stadtteilfest, das zu den beliebtesten und stilvollsten Straßenfesten in Hamburg gehört, wurde erneut abgesagt. Während beim Eppendorfer Landstraßenfest gerade erst wieder fröhlich gefeiert wurde, findet das 800 Meter lange Fest im Hofweg und in der Papenhuder Straße abermals nicht statt.
Schon 2022, als sich viele Menschen auf der Uhlenhorst nach den Corona-Jahren auf ihr Straßenfest gefreut hatten, war es gecancelt worden. Als Grund hatten die Veranstalter – die Bergmanngruppe und die IG Hofweg & Papenhuder Straße – die schlechte Buchungslage angeführt. Schon damals hatte man sich das im Stadtteil nicht erklären konnten.
Hamburg-Uhlenhorst: Beliebtes Straßenfest wird erneut abgesagt
In diesem Jahr ist das Unverständnis noch größer. Denn wieder war das Straßenfest in Eppendorf sehr gut besucht – ebenso wie das Stadtfest St. Georg und das Osterstraßenfest – und die Uhlenhorster gucken in die Röhre. „Das ist echt Mist! Alle anderen Stadtteile bekommen es doch auch hin!“, kommentiert eine Nutzerin die Absage auf der Facebook-Seite des Stadtteilfestes.
Eine anderer vermutet sogar, dass „Dat Uhlenfest“ (so hieß das 2007 gegründete Straßenfest bis 2019) gar nicht mehr stattfindet. „Habt doch wenigstens den Mut, zuzugeben, dass das Uhlenfest gestorben ist, anstatt uns alle Jahre wieder mit dem gleichen Spruch abzuspeisen.“
Veranstalter Bergmann: „Nächstes Jahr findet Stadtteilfest statt“
Veranstalter Uwe Bergmann dagegen gibt sich zuversichtlich: „Nächstes Jahr wird das Uhlenhorster Stadtteilfest wieder stattfinden.“ Dafür müssten zwar deutlich mehr Aussteller, Anlieger, Gastronomen und Partner teilnehmen, aber „da baut sich wieder was auf“.
„In diesem Jahr war die Buchungslage nicht ansatzweise ausreichend, um die immens gestiegenen Kosten zu decken“, sagt Blumenhändler und Café-Betreiber Ronald Lahann, der auch die Interessengemeinschaft vertritt. Diese hat das Uhlenhorster Stadtteilfest seinerzeit initiiert und Bergmann mit der Durchführung beauftragt.
Ansässigen Betrieben auf der Uhlenhorst fehlt Personal für Straßenfest
Während der Pandemie hätten viele Aussteller ihr Geschäft aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben müssen. Sie hätten ihre Foodtrucks verkauft und sich andere Jobs gesucht. „Natürlich hoffen wir, dass sie den Mut finden, und sich erneut selbstständig machen“, so Lahann, der seinen Blumenladen seit 1988 betreibt und viel ehrenamtliche Arbeit in die Straßenfeste gesteckt hat.
Doch auch mit mehr Ausstellern wären nicht alle Probleme gelöst. Denn die Situation der ansässigen Gastronomen, die während des Straßenfestes selbst Flächen angemietet und damit zu einer guten Buchungslage beigetragen haben, hat sich ebenfalls dramatisch verändert. „Uns fehlt das Personal, die zusätzlichen Gäste zu bewirten“, sagt Lahann. Er selber etwa habe nur noch eine floristische Fachkraft – und diese arbeite bereits an sechs Tagen.
Eppendorfer Landstraßenfest: 30.000 Euro Sondernutzungsgebühr
Ohne den Floristen, die Restaurantbetreiber und die Uhlenhorster Weinstube ließe sich das Uhlenhorster Stadtteilfest nicht durchführen, sagt auch Uwe Bergmann. „Sie sind wichtige Eckpfeiler, die man nicht einfach durch andere Aussteller ersetzen kann.“ Straßenfeste hätten eine bedeutende Funktion für ein Quartier; dazu gehöre, die Geschäftsleute vor Ort einzubeziehen.
Neben der allgemeinen Kostensteigerung für Absperrungen, Umleitungen und Sicherheitskonzepte, die Bergmann mit rund 30 Prozent beziffert, haben die Veranstalter auch mit teils hohen Sondernutzungsgebühren zu kämpfen. So wären für das Eppendorfer Landstraßenfest regulär mehr als 30.000 Euro fällig. Zu viel, findet Bergmann, der darüber derzeit mit der Stadt verhandelt.
„In naher Zukunft wird es keine Stadtteilfeste mehr geben“
„Mit Straßenfesten kann man als Veranstalter kaum noch Geld verdienen“, räumt auch Ronny Luxat ein, einer der beiden Geschäftsführer von Ahoi Events. Der Projektleiter, der unter anderem das Stadtfest St. Georg, den Christopher Street Day und das Stadtfest Winterhude ausrichtet, befürchtet sogar: „In naher Zukunft wird es Stadtteilfeste so nicht mehr geben.“
Denn auch wenn die Feste, wie kürzlich auf der Langen Reihe, nach außen hin sehr erfolgreich wären und viele ansässige Gastronomen mitmachten, fräßen die Kosten die Gewinne auf. Sicherheitsmaßnahmen, Müllentsorgung und das Auf- und Abbauen von Absperrgittern und Verkehrsschildern seien rund 30 Prozent teurer geworden. „Das liegt natürlich auch an der nächtlichen Arbeit. Die lassen sich die Unternehmen teuer bezahlen.“
St. Georg: Standpreise für Straßenfest mussten erhöht werden
In St. Georg habe Ahoi in diesem Jahr die Standpreise um zehn Prozent erhöht – zu wenig, um die Teuerungen aufzufangen. „Aber mehr geht nicht. Sonst können die Standbetreiber nicht mitziehen. Oder sie müssten ihre Preise derart anheben, dass niemand mehr etwas kauft.“
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Luxat fordert die Politik zum Handeln auf: „Stadtfeste sind ein Stück Stadtkultur.“ Das in St. Georg etwa biete auf zwei Bühnen ein fast durchgängiges Liveprogramm und sei damit das „kulturell stärkste, nicht subventionierte Straßenfest in ganz Hamburg“.
Hamburg-Uhlenhorst: Politische Diskussion über Straßenfeste gefordert
Dass die Veranstalter Gebühren an die Stadt zahlen müssten, sei klar. „Wir nutzen schließlich öffentlichen Raum.“ Aber die Politik könne kulturelle Angebote unbürokratisch fördern. Das beträfe dann zwar nur einen Kostenfaktor von vielen – „aber es würde helfen“.
Auch Uwe Bergmann wünscht sich eine Unterstützung der Stadt. „Es muss eine politische Diskussion geben über die Wichtigkeit der Straßenfeste für die Quartiere“, sagt er. „Sterben sie aus, gehen der Stadt wichtige Stätten der Begegnung verloren.“
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