Hamburg. Zum G20-Gipfel werden Anfang Juli rund 15.000 Beamte in der Stadt sein. Ihr Auftrag: Sie sollen 42 hoch gefährdete Personen beschützen.

Hamburg hat spätestens seit der Eröffnung der Elbphilharmonie Erfahrung mit Ausnahmezuständen. Aber der Wirbel um das neue Konzerthaus ist nichts im Vergleich zu dem, was sich kurz vor dem G20-Gipfel am 7. und 8. Juli in Deutschlands zweitgrößter Stadt abspielt. Hamburg ist kaum wiederzuerkennen, und das liegt nicht nur daran, dass die Polizei mit dem größten Einsatz ihrer Geschichte schon Ende vergangener Woche begonnen hat.

Schulen stellen Eltern frei, ob sie ihre Kinder am Freitag, 7. Juli, überhaupt in den Unterricht schicken. Entsprechende Anträge werden „deutlich wohlwollend geprüft“, heißt es in einem Schreiben. Hamburgs einziger Dax-Konzern Beiersdorf hat allen Angestellten angeboten, von zu Hause aus zu arbeiten. Der Verlag Gruner + Jahr („Stern“) gewährt einen Tag Sonderurlaub, die Handwerkskammer ordnet Zwangsurlaub an – gipfelfrei, wohin man guckt.

Bankangestellte sollen legere Kleidung tragen

Banken in der Innenstadt empfehlen den Kundenberatern, in möglichst legerer Kleidung zu kommen, wohl um G20-Gegner nicht zu provozieren. Restaurants und Geschäfte im alternativen Schanzenviertel, das in unmittelbarer Nachbarschaft zum G20-Gelände in den Messehallen liegt, kündigen an, ihre Schaufenster zu verrammeln. Und in einer Umfrage des „Hamburger Abendblatts“ erklärt ein Drittel der Teilnehmer, dass sie die Stadt während des Gipfels verlassen wollen. Wobei man weit fahren muss, um etwa ein freies Hotelzimmer zu finden: Rund um Hamburg sind nahezu alle Unterkünfte belegt, entweder mit Mitgliedern der Staatsdelegationen oder mit Polizisten.

Die wichtigen Köpfe des G20-Gipfels

Die Mächtigen der Welt zu Gast in Hamburg: Auf Einladung Angela Merkels reisen Staats- und Regierungschefs zum G20-Gipfel in die Stadt an der Elbe. Das Treffen ist ein Forum zur internationalen Zusammenarbeit in Finanz- und Wirtschaftsfragen. Das sind – neben der Bundeskanzlerin – die wichtigsten Teilnehmer.
Die Mächtigen der Welt zu Gast in Hamburg: Auf Einladung Angela Merkels reisen Staats- und Regierungschefs zum G20-Gipfel in die Stadt an der Elbe. Das Treffen ist ein Forum zur internationalen Zusammenarbeit in Finanz- und Wirtschaftsfragen. Das sind – neben der Bundeskanzlerin – die wichtigsten Teilnehmer. © dpa | Kay Nietfeld
Donald Trump wird mit Spannung erwartet. Nachdem der US-Präsident den Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen angekündigt hatte, sprach Merkel von einem „herben Rückschlag“. Trotzdem will sie Trump beim Termin in Hamburg nicht isolieren.
Donald Trump wird mit Spannung erwartet. Nachdem der US-Präsident den Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen angekündigt hatte, sprach Merkel von einem „herben Rückschlag“. Trotzdem will sie Trump beim Termin in Hamburg nicht isolieren. © REUTERS | REUTERS / CARLOS BARRIA
Als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt gehört Japan nicht nur zur Gruppe der 20, sondern auch zu den G7 (Gruppe der Sieben – die zu ihrem Gründungszeitpunkt bedeutendsten Industrienationen der westlichen Welt). Nach Hamburg reist Ministerpräsident Shinzo Abe.
Als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt gehört Japan nicht nur zur Gruppe der 20, sondern auch zu den G7 (Gruppe der Sieben – die zu ihrem Gründungszeitpunkt bedeutendsten Industrienationen der westlichen Welt). Nach Hamburg reist Ministerpräsident Shinzo Abe. © REUTERS | REUTERS / REMO CASILLI
Emmanuel Macron ist das erste Mal bei einem G20-Gipfel dabei. Der neue französische Präsident steht fest an der Seite von Kanzlerin Angela Merkel, der amtierenden Präsidentin der „Gruppe der 20“.
Emmanuel Macron ist das erste Mal bei einem G20-Gipfel dabei. Der neue französische Präsident steht fest an der Seite von Kanzlerin Angela Merkel, der amtierenden Präsidentin der „Gruppe der 20“. © dpa | Etienne Laurent
Brexit hin oder her: Beim G20-Gipfel ist auch die britische Premierministerin Theresa May dabei – das Vereinigte Königreich gehört zu G7 und damit auch zu G20.
Brexit hin oder her: Beim G20-Gipfel ist auch die britische Premierministerin Theresa May dabei – das Vereinigte Königreich gehört zu G7 und damit auch zu G20. © Getty Images | Dan Kitwood
Der andere Regierungschef aus Nordamerika: Kanadas Premier Justin Trudeau tritt für Freihandel, globalen Klimaschutz und multilaterale Organisationen ein.
Der andere Regierungschef aus Nordamerika: Kanadas Premier Justin Trudeau tritt für Freihandel, globalen Klimaschutz und multilaterale Organisationen ein. © dpa | Michael Kappeler
Ministerpräsident Paolo Gentiloni reist für Italien zum Gipfel, sein Land gehört auch zu den G7-Staaten.
Ministerpräsident Paolo Gentiloni reist für Italien zum Gipfel, sein Land gehört auch zu den G7-Staaten. © REUTERS | REUTERS / REMO CASILLI
Ein weiterer wichtiger G20-Teilnehmer: Der russische Präsident Wladimir Putin. Seitdem Russland wegen der Krim-Annexion aus der G8 geworfen wurde, sind die G20-Gipfel die einzigen Konferenzen, bei denen Putin auf den Westen trifft. Es ist seine erste Begegnung mit US-Präsident Trump.
Ein weiterer wichtiger G20-Teilnehmer: Der russische Präsident Wladimir Putin. Seitdem Russland wegen der Krim-Annexion aus der G8 geworfen wurde, sind die G20-Gipfel die einzigen Konferenzen, bei denen Putin auf den Westen trifft. Es ist seine erste Begegnung mit US-Präsident Trump. © dpa | Alexander Zemlianichenko
China ist das bevölkerungsreichste Land der Erde und Mitglied der G20. Staatsführer Xi Jinping sieht die Nation als neue Weltmacht.
China ist das bevölkerungsreichste Land der Erde und Mitglied der G20. Staatsführer Xi Jinping sieht die Nation als neue Weltmacht. © Getty Images | Pool
Neben den 19 Nationalstaaten gehört die Europäische Union zur „Gruppe der 20“. Sie wird beim Gipfel von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (l.) und Ratspräsident Donald Tusk vertreten.
Neben den 19 Nationalstaaten gehört die Europäische Union zur „Gruppe der 20“. Sie wird beim Gipfel von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (l.) und Ratspräsident Donald Tusk vertreten. © REUTERS | INTS KALNINS
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan würde gern am Rande des Gipfels zu seinen Landsleuten in Deutschland sprechen. Doch einen Auftritt hat die Bundesregierung untersagt. Die deutsch-türkischen Beziehungen bewegen sich von Tiefpunkt zu Tiefpunkt. Und auch gegenüber anderen europäischen Partnern bringt sich der türkische Präsident zunehmend ins Abseits.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan würde gern am Rande des Gipfels zu seinen Landsleuten in Deutschland sprechen. Doch einen Auftritt hat die Bundesregierung untersagt. Die deutsch-türkischen Beziehungen bewegen sich von Tiefpunkt zu Tiefpunkt. Und auch gegenüber anderen europäischen Partnern bringt sich der türkische Präsident zunehmend ins Abseits. © dpa | Lintao Zhang
Die „Gruppe der 20“ steht für 64 Prozent der Weltbevölkerung und 80 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Da darf Indien nicht fehlen. Ministerpräsident Narendra Modi setzt auf eine stärkere wirtschaftliche Orientierung nach Südasien.
Die „Gruppe der 20“ steht für 64 Prozent der Weltbevölkerung und 80 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Da darf Indien nicht fehlen. Ministerpräsident Narendra Modi setzt auf eine stärkere wirtschaftliche Orientierung nach Südasien. © REUTERS | AMIT DAVE
Ein Schwergewicht unter den G20-Staaten ist auch Brasilien mit seinen etwa 208 Millionen Einwohnern. Erst sagte der unter Korruptionsverdacht stehende Präsident Michel Temer für den Gipfel ab, doch das wirft erst recht ein Schlaglicht auf das Chaos in der Regierung. Nun will er doch fliegen.
Ein Schwergewicht unter den G20-Staaten ist auch Brasilien mit seinen etwa 208 Millionen Einwohnern. Erst sagte der unter Korruptionsverdacht stehende Präsident Michel Temer für den Gipfel ab, doch das wirft erst recht ein Schlaglicht auf das Chaos in der Regierung. Nun will er doch fliegen. © REUTERS | UESLEI MARCELINO
Mit etwa 127 Millionen Einwohnern ist Mexiko nach Brasilien das zweitgrößte Land Lateinamerikas. Staatspräsident Enrique Peña Nieto vertritt das Land in Hamburg.
Mit etwa 127 Millionen Einwohnern ist Mexiko nach Brasilien das zweitgrößte Land Lateinamerikas. Staatspräsident Enrique Peña Nieto vertritt das Land in Hamburg. © REUTERS | REUTERS / EDGARD GARRIDO
Argentinien ist das dritte lateinamerikanische Land unter den G20, in Hamburg vertreten durch Präsident Mauricio Macri.
Argentinien ist das dritte lateinamerikanische Land unter den G20, in Hamburg vertreten durch Präsident Mauricio Macri. © REUTERS | REUTERS / RODRIGO GARRIDO
Auch Australien gehört zu den G20. Für Premier Malcom Turnbull ist Cyberterrorismus das wichtigste Thema des Gipfels. Der Kampf gegen Terrorismus im Internet erfordere ein international abgestimmtes Vorgehen, erklärte Turnbull.
Auch Australien gehört zu den G20. Für Premier Malcom Turnbull ist Cyberterrorismus das wichtigste Thema des Gipfels. Der Kampf gegen Terrorismus im Internet erfordere ein international abgestimmtes Vorgehen, erklärte Turnbull. © dpa | Mick Tsikas
Südafrika ist der einzige afrikanische der G20-Staaten, in Hamburg vertreten durch Präsident Jacob Zuma.
Südafrika ist der einzige afrikanische der G20-Staaten, in Hamburg vertreten durch Präsident Jacob Zuma. © REUTERS | REUTERS / SIPHIWE SIBEKO
Indonesien ist mit etwa 255 Millionen Einwohner der viertgrößte Staat der Erde und das größte muslimisch geprägte Land. Beim Gipfel wird es vertreten von Präsident Joko Widodo.
Indonesien ist mit etwa 255 Millionen Einwohner der viertgrößte Staat der Erde und das größte muslimisch geprägte Land. Beim Gipfel wird es vertreten von Präsident Joko Widodo. © REUTERS | REUTERS / DARREN WHITESIDE
Moon Jae-In ist erst im Mai zum Präsidenten von Südkorea gewählt worden, er vertritt einen Kurs des Ausgleichs mit Nordkorea und sein 50-Millionen-Einwohner-Land in Hamburg.
Moon Jae-In ist erst im Mai zum Präsidenten von Südkorea gewählt worden, er vertritt einen Kurs des Ausgleichs mit Nordkorea und sein 50-Millionen-Einwohner-Land in Hamburg. © imago/AFLO | Lee Jae-Won
Saudi-Arabiens König Salman hat seine Teilnahme am G20-Gipfel kurzfristig abgesagt, offiziell aufgrund der Katar-Krise. Stattdessen soll Finanzminister Mohammed al-Dschadan nach Hamburg kommen.
Saudi-Arabiens König Salman hat seine Teilnahme am G20-Gipfel kurzfristig abgesagt, offiziell aufgrund der Katar-Krise. Stattdessen soll Finanzminister Mohammed al-Dschadan nach Hamburg kommen. © REUTERS | REUTERS / HANDOUT
Nochmal zum Mitschreiben, von oben, v.l.n.r.: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, EU-Ratspräsidenten Donald Tusk, Indiens Ministerpräsident Narendra Modi. Zweite Reihe: US-Präsident Donald Trump, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, Russlands Präsident Wladimir Putin, die britische Premierministerin Theresa May, Chinas Präsident Xi Jinping. Dritte Reihe: Australiens Premierminister Malcolm Turnbull, Italiens Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni, Südafrikas Präsident Jacob Zuma, Japans Ministerpräsident Shinzo Abe, Saudi-Arabiens Staatsminister Ibrahim al-Assaf. Letzte Reihe: Indonesiens Präsident Joko Widodo, Argentiniens Präsident Mauricio Macri, Kanadas Premierminister Justin Trudeau, Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto und Südkoreas Präsident Moon Jae In.
Nochmal zum Mitschreiben, von oben, v.l.n.r.: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, EU-Ratspräsidenten Donald Tusk, Indiens Ministerpräsident Narendra Modi. Zweite Reihe: US-Präsident Donald Trump, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, Russlands Präsident Wladimir Putin, die britische Premierministerin Theresa May, Chinas Präsident Xi Jinping. Dritte Reihe: Australiens Premierminister Malcolm Turnbull, Italiens Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni, Südafrikas Präsident Jacob Zuma, Japans Ministerpräsident Shinzo Abe, Saudi-Arabiens Staatsminister Ibrahim al-Assaf. Letzte Reihe: Indonesiens Präsident Joko Widodo, Argentiniens Präsident Mauricio Macri, Kanadas Premierminister Justin Trudeau, Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto und Südkoreas Präsident Moon Jae In. © dpa
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Rund 15.000 Beamte werden am Ende in der Stadt sein, um 42 hoch gefährdete Personen zu beschützen – allen voran US-Präsident Donald Trump, dessen Kolonnenfahrten durch Hamburg die Polizei schon mehrfach geprobt hat, wenn auch ohne das gefürchtete ­„Beast“. Die schwer gepanzerte Präsidentenlimousine muss störungsfrei und sehr schnell durch die Straßen kommen. Innensenator Andy Grote (SPD) hat G20-Gegner eindringlich vor Blockaden gewarnt. Motto: „Die halten nicht an.“

Während des Gipfels nicht mit dem Auto in die Stadt

In welche Unterkunft Trump in der Bestie gefahren wird, steht noch nicht fest. Anders als die anderen Staats- und Regierungschefs hat er bisher kein Hotel, eventuell stellt ihm der Hamburger Senat sein Gästehaus an der Außenalster zur Verfügung. Aber das wird offiziell genauso wenig bestätigt wie das Gerücht, dass zu G20 ein Kriegsschiff in den Hamburger Hafen kommt, um im Fall eines Falles die mächtigen Politiker in Sicherheit zu bringen.

Sicherheit – darum geht es in diesen hektischen Tagen vor allem. 10.000 G20-Gegner würden gern im Hamburger Stadtpark kampieren, ob sie es dürfen, müssen Gerichte entscheiden. Die vorerst letzte Instanz, das Oberverwaltungsgericht, sagte Nein. Die Polizei hat weite Teile der Hamburger Innenstadt bis hin zum Flughafen zu einer Verbotszone für Demonstrationen erklärt, auch darüber gibt es natürlich Streit. Rund 30 Demos wurden bereits angemeldet, zu den größten erwarten die Organisatoren mehr als 100.000 Teilnehmer.

Mahnwache von G20-Gegnern in Hamburg

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    Auch 62 Polizeipferde sind im Einsatz

    Dafür, vor allem aber für 8000 radikale Aktivisten, hat Hamburg „alles, was die Polizei so an Technik und anderem Equipment besitzt, nach Hamburg geholt“. Sagt Einsatzleiter Hartmut Dudde, der neben den 15.000 Polizisten auf 3000 Polizeifahrzeuge, 153 auswärtige Diensthunde und 62 Pferde zurückgreifen kann. Und auf eine extra für G20 eingerichtete Gefangenensammelstelle mit angeschlossener Schnellgerichtsbarkeit.

    Um die Messehallen, wo die Staats- und Regierungschefs tagen, und die Elbphilharmonie, wo Merkel ihre Kollegen zu einem Konzert (Beethovens Neunte) mit anschließendem Essen einlädt, gibt es zwei größere Sicherheitszonen, zu denen nur bestimmte Personen an bestimmten Punkten Zugang haben. Und vor den Hotels, in denen Erdogan, Merkel und Putin schlafen, werden die wichtigsten Straßen gesperrt.

    So oder so hat Hamburgs Polizeipräsident Ralf Meyer die Bürger gebeten, während des Gipfels möglichst nicht mit dem Auto in die Stadt zu kommen. Die CDU hatte vorgeschlagen, dass die Hamburger wenigstens Busse und Bahnen kostenlos benutzen können. Doch die rot-grüne Regierung war dagegen. Sie will die Bürger anders für den G20-Wirbel entschädigen: Am Tag danach, also am 9. Juli, ist der Eintritt in alle Museen frei.

    Merkel setzt auf Bekenntnis der G20 zu freiem Handel

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