Hamburg. Der Hauptdeich in Kirchwerder ist bei Radsportlern besonders beliebt. Warum geparkte Autos für Radfahrer eine Gefahr sind.

Der Zollenspieker Fähranleger ist in den Sommermonaten stets ein beliebter Treffpunkt für Zweiradfahrer – ob mit oder ohne Motor. Die Polizei und ihre Partnerorganisationen nahmen dort am Sonntag unter dem Motto „Kopf hoch“ verstärkt auch die Radrennfahrer in den Fokus. Dafür waren neben der Polizei Hamburg eine Delegation der Polizei Niedersachsen sowie der Radsportverband Hamburg, das Radsportteam des Weißen Rings, die Johanniter-Unfall-Hilfe, das Forum für Verkehrssicherheit, Mitarbeiter des Motorradgottesdienstes, der ADAC Hansa sowie der TÜV Nord präsent.

„In den vergangenen drei Jahren kam es in Hamburg zu etwa 2100 Motorradunfällen, bei denen über 1160 Personen verletzt wurden, 230 sogar schwer, fünf verstarben“, berichtet Ulf Schröder, Leiter der Verkehrsdirektion der Polizei Hamburg. Unachtsame Abbiege- und Wendemanöver von Autofahrern wurden dabei als Hauptunfallursache registriert. Allerdings seien auch nicht angepasste Geschwindigkeit, Selbstüberschätzung und unzureichende Schutzkleidung oder mangelnde Sichtbarkeit Anlässe für selbstverursachte Unfälle von Bikern, so Schröder.

Unfälle: In den vergangenen drei Jahren fuhren 17 Radler auf geparkte Autos

Auf dem Hauptdeich war in den vergangenen Jahren auch eine zunehmende Zahl von Fahrradfahrern, insbesondere Rennradfahrer, in schwerste Unfälle verwickelt. Die Fahrt entlang des Deiches ist eine beliebte Strecke, da dort etwa 20 bis 25 Kilometer keine Ampel den Fahrtfluss stoppt. „Das birgt jedoch durch die erlaubt geparkten Fahrzeuge am Straßenrand Gefahren, insbesondere für die Rennradfahrer, die mit Triathlonlenker und entsprechend tief gesenktem Kopf fahren“, erläutert Ulf Schröder. In den vergangenen drei Jahren kam es zu 40 Unfällen mit teils schwerwiegenden Verletzungen, davon waren 17 Auffahrunfälle auf geparkte Fahrzeuge. Neun der Verunfallten erlitten schwere Verletzungen wie Kieferbruch und Halsverletzungen, sechs wurden leicht verletzt.

Ulf Schröder, der selbst jahrelang auch auf dem Deich Rennrad gefahren ist, erinnert an den dramatischen Auffahrunfall eines Rennradfahrers aus Starnberg im August 2020: „Durch den Aufprall zerbrach die Heckscheibe des Fahrzeuges. Der 56-jährige Radfahrer erlitt schwerste Verletzungen am Hals, Ersthelfer drückten minutenlang seine Schlagader zu, bis Hilfe durch den Rettungshubschrauber kam. Der Rennradfahrer hat den Unfall glücklicherweise überlebt.“ Cécile Poirot, zuständig für die Verkehrsunfallprävention, berichtet: „2022 sind bislang noch keine Rennradfahrer verletzt worden, mit unserer Kopf-hoch-Aktion möchten wir weiter auf die Gefahren aufmerksam machen.“

Weißer Ring hilft verunfallten Rennradfahrern als Lotse im Hilfenetz

Ilka Kunz und Olaf Bonk vom Radsportverband Hamburg sprachen die Radfahrer am Zollenspieker an und verteilten die Kopf-hoch-Flyer. 2600 Mitglieder im Bereich Breitensport und Lizenzradsport verzeichnet der Verband. Ilka Kunz: „Die Lizenzradsportler sind mit 47 km/h wesentlich schneller unterwegs als die Breitensportler mit durchschnittlich 30 km/h. Wir empfehlen jedem Sportler: Tempo raus, Kopf hoch. Nicht nur geparkte Autos, sondern auch geöffnete Autotüren können fatale Folgen haben.“ Olaf Bonk, der für den Breitensport zuständig, rät: „Kopf hoch, alle sollten sich gemeinsam und freundlich die Straße teilen.“

Zustimmung gibt es von Gabriele und Jürgen Wohlfarth aus Curslack, die gemütlich mit einem Trike auf dem Deich unterwegs waren. „Ich sage immer: Der Stärkere muss nachgeben im Straßenverkehr“, sagt Jürgen Wohlfarth, der gern mal bis zu 20 Kilometer mit dem Trike unterwegs ist und bislang noch nie eine brenzlige Situation erlebt hat.

Anders geht es da den Mitgliedern und Mitarbeitern des Weißen Rings: „Die Rennradfahrer liegen uns sehr am Herzen, und obgleich wir eigentlich für die Opfer von Kriminalität zuständig sind, helfen wir natürlich auch den verunfallten Rennradfahrern, da verstehen wir uns als Lotsen im Hilfenetz“, erklärt Kristina Erichsen-Kruse, stellvertretende Landesvorsitzende des Weißen Rings. Der Weiße Ring hat eine Radsportgruppe, die durch die Betriebssportgruppe Polizei organisiert wird und regelmäßiges Training sowie die Teilnahme an Rennen und Ausfahrten organisiert.