Als ihr Kater Tinky mit 17 Jahren starb, fiel die 33-Jährige in ein tiefes Loch: Plötzlich strich ihr kein Fellknäuel mehr um die Beine, wenn sie abends zur Haustür hereinkam. Kein Tinky kratzte an der Terrassentür, um hinausgelassen zu werden, oder weckte sie maunzend morgens um fünf. Die seltsame Leere konnten viele ihrer Freunde jedoch nicht nachvollziehen. Es war ja "nur" ein Haustier gestorben.
Doch dieses "nur" gibt es nicht, weiß Claudia Cardinal aus Bergedorf: "Ich habe Menschen gesehen, die waren nach dem Verlust ihres Tieres regelrecht zerfetzt." Die 58-Jährige, die hauptberuflich sterbende und trauernde Menschen begleitet, den Beruf "Sterbeamme" schuf und bundesweit bekannt machte, bietet jetzt auch Hilfe bei dem Verlust eines geliebten Tieres an. Auslöser war unter anderem die Anfrage eines Tier-Krematoriums, das mit der unermesslichen Trauer einiger Kunden überfordert war: "Die fragten, ob ich Trauerarbeit anbieten könne." Sie konnte - bietet jetzt entsprechende Module in der Ausbildung zur "Sterbeamme" an.
Denn einige Unterschiede in der Trauerarbeit gibt es doch. "Für viele Menschen ist eine Katze, ein Hund oder ein Pferd ein Wegbegleiter, manchmal auch ein Kindsersatz", sagt die Expertin. Doch anders als von Kindern, Ehepartnern, Eltern "kann man von einem Tier niemals auf diese Art und Weise enttäuscht werden". Das Tier ist loyal, der beste und treueste Freund, "und wenn dieser Freund dann wegfällt, verlieren manche Menschen den Halt im Leben".
Die Trauer ist dann ebenso groß wie die für einen Menschen. Auch die Trauerphänomene sind ähnlich: "Zum Beispiel die Fassungslosigkeit über den Verlust, das Begreifen, das oft Wochen dauert", sagt Claudia Cardinal. Das "Für immer", das im Tod versteckt ist, "das ist es, was so weh tut", weiß die Fachfrau. Deshalb rät sie auch verwaisten Tierbesitzern, die Erinnerungen zu pflegen, zurückzublicken und sich dankbar zu sagen: "Wie schön, dass ich dieses Tier hatte." Wie schön auch, dass man sein Herz an ein Lebewesen verschenken durfte, dass man es umsorgt, sein Wohl oft vor das eigene gestellt hat.
Der Gedanke ist auch erlaubt, dass etwas bleibt von dieser Freundschaft und Liebe: "Eine Essenz, die weiter besteht und die der Tod nicht kaputt kriegt. Vielleicht wird das Fell begraben, aber das Miteinander bleibt auf eine andere Art erhalten. Es geht also nicht um Trennung, sondern um Veränderung", sagt die Expertin.
Hilfe suchen können sich alle Menschen, die sich in ihrer Trauer gefangen fühlen. Schon bei einem einstündigen Gespräch will Claudia Cardinal jedem "ein paar Werkzeuge" für die Trauer mitgeben.
Infos auch über Kosten unter www.claudia-cardinal.de .
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Bergedorf