Hamburg. Auf den ersten Blick hat er mit Politik gar nichts zu tun. Doch tatsächlich kann Thorsten Havener, „Gedankenleser“ und Experte für nonverbale Kommunikation, ziemlich gut erklären, warum es gerade so viele Verständnisschwierigkeiten zwischen Politik und Bevölkerung gibt. In unserer Reihe „Entscheider treffen Haider“ spricht Havener, der am 5. Oktober mit seinem neuen Programm in der Laeiszhalle zu sehen ist, über das Dilemma des Kanzlers, den Kern von Führung und worauf jeder in Gesprächen achten sollte.
Das sagt Thorsten Havener über …
… das Gedankenlesen:
„Ich mische beim Gedankenlesen alles, was ich in meinem Leben gelernt habe. Ich habe als Zauberkünstler begonnen; und bin über diese Kunst dazu gekommen, mich mit der Psychologie dahinter zu befassen, mit der Hypnose, der Suggestion, mit Menschenführung. Und irgendwann bin ich dann auf die philosophischen Fragen gestoßen: Was ist eigentlich Realität, wie denken wir und wie wirkt sich unser Denken auf unser Handeln aus? Das ist die breite Palette, die ich unter dem Namen oder Titel ,Gedankenleser‘ zusammenfasse.“
… das kommunikative Dilemma von Olaf Scholz:
„Der Kommunikationsforscher Paul Watzlawick hat gesagt, dass es in jeder Kommunikation zwei Ebenen gibt: eine inhaltliche, in der es darum geht, was gesagt wird. Und eine emotionale, die sich über unsere Betonung, unsere Gestik und all das ausdrückt, was nicht verbal ist. Weil wir als Menschen emotional sind, ist die zweite Ebene die entscheidende. Das scheint mir ein Problem in der Kommunikation von Olaf Scholz zu sein. Das Unemotionale und Monotone führt bei ihm dazu, dass man ihm nicht so gern zuhört, und deshalb nicht versteht, was er sagen will. Generell kann man sagen, dass wir als Menschen uns immer erst auf der emotionalen Ebene verbinden. Wenn das funktioniert, können wir auch unterschiedlicher Meinung sein, das ist gar nicht schlimm. Finden wir emotional aber nicht zusammen, werden uns die sachlichen Argumente des anderen gar nicht erst erreichen. Im Grunde genommen entscheiden wir immer emotional, selbst die, die sich für rational halten.“
… Menschen, die so sind, wie sie sind, und die man nur schwer ändern kann:
„Introvertierten Menschen, zu denen ich auch unseren Bundeskanzler zähle, fällt es schwer, aus sich herauszukommen, es ist für sie wahnsinnig anstrengend. Man kann versuchen, solche Typen umzuerziehen oder zu coachen, aber dann hat man halt einen gecoachten Introvertierten. Generell gilt: Eine Eigenschaft zu aktivieren, die man überhaupt nicht hat, ist sehr, sehr schwierig. Eine Führungsperson darf übrigens durchaus introvertiert sein. In der Präsentation ihrer Ideen wäre sie aber umso überzeugender, wenn sie auch die Emotionen ihrer Zuhörerinnen und Zuhörer mit anspricht. Je unterhaltsamer und nachvollziehbarer eine Entscheidung vorgestellt wird, umso eher glaubt man sie auch.“
… Chefs, die niemals sagen dürfen, dass sie Chefs sind:
„Führen heißt nicht zu sagen, was gemacht wird, sondern zu machen, was gefragt ist. Ein guter Chef weiß ganz genau, was in seinem Unternehmen los ist. Darauf kommt es an – und noch auf etwas anderes: Ein Chef, der sagen muss, dass er der Chef ist, ist kein Chef. Eine gute Führungskraft hat eine Aura um sich herum, die die anderen spüren. Deshalb funktionieren auch Machtworte in der Regel nicht. Wir wollen uns als Menschen in die Führung eines Experten begeben, dem wir vertrauen können, weil er sich mit der Sache auskennt und weil er diese Expertise glaubhaft rüberbringen kann. Darum geht es, und wer das kann, muss niemals darauf hinweisen, dass er hier der Chef ist.“
… die wichtigste Regel der Kommunikation:
„Es gibt den weithin bekannten Grundsatz: Behandele den anderen so, wie du behandelt werden möchtest. Ich halte davon gar nichts. Die Platinregel der Kommunikation lautet aus meiner Sicht: Behandele den anderen so, wie er behandelt werden möchte. Menschen, die von Small Talk nichts halten, wird man mit Small Talk nicht erreichen können, um mal ein Beispiel zu nennen.“
… die Vorbereitung und Durchführung wichtiger Gespräche:
„Ich sage immer: Verdoppele die Vorbereitung, halbiere die Durchführung. Das heißt, dass man sich vor einem Vorstellungsgespräch oder einem Gespräch über eine Gehaltserhöhung genau überlegen sollte, was man wie erreichen will. Aber wenn man dann in diesem Gespräch ist, muss man sich frei machen und auf sein Gegenüber einlassen. Das ist wie in einem Interview im Fernsehen: Man sollte sehr viele Fragen vorbereiten, aber in dem Interview dann in der Lage sein, zu jedem Zeitpunkt auf das zu reagieren, was der Interviewpartner sagt, auch und gerade, wenn das etwas anderes ist, als ich es mir überlegt habe.“
Entscheider treffen Haider gibt es auch mit...
und vielen weiteren Persönlichkeiten unter Entscheider treffen Haider
… Angst als eine tückische Emotion:
„Die besten Emotionen, um eine Information unter die Leute zu bringen, sind Zuversicht und Fröhlichkeit, wenn man also etwas zu erzählen oder zu verkünden hat, was positiv ist. Wir haben in den vergangenen Jahren aber auch erlebt, dass das genauso gut mit Angst funktioniert. Angst kann sogar die Vernunft ausschalten und ist insofern eine wahnsinnig tückische Emotion: Sie sorgt dafür, dass man sich jetzt schlecht fühlt, obwohl die Angst sich auf etwas bezieht, was in der Zukunft liegt und wahrscheinlich niemals so schlimm eintritt, wie wir uns das vorstellen.“
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