Hamburg. Hamburger Bündnis Ukrainehilfe gegründet +++ Andrang vor Ausländerbehörde – Polizei schickt Wartende weg +++ Der Newsblog.

Angesichts der gescheiterten Verhandlungen zwischen den Außenministern der Ukraine und Russlands hat die Hamburger Friedensforscherin Julia Strasheim nur wenig Hoffnung auf rasche Friedensgespräche. So lange Russland davon ausgehe, seine Ziele mit militärischen Mitteln erreichen zu können, werde es keine ernsthaften Verhandlungen geben, so Strasheim.

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Die Zahl der Geflüchteten aus der Ukraine, die Hamburg erreichen steigt derweil weiter an. Die Stadt bittet Menschen, die nicht auf eine Unterbringung in einer Unterkunft angewiesen sind, sich erst später registrieren zu lassen, da es weiterhin zu langen Wartezeiten komme. Die Volkshochschule Hamburg hat kurzfristig Ukrainisch-Onlinesprachkurse ins Programm genommen, um Helfer zu unterstützen.

Die Reaktionen auf den Krieg gegen die Ukraine aus Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur und Politik dokumentiert das Abendblatt an dieser Stelle:

Hamburger Kitas bieten geflüchteten Kindern freie Plätze an

Mehr als 60 Hamburger Kitas haben sich innerhalb kürzester Zeit in einem Online-Portal angemeldet, die geflüchtete Kinder aus der Ukraine aufnehmen können. Das Portal, das der Paritätische Wohlfahrtsverband initiiert hat, ist im Internet unter https://padlet.com/PariHH/Kitaplatz_GefluechteteKinder zu erreichen. Das Angebot richtet sich insbesondere an Helfende, die im Kontakt mit geflüchteten Familien stehen, die auf der Suche nach einer Kinder-Betreuung sind. Das Portal wird täglich um neue Plätze ausgebaut.

Die Angebote, die in der Regel eine fünfstündige Betreuung beinhalten, sind nach Bezirken sortiert. Interessierte werden gebeten, mit der jeweiligen Kita Kontakt aufzunehmen. "Wir freuen uns, dass so viele Hamburger Kitas in dieser Notsituation unkompliziert ihre Türen für die Kinder öffnen, die mit ihren Familien vor dem Krieg geflohen sind. Der Besuch einer Kita hilft den Kindern, ein Stück Normalität und unbeschwerte Kindheit zu erleben", sagt Trixi Wildenauer-Schubert, Referentin für Frühe Bildung beim Paritätischen Hamburg.

Schleswig-Holstein fordert Bundeshilfe für Geflüchtete

Schleswig-Holstein hat den Bund aufgefordert, die Länder bei der Unterbringung und Versorgung der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine finanziell zu entlasten. Hier müsse der Bund seinen Anteil leisten, sagte Finanzministerin Monika Heinold am Freitag in Kiel bei einem Treffen mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (beide Grüne).

Heinold warb dafür, die Finanzierung nicht über das Asylbewerberleistungsgesetz zu regeln, weil dann nur die Länder und Kommunen die Kosten tragen müssten. „Das geht so nicht.“ Heinold plädierte für eine Regelung über die Grundsicherung, womit der Bund zuständig wäre. „Im Gegenzug könnten wir als Land Kitas, Schulen, Sprachunterricht, psychologische Betreuung, alles, was da ist, leisten.“ Das Ganze sei eine gemeinschaftliche Aufgabe, sagte Habeck. Er werde sich für eine Verständigung einsetzen.

Hotels stellen 1400 Betten für Flüchtlinge zur Verfügung

Hotels in Niedersachsen wollen Geflüchteten aus der Ukraine insgesamt 1.400 Betten zur Verfügung stellen. Der Kreisverband Region Hannover des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) habe seine Mitgliedsbetriebe seit Dienstag darum gebeten, Zimmer anzubieten, teilte der Verband am Freitag in Hannover mit. Bis Freitagmittag hätten sich 57 Betriebe gemeldet - von kleinen Häusern bis hin zu den großen Hotelketten. Die hohe Beteiligung der Hoteliers sei „ein großes Zeichen von Solidarität“, sagte die Geschäftsführerin des Verbands, Kirsten Jordan.

Religionsgemeinschaften rufen zur Friedensdemo auf

Das Interreligiöse Forum Hamburg ruft zur Beteiligung an der Friedenskundgebung am Sonntag (13. März) um 13 Uhr auf dem Jungfernstieg auf. Die Religionsgemeinschaften rufen darüber hinaus dazu auf, den Menschen im Kriegsgebiet und den ukrainischen Geflüchteten in Hamburg zu helfen, wie die Bischofskanzlei am Freitag mitteilte. Organisiert wird die Kundgebung vom Deutschen Gewerkschaftsbund.

Friedensdemo für die Ukraine in Hamburg: Bereits am vergangenen Wochenende waren Zehntausende auf der Straße.
Friedensdemo für die Ukraine in Hamburg: Bereits am vergangenen Wochenende waren Zehntausende auf der Straße. © Funke Foto Services | Roland Magunia

Die Religionsgemeinschaften verurteilen die Gewalt in der Ukraine und fordern alle Angriffe insbesondere auf die Zivilbevölkerung sofort einzustellen. „Unsere religiösen Traditionen lehren uns, das Leben zu achten und zu schützen“, heißt es in der Erklärung. Weltweit würden Menschen den Krieg in der Ukraine verurteilen und gegen ihn auf die Straße gehen.

Im Interreligiösen Forum Hamburg arbeiten die Alevitische Gemeinde, die Bahà’i-Gemeinden, die buddhistische Religionsgemeinschaft, das Erzbistum, die Nordkirche, Hindus, die jüdische Gemeinde und der Rat der islamischen Gemeinschaften (Schura).

Hamburger Unternehmen und Stiftungen gründen Bündnis Ukrainehilfe

Verschiedene Hamburger Unternehmen, Stiftungen und Initiativen haben sich zum Bündnis Ukrainehilfe zusammengeschlossen. 500.000 Euro sollen in einem ersten Schritt zur Verfügung gestellt werden, wie die Bürgerstiftung Hamburg am Freitag mitteilte. Mehr als die Hälfte der Summe ist bereits zusammengekommen, der Rest soll durch Spenden eingeworben werden. Für die Sammlung der Spenden wurde ein Gemeinschaftsfonds gegründet. Koordiniert wird das Bündnis von der Bürgerstiftung Hamburg.

In einer Lagerhalle in der Ukraine werden Hilfsgüter sortiert.
In einer Lagerhalle in der Ukraine werden Hilfsgüter sortiert. © dpa/Ukrinform

Am Bündnis beteiligt sind unter anderem die Rudolf Augstein Stiftung, die Hamburg Rotary Stiftung und die Otto Krahn Group. „Als Stadtgesellschaft stehen wir vor einer riesigen Aufgabe, die wir nur gemeinsam bewältigen können“, sagte Rüdiger Ratsch-Heitmann, Geschäftsführer der Bürgerstiftung. Die Stiftung sammelt die Spenden für das Bündnis Ukrainehilfe, organisiert die Mittelvergabe und ist für die Qualitätssicherung der geförderten Projekte zuständig.

Mit Geld sollen Projekte gefördert werden, die sich direkt an die ukrainischen Geflüchteten richten oder sie in bereits bestehende Angebote integrieren. So solle ein Netzwerk aus Organisationen und Projekten entstehen, die die Geflüchteten von der Erstversorgung bis zur mittelfristigen Lebensplanung unterstützen, hieß es.

Bund und der Norden wollen LNG-Terminal so schnell wie möglich bauen

Der Bund und Schleswig-Holstein sind sich in zentralen energiepolitischen Fragen einig, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu forcieren und die Abhängigkeit von Importen aus Russland zügig zu verringern. Dies machten Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Freitag in Kiel deutlich. Beide hatten 2017 die Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP maßgeblich mitgeschmiedet; Habeck war als Landesminister für Umwelt und Energiewende zuständig.

Habeck und Günther wollen den Bau eines LNG-Terminals in Brunsbüttel für verflüssigtes Erdgas und Wasserstoff so schnell wie möglich auf den Weg bringen. Der Bau müsse maximal beschleunigt werden, sagte Günther. Normalerweise brauche man für ein solches Terminal fünf bis fünfeinhalb Jahre, sagte Habeck. „Es muss schneller gehen.“ Bei solchen Verfahren müsse Deutschland „Schlafmützigkeit“ und „Bräsigkeit“ abschütteln.

Beide Politiker stimmten auch darin überein, die Windenergie an Land verstärkt dadurch auszubauen, dass bestehende alte Anlagen durch leistungsfähige neue ersetzt würden (Repowering). Das ist derzeit aus rechtlichen Gründen nicht an allen alten Standorten möglich. Habeck will hier bundesgesetzliche Änderungsmöglichkeiten anstreben. Das bundesweite Ziel, zwei Prozent der Fläche für Windkraft zu nutzen, hat Schleswig-Holstein bereits erreicht. Die Grünen streben eine Ausweitung auf drei Prozent an, während Günther auf Repowering setzt.

Deutschland werde zügig Schritt für Schritt seine Abhängigkeit von Energieimporten aus Russland verringern, sagte Habeck. Mit Blick auf die Werften zeigte er sich bereit, mit ihnen über verstärkte Kooperationen zu sprechen. Zum Beispiel stelle sich die Frage, wer das erste klimaneutrale Schiff bauen wird. Es gebe aber auch mit Blick auf die Marine weiteren Bedarf an Produktionskapazitäten, sagte Günther. Das Land wolle mithelfen, dass die Bundeswehr gut ausgestattet wird.

Hoher Zulauf auch beim Ankunftszentrum in Rahlstedt

Auch vor dem Ankunftszentrum in Rahlstedt herrscht weiterhin ein hoher Zulauf an Geflüchteten. „Heute morgen war es hier noch relativ ruhig, gegen zehn Uhr kamen dann immer mehr Menschen. Es war sicherlich voller als gestern“, berichtet ein Mitarbeiter des Malteser Hilfsdienstes. Mittlerweile hat sich der Andrang wieder etwas gelegt.

Um 13 Uhr stehen rund 30 Personen in der Warteschlange. Die Sanitäter haben derweil auch einen höhere Anzahl an Patienten zu beklagen als in den Vortagen. „Wir haben zwei Schwangere betreut, von denen eine vorhin mit Unterleibschmerzen ins Krankenhaus gebracht wurde. Einige Personen haben Kriegstraumata, andere sind auf spezielle Nahrungsmittel angewiesen.“

Nordsee: Niedersachsen prüft Ausbau der Erdgasförderung

Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) hat Gespräche mit einem niederländischen Unternehmen wegen der Erdgasförderung nahe des Wattenmeers angekündigt. Das Gespräch mit dem Unternehmen One-Dyas sei in der kommenden Woche geplant, sagte Althusmann am Freitag in Hannover.

Aktuell laufen Planungen von One-Dyas B.V., Erdgas aus einem Feld zwischen den Inseln Schiermonnikoog und Borkum zu fördern und zudem eine Plattform auf See zu errichten. Das Gebiet liegt nahe des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer. Die Plattform soll im niederländischen Küstenmeer liegen, aber nur etwa 500 Meter von den deutschen Hoheitsgewässern entfernt und ungefähr 20 Kilometer vor der Küste Borkums. In dem Vorkommen werden 60 Milliarden Kubikmeter förderbarer Erdgasreserven geschätzt. Die Hälfte wird auf deutschem Hoheitsgebiet verortet.

Bernd Althusmann (CDU), Wirtschaftsminister von Niedersachsen, spricht während einer Pressekonferenz.
Bernd Althusmann (CDU), Wirtschaftsminister von Niedersachsen, spricht während einer Pressekonferenz. © dpa

Die rot-schwarze Landesregierung hatte sich im vergangenen Sommer gegen das Vorhaben positioniert. Nun erscheint ein Umdenken wegen des Krieges in der Ukraine und dem damit verbundenen Ziel, sich unabhängiger von russischem Gas machen zu wollen, denkbar. Ein Sprecher des Umweltministeriums betonte am Freitag, dass es angesichts der Lage eine Neubewertung bei diesem Projekt geben müsse. Direkt im Nationalpark Wattenmeer solle es weiterhin keine Erdöl- oder Erdgas-Bohrungen geben. Andere sehen das Vorhaben nach wie vor kritisch. „Die geplante Plattform von One-Dyas ist einfach zu dicht am Nationalpark“, sagte etwa Borkums Bürgermeister Jürgen Akkermann (parteilos) kürzlich.

Althusmann sagte, Deutschland verbrauche jährlich 80 bis 100 Milliarden Kubikmeter Erdgas - rund 50 Milliarden Kubikmeter kämen aus Russland. „Die derzeitige Abhängigkeit gilt es deutlich zu reduzieren, wenn nicht gar gänzlich aufzugeben.“ Zeitgleich warnte er vor schwerwiegenden Gefahren für Verbraucher und die Wirtschaft.

Nur etwa fünf Milliarden Kubikmeter Erdgas würden in Deutschland selbst gefördert - fast ausschließlich in Niedersachsen. Unter niedersächsischen Böden befänden sich derzeit rund 42 Milliarden Kubikmeter Erdgas, die zumindest theoretisch in den kommenden Jahren gefördert werden könnten.

Bisher knapp 1700 Geflüchtete in Niedersachsen registriert

In den niedersächsischen Erstaufnahme-Einrichtungen sind nach Angaben des Innenministeriums bisher 1.697 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine angekommen und offiziell registriert worden. Darunter seien rund 200 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, sagte ein Ministeriumssprecher am Freitag in Hannover. Die tatsächliche Zahl liege allerdings vermutlich noch erheblich höher, weil viele Menschen privat untergekommen und noch nicht registriert seien.

Der Sprecher des Kultusministeriums betonte, dass ukrainische Kinder und Jugendliche ab sofort und unbürokratisch am Unterricht in den Schulen teilnehmen könnten. Das Schulsystem in der Ukraine sei vergleichbar mit dem anderer europäischer Staaten. So erhielten die Kinder dort bereits ab der ersten Klasse Englisch-Unterricht. Darum sei eine Integration vermutlich leichter als bei den syrischen und afghanischen Flüchtlingskindern.

Wie viele ukrainische Kinder bereits in den Schulen und Kitas angekommen seien, sei noch nicht bekannt. Das Ministerium kündigte eine Abfrage und ein Meldesystem für die kommende Woche an.

Großer Andrang vor Ausländerbehörde – Polizei schickt Wartende weg

Vor der Zentralen Ausländerbehörde in der Hammer Straße in Wandsbek herrschte auch am Freitag ein starker Andrang an Ukrainern, die sich registrieren lassen wollten. Gegen Mittag hat sich die Situation etwas entspannt, weiterhin warten etwa 100 Menschen vor der Behörde. Dies ist aber dadurch bedingt, dass die Polizei um 11 Uhr einen Großteil der Wartenden erneut weggeschickt hat.

Übersetzer (r.) sprechen zu den Flüchtlingen vor der Ausländerbehörde an der Hammer Straße.
Übersetzer (r.) sprechen zu den Flüchtlingen vor der Ausländerbehörde an der Hammer Straße. © dpa | Marcus Brandt

„In den Morgenstunden standen die Menschen wieder bis zur benachbarten Rantzaustraße“, sagt ein Mitarbeiter vom Malteser Hilfsdienst. Um den Andrang zu vermindern, hatte die Stadt ausdrücklich betont, dass Registrierungen nicht per sofort durchgeführt werden müssten. „Die Leute wollen einfach so schnell wie möglich ihre Papiere haben und sich sicher fühlen“, meint der Sanitäter.

Kieler Forscher: Ukraine-Krieg könnte Lage in Afrika verschärfen

Der Ukraine-Krieg könnte nach Einschätzung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) die Ernährungslage in vielen afrikanischen Staaten verschlechtern und die Preise steigen lassen. Die Ukraine sei für Afrika einer der wichtigsten Getreideexporteure, sagte Hendrik Mahlkow, Handelsforscher am IfW am Freitag. Die Handelswege seien infolge des Krieges gekappt, die Infrastruktur zerstört und die verbleibenden Produktionskräfte auf die Kriegswirtschaft ausgerichtet. Vor allem Tunesien und Ägypten wären negativ betroffen.

Mahlkow hat gemeinsam mit dem Entwicklungsforscher Tobias Heidland mit einem Handelsmodell simuliert, welche langfristigen Folgen ein Handelsstopp mit Weizen sowie mit sonstigen Getreidesorten wie Mais und Hirse aus der Ukraine hätte. Danach würden in Tunesien die Weizenimporte dauerhaft um über 15 Prozent zurückgehen, die Importe von sonstigem Getreide um fast 25 Prozent. Ägypten würde über 17 Prozent weniger Weizen und knapp 19 Prozent weniger sonstiges Getreide importieren können.

Die Ukraine und Russland sind bedeutende Getreidelieferanten – der Krieg könnte die Ernährungslage in Afrika verschärfen.
Die Ukraine und Russland sind bedeutende Getreidelieferanten – der Krieg könnte die Ernährungslage in Afrika verschärfen. © imago images/Cavan Images

Importe von sonstigem Getreide wären auch in Kamerun (minus 14 Prozent) sowie Algerien und Libyen (minus 9,6 Prozent) spürbar niedriger. Die Weizenimporte würden in Äthiopien um 9,6 Prozent, in Kenia um 7,9 Prozent und in Uganda um 7,1 Prozent sinken. Die Ukraine habe eine zentrale Bedeutung für Afrikas Lebensmittelversorgung und sei auch langfristig nicht zu ersetzen, so Mahlkow.

Laut Modellrechnungen würden die Preise für sonstiges Getreide bei einem andauernden Ukraine-Krieg in Tunesien langfristig um über 24 Prozent teurer, in Algerien und Libyen um knapp neun Prozent. Der dauerhafte Anstieg des Weizenpreises läge in Kenia bei fast neun Prozent, in Uganda bei fast acht Prozent und in Tunesien bei fünf Prozent. Westliche Länder wären weit weniger betroffen. Heidland erinnerte daran, dass der Arabische Frühling 2011 seinen Ursprung in den Protesten gegen steigende Lebensmittelpreise hatte.

Eine Möglichkeit, das Weltmarktangebot an Getreide kurzfristig zu erhöhen, sehen die Wirtschaftswissenschaftler darin, auf den Anbau von Biobenzin zu verzichten und die Böden für Brotgetreide zu nutzen. Alleine in Deutschland betreffe dies drei Prozent der Agrarflächen. Allerdings müsse eine solche Entscheidung schnell erfolgen, denn die Aussaat beginne in den kommenden Wochen.

Klinikkonzern Asklepios spendet 100 Paletten mit Hilfsgütern

Der Hamburger Klinikkonzern Asklepios spendet 100 Paletten mit medizinischen Hilfsgütern für die Ukraine. Wie das Unternehmen am Freitag mitteilt, seien die Hilfsgüter im neuen Asklepios-Zentrallager in Bad Oldesloe, das eigentlich erst im Mai eröffnet werden sollte, gesammelt, verpackt und verladen worden.

Insgesamt 100 Paletten mit medizinischen Hilfsgütern spendet der Klinikkonzern Asklepios zur Unterstützung der Ukraine.
Insgesamt 100 Paletten mit medizinischen Hilfsgütern spendet der Klinikkonzern Asklepios zur Unterstützung der Ukraine. © Asklepios

"Es ist für uns als Klinikgruppe und Gesundheitsversorger selbstverständlich, in dieser dramatischen Lage den Menschen in der Ukraine schnell und unbürokratisch zu helfen", sagt Asklepios-CEO Kai Hankeln. Der Konzern habe sich zudem bereiterklärt, in allen Asklepios-Kliniken verletzte Personen aus dem Kriegsgebiet aufzunehmen. In derzeit leer stehenden Immobilien könnten darüber hinaus bis zu 1000 Geflüchtete untergebracht werden.

Bisher rund 150 Geflüchtete in Lübeck registriert

In Lübeck haben sich bislang etwa 150 Geflüchtete aus der Ukraine registrieren lassen. Man gehe aber davon aus, dass viele weitere Menschen Zuflucht in privaten Haushalten, bei Freunden und Verwandten gefunden haben, so dass die Zahl höher sei, teilte die Hansestadt Lübeck am Freitag mit. Aktuell bereite sich die Stadt auf die Ankunft weiterer Flüchtlinge vor.

„Die Bilder aus der Ukraine erschüttern uns alle zutiefst“, sagte Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) am Freitag. „Es gilt jetzt alles Notwendige und Mögliche zu unternehmen, um den vor dem Krieg Flüchtenden Unterkunft und Hilfe anzubieten. Das wird vermutlich eine größere Herausforderung, als die Flüchtlingshilfe, die wir zusammen bereits 2015 einmal bewältigt haben“, sagte er.

Derzeit gibt es in Lübeck den Angaben zufolge rund 200 Übernachtungsplätze in den bestehenden Gemeinschaftsunterkünften, weitere 250 Plätze können kurzfristig geschaffen werden. Parallel dazu sei die Stadtverwaltung mit Wohnungsunternehmen in Kontakt, um weitere Gemeinschaftsunterkünfte anzumieten, teilte die Stadt mit. Auch weitere Behelfsunterkünfte würden derzeit geprüft und fortlaufend durch das Gebäudemanagement der Hansestadt Lübeck in Kooperation mit der Feuerwehr und den weiteren Beteiligten des Katastrophenschutzes errichtet.

Volkshochschule Hamburg bietet Ukrainisch-Kurse an

Um die freiwilligen Helfer zu unterstützen, bietet die Volkshochschule Hamburg (VHS) kurzfristig Online-Sprachkurse an. In den Ukrainisch-Einführungen werde "ein erster Einblick in die Sprache gegeben und die Teilnehmenden lernen, eine kurze Unterhaltung zu führen", so die VHS in einer Mitteilung vom Freitag.

Die Zentrale der Hamburger Volkshochschule in der Schanzenstraße (Archivbild).
Die Zentrale der Hamburger Volkshochschule in der Schanzenstraße (Archivbild). © HA | Roland Magunia

Neben diesem Einblick gibt es auch Kurse zum Thema Zivilcourage und Nothilfe sowie eine Informationsveranstaltung "Krieg in Europa – was passiert in der Ukraine?" Einen Überblick über alle Angebote zum Thema gibt es auf der Webseite der VHS.

Hamburger Friedensforscherin: Noch keine Basis für Friedensverhandlungen

Die Friedensforscherin Julia Strasheim sieht aktuell noch keine Basis für Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland. „Wir sind noch weit entfernt von einem nachhaltigen Friedensprozess und davon, dass die Ursachen des Konflikts aufgearbeitet und Lösungen gesucht werden“, sagte die Programmleiterin Europa und internationale Politik der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung in Hamburg der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Freitag). Solange Russland glaube, seine Ziele mit militärischen Mitteln erreichen zu können, werde es keine ernsthaften Gespräche geben.

Strasheim reagierte damit auf das ergebnislose Gespräch zwischen dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba und seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow am Donnerstag im türkischen Antalya. „Die Friedensforschung sagt uns: Verhandlungen und Gespräche zwischen zwei Seiten, die beide Maximalpositionen vertreten, führen dann zum Ziel, wenn sich beide Seiten in einer Pattsituation befinden, die schmerzhaft für sie ist, die sie zwingt zu erkennen, dass Gewalt nicht die gewünschten Ergebnisse bringt“, erläuterte sie. „Und davon ist man ja derzeit in der Ukraine ganz weit entfernt.“

Waffenlieferungen und Wirtschaftssanktionen seien ein Weg, ein Patt herbeizuführen, sagte die Wissenschaftlerin. Diese Druckmittel wirkten allerdings nicht kurzfristig, sondern nur mittelfristig. „Auch beenden sie einen Krieg nicht automatisch, sondern können ihn auch verlängern und verschärfen.“ Strasheim sagte voraus, es werde keine schnelle Lösung geben. Es sei aber gut, dass die Gesprächskanäle offen bleiben. Als mögliche Vermittler nannte sie China, Israel und die Türkei.

Krieg in Europa: SPD fordert mehr Schulpsychologen

Die SPD fordert einen Ausbau des Schulpsychologischen Dienst und von Therapieplätzen. „Eine Corona-Pandemie seit zwei Jahren und ein von Wladimir Putin begonnener Krieg in Europa seit wenigen Wochen. Solche Krisen sind ein Brennglas, mit dem offengelegt wird, was gut funktioniert und wo es Verbesserungspotentiale gibt“, sagte der SPD-Bildungspolitiker Martin Habersaat der Deutschen Presse-Agentur. Letztere gebe es bei der Etablierung von landesweit vergleichbaren Angeboten für die Schulen. Habersaat verwies darauf, dass die Vorgängerregierung die Zahl der Stellen für den schulpsychologischen Dienst für die allgemeinbildenden Schulen bereits von 17 auf 32 aufgestockt habe.

Martin Habersaat, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion, spricht auf einer Sitzung des Landtags im Landeshaus.
Martin Habersaat, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion, spricht auf einer Sitzung des Landtags im Landeshaus. © dpa | Christian Charisius

SPD-Bildungspolitiker Heiner Dunckel sagte, bei den allgemeinbildenden Schulen kämen 8500 Schüler auf einen Schulpsychologen oder eine Schulpsychologin. „Da kann es gar nicht regelmäßige Sprechstunden an einzelnen Schulen geben.“ Zudem hingen Art und Umfang des Angebots häufig vom Wohnort ab. Die Expertinnen und Expertinnen müssten zudem besser in den Schulalltag integriert werden.

Zuvor hatten sich die Grünen dafür ausgesprochen, mit einem Sofortprogramm im Volumen von rund zehn Millionen Euro die Folgen der Corona-Pandemie und des Krieges in der Ukraine für Kinder und Jugendliche abzufedern. 3,5 Millionen Euro seien für Schulpsychologinnen und Schulpsychologen vorgesehen sowie je 3 Millionen für Schulassistenz und Schulsozialarbeit. Das Programm solle aus den Corona-Notkrediten finanziert werden.

SSW-Abgeordneter: Nur die Russen können Putin stoppen

Nur das russische Volk kann nach Meinung des Bundestagsabgeordneten Stefan Seidler seinen Präsidenten Wladimir Putin stoppen und den Krieg in der Ukraine beenden. „Das Wichtige ist, dass wir den Menschen in Russland zeigen, was da passiert. Viele wissen das nämlich gar nicht“, sagte der Abgeordnete des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW) in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Stefan Seidler ist der erste SSW-Abgeordnete im Bundestag seit rund 70 Jahren.
Stefan Seidler ist der erste SSW-Abgeordnete im Bundestag seit rund 70 Jahren. © Kay Nietfeld/ dpa

Es sei eine „Sauerei“, dass Putin die russische Minderheit in der Ukraine für seinen Angriffskrieg instrumentalisiert habe. Aber es sei jetzt nicht die Zeit „zum Klugscheißen“, so Seidler. „In dieser Tragödie müssen wir handeln und den Menschen dort helfen.“

Ärzte helfen freiwillig in den Hamburger Messehallen

Die medizinische Versorgung der ukrainischen Flüchtlinge in den Hamburger Messehallen wird zunächst von freiwilligen Ärzteinitiativen geleistet. Bis zur Herstellung einer Regelversorgung in der Unterkunft habe sich eine Gruppe von 178 Kinderärzten bereiterklärt, für die nächsten 14 Tage im Schichtdienst in der Unterkunft zu arbeiten, sagte am Donnerstag Markus Kaminski vom Deutschen Roten Kreuz, das die Einrichtung betreibt.

In den Hamburger Messehallen ist eine Notunterkunft für Ukraine-Flüchtlinge entstanden.
In den Hamburger Messehallen ist eine Notunterkunft für Ukraine-Flüchtlinge entstanden. © Christian Charisius/dpa

Auch mehrere Gruppen von niedergelassenen Ärzten beteiligten sich an der Aktion, sodass ab der kommenden Woche alle Fachbereiche in der Unterkunft vertreten seien. Die Ärztegruppen hätten sich schon während der Flüchtlingskrise 2015/2016 gebildet und medizinische Hilfe geleistet, sagte Kaminski.

Bonprix stellt Onlinehandel in Russland komplett ein

Bonprix, Tochter des Hamburger Konzerns Otto, stellt den Onlinehandel in Russland ein. Damit verschärft der Modeanbieter seine Reaktion auf Wladimir Putins Angriffskrieg abermals. "Die Entscheidung ist das Ergebnis einer Neubewertung der Zukunftsfähigkeit des eigenen Handelsgeschäfts vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine", teilte das Unternehmen am Donnerstag mit.

Bonprix-Chef Richard Gottwald begründet den Rückzug aus Russland.
Bonprix-Chef Richard Gottwald begründet den Rückzug aus Russland. © Andreas Laible | Andreas Laible

Die neuerliche, massive Rubelabwertung, die verhängten Sanktionen und die unsicheren Finanzströme sowie der stark eingeschränkte Warenverkehr Bonprix auch auf lange Sicht "die Grundlage für ein wirtschaftliches Geschäftsmodell in Russland", teilte das Unternehmen mit. Von der Schließung seien knapp 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort betroffen. Für sie würden derzeit "sozialverträgliche Lösungen erarbeitet", heißt es. Mit dem Schritt beende Bonprix seine langjährige Handelsaktivität in Russland.

"Die Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen, aber da wir keine Möglichkeit sehen, das Geschäft mittel- und langfristig zurück in die Wirtschaftlichkeit zu führen, beenden wir leider unsere E-Commerce-Aktivitäten in Russland", begründet Richard Gottwald, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Bonprix und verantwortlich für den internationalen Vertrieb, den Schritt.

Lesen Sie hier Reaktionen aus Hamburg zum Ukraine-Krieg vom Vortag