Sportsenator Michael Neumann (SPD) will Olympia nach Hamburg holen und betont die positiven Effekte für die Stadt. Im Interview erläutert er seine Strategie, Hamburg zur Olympiastadt zu machen.

Hamburg. Im Gespräch mit dem Abendblatt erläutert Sportsenator Michael Neumann, 44, seine Strategie, Hamburg zur Olympiastadt zu machen.

Hamburger Abendblatt:

Herr Senator Neumann, die Bürgerschaft hat einem interfraktionellen Antrag zugestimmt, der dem Senat zahlreiche Hausaufgaben für eine mögliche Bewerbung um Olympische Sommerspiele aufgibt. Begeisterung klingt anders.

Michael Neumann:

Die Tatsache, dass der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) entschieden hat, sich um die Austragung Olympischer Sommerspiele zu bewerben, ist eine richtige Entscheidung. Dass hierfür aus Sicht des DOSB nur Berlin oder Hamburg infrage kommen, ist erstens ein riesiger Fortschritt gegenüber der vergangenen Hamburger Bewerbung für 2012 und zweitens ein großes Kompliment an unsere Stadt und ihre Sportpolitik. Ich sehe daher in der möglichen Bewerbung großartige Chancen für unsere Stadt, nicht nur sportlich, sondern vor allem auch stadtentwicklungspolitisch. Aber es ergeben sich auch eine Reihe von Fragen, die beantwortet werden müssen. Denn auch hier gilt der Grundsatz: Vor dem Wagen kommt das Wägen. Deshalb ist es auch ein richtiges Zeichen, dass die Fraktionen sich Olympia nicht verschließen, sondern eine ehrliche Bestandsaufnahme einfordern. Und dies tut ja nicht nur die Bürgerschaft. Die Hamburgerinnen und Hamburger erwarten von uns zu Recht eine engagierte, aber auch nüchtern-objektive Abwägung der Chancen und Risiken für Olympische Sommerspiele.

Sind die von den Fraktionen jetzt aufgestellten Hürden nicht zu hoch?

Neumann:

Wer wie ich mit heißem Herzen für Olympia plädiert, der sollte dennoch stets kühlen Kopf bewahren. Wir brauchen beides: Emotionen und Verstand. Ich kann sehr gut verstehen, dass – mit Blick auf den Berliner Flughafen, auf Stuttgart 21 oder unser Konzerthaus – die Skepsis groß ist, ob wir ein Mammutunternehmen wie Olympia überhaupt stemmen können. Wenn aber Deutschland als viertgrößte Volkswirtschaft der Welt mit ihrer überaus sportbegeisterten Bevölkerung das nicht schafft, wer dann? Wir sollten uns alle wieder mehr zutrauen. Unser Wohlstand rührt auch daher, dass wir uns nie auf dem Erreichten ausgeruht und uns immer wieder neuen Herausforderungen gestellt haben.

Warum sollten die Hamburgerinnen und Hamburger für Olympia stimmen?

Neumann:

Im ersten Schritt muss der DOSB die Entscheidung treffen, ob er sich für die Spiele 2024 oder 2028 bewerben möchte. Dann muss die Mitgliederversammlung des DOSB auf Vorschlag des Präsidiums entscheiden, mit welcher Stadt Deutschland die besten Chancen hat. Sollten wir die Chance bekommen, uns mit Hamburg für Sommerspiele in Deutschland bewerben zu dürfen, ist es an den Hamburgerinnen und Hamburgern, darüber zu entscheiden – etwa durch ein Referendum. Grundlage für eine solche Entscheidung kann nur sein, dass möglichst viele wesentliche Fragen beantwortet werden – insbesondere die Fragen derjenigen, die eine Olympiabewerbung kritisch sehen. Daran arbeiten wir zurzeit. Unbestritten ist aber, dass Olympische Sommerspiele für unsere Stadt und die Metropolregion die Chance bieten, Hamburg auch in seiner Infrastruktur und in seiner weltweiten Wahrnehmung für Jahrzehnte voranzubringen. München wurde erst durch die Olympischen Sommerspiele zur Weltstadt mit Herz mit enormen positiven wirtschaftlichen Folgen, auch für ganz Bayern.

Wir brauchen aber auch mehr Geld für Bildung, für Kitas, Schulen, für die Beseitigung von Schlaglöchern, gegen Armut, für abgehängte Stadtteile. Bliebe das alles für Olympia auf der Strecke?

Neumann:

Eine berechtigte Frage. Natürlich sind die Sommerspiele sportpolitisch großartig, aber eine solche Veranstaltung darf kein Strohfeuer sein. Eine Entscheidung für Olympia muss Investitionen in den Wohnungsbau, in die Verkehrs- und Sportinfrastruktur, den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs auslösen. Das sind Investitionen, die Hamburg auch in den Jahrzehnten nach den Spielen nützen und die unsere Stadt zu einer wirklichen europäischen Metropole machen, die durch Lebensqualität und wirtschaftliche Stärke genau so überzeugt, wie etwa durch Wissenschaft und Bildung.

Führen wir nicht eine Phantomdiskussion? Wird sich das DOSB-Präsidium nicht ohnehin für Berlin entscheiden?

Neumann:

Der DOSB hat ja beschlossen, mit Berlin und Hamburg Gespräche zu führen, weil er beide Städte für international erfolgreich hält. Das hat DOSB-Präsident Alfons Hörmann kürzlich in einem Abendblatt-Interview nochmals betont. Mein Eindruck ist, dass wir Chancen haben. Gerade weil wir durch unsere Dekadenstrategie auf Nachhaltigkeit gesetzt haben. Unser einmaliges Konzept für die Sommerspiele 2012, Olympia in der City und am Wasser, hat Maßstäbe gesetzt, und mit diesem Pfund wollen wir für Hamburg werben und überzeugen. Nicht nur den DOSB, sondern vor allem die Hamburgerinnen und Hamburger.

Die CDU will noch vor einer Entscheidung des DOSB im Spätsommer abstimmen lassen, um der Welt zu signalisieren, Hamburg ist Feuer und Flamme für Olympia. Der Senat dagegen denkt im Falle des Falles erst für Mitte Mai 2015 an ein Plebiszit. Warum so zögerlich?

Neumann:

Es ist Aufgabe der Bürgerschaft, die verfassungsmäßigen Grundlagen für Referenden zu schaffen. Eine Abstimmung ergibt aber aus meiner Sicht nur Sinn, wenn sich der DOSB für einen Austragungsort entschieden hat, nicht vorher. Eines ist mir aber sehr wichtig: Wir brauchen die Zustimmung der Hamburgerinnen und Hamburger. Und die müssen vor ihrer Entscheidung davon überzeugt sein, dass wir gründlich, sauber und ehrlich geplant und gerechnet haben.

Wir hören immer wieder Argumente wie: Bevor nicht in allen Turnhallen die Toilettenspülung funktioniert, sollte die Stadt von Olympia die Finger lassen.

Neumann:

Das verstehe ich. Dies ist aber genau Ziel der Dekadenstrategie. Und wir haben hier schon einiges erreicht: Allein in meiner kurzen Amtszeit sind durch die Bürgerschaft zusätzlich fast 20 Millionen Euro in die Sportstätten geflossen. Es wurden und werden fast 150 Sporthallen saniert oder neu gebaut. Wir haben die Kompetenzen, aber auch die finanzielle Ausstattung des Hamburger Sportbundes nachhaltig verbessert – um es deutlich zu sagen, der Sport erhält so hohe finanzielle Unterstützung wie nie zuvor.