Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider diskutiert beim Forum „Lokaljournalismus“ mit HSV-Reporter Dieter Matz, der in Hamburgs Fußballwelt bekannt ist wie kein zweiter Journalist. Thema „Lokalhelden – Hyperlokale und digitale Trends“. Bei dem Forum geht es auch um die Zukunft des Journalismus.

Hamburg Mit zehn Jahren sah Dieter Matz 1959 sein erstes HSV-Spiel, danach gab es für ihn kein Zurück mehr. Seit über 30 Jahren begleitet er den Hamburger SV für das Hamburger Abendblatt, seit 2009 mit dem eigenen HSV-Blog „Matz ab“. Matz ist das HSV-Gesicht im Hamburger Lokaljournalismus und unter anderem durch diverse Auftritte in der bekannten Fußball-Talksendung „Doppelpass“ bei Sport1 sogar national zur Marke avanciert. Der 64-Jährige ist einer dieser journalistischen Lokalhelden: beim Abendblatt, beim HSV und in ganz Hamburg. Damit ist er vor allem im Netz höchst erfolgreich.

Um dieses Phänomen greifbar zu machen, diskutierten beim Forum Lokaljournalismus in der Handelskammer Hamburg Lars Haider, Chefredakteur des Hamburger Abendblatts und Matz zum Thema „Lokalhelden – Hyperlokale und digitale Trends“. Denn Dieter Matz ist in Hamburgs Fußballwelt bekannt wie kein zweiter Journalist und selbst ein kleiner Star. „Ich bin bei keinem Training alleine“, sagt Matz, der häufig von HSV-Fans umlagert wird. Und Fans hat er mittlerweile selber. Um den vielen Wünschen nachzukommen, hat der Verlag ihm sogar eigene Autogrammkarten gedruckt. „Die Anfragen kommen aus ganz Deutschland und sogar aus dem Ausland“, sagt Matz stolz.

Stolz ist er auch auf seinen Blog. Über sieben Millionen Visits kann „Matz ab“ im Jahr aufweisen. Im August 2009 online gegangen, wusste keiner, wohin das Projekt führen wird. „Zu Beginn lagen wir uns in den Armen, als wir die ersten 25 Kommentare unter einem Artikel hatten“, erinnert sich Matz an die Anfangszeit. Doch der Blog gewann schnell an Popularität und auch die Zahlen waren andere. „Die meisten Kommentare hatten wir, als Rafael van der Vaart im vergangenen Sommer zum HSV zurückkehrte, da waren es über 1900.“ Selbst die HSV-Spieler lesen „begeistert“ mit, wie Matz sagt.

Den größten Coup landete Matz beim bevorstehenden Transfer von Ruud van Nistelrooy zum HSV. Mit Hilfe seiner Leser hatte Matz von dem baldigen Wechsel des niederländischen Superstars erfahren. Auf Bitten des HSV musste Matz dann aber zwei Tage Ruhe bewahren und durfte nichts schreiben, um den Transfer nicht noch zu gefährden. Auch mit exklusiven Inhalten kann der Blog also aufwarten und kann sich auf eine treue Userschaft verlassen. Inzwischen laufen rund zehn Prozent des Traffic von abendblatt.de über den eigenen HSV-Blog. Seit kurzem zeigt der Blog sogar eine eigene Talk-Show. Nach jedem HSV-Spiel lädt Matz ehemalige HSVer ein und diskutiert mit ihnen. „Unseren Usern war der ‚Doppelpass’ zu bayern-fixiert und dann haben sie uns gebeten, eine eigene HSV-Show zu machen.“ Der Bitte kam das Matz-ab-Team gerne nach. Über 25.000 Zuschauer hat die Sendung nach den Spielen.

Doch der Erfolg brachte für Matz nicht nur positive Veränderungen. In den ersten Jahren von „Matz ab“, las sich der 64-Jährige noch jeden Kommentar unter seinen Einträgen durch. „Da wird viel anonymer Mist abgelassen“, sagt Matz, „zum Teil wurde ich als Hitler beschimpft und in die Nähe der Reichskristallnacht gestellt.“ Er habe sich das damals sehr zu Herzen genommen und extrem unter den Anfeindungen gelitten. „Ein Jahr lang war ich sogar in psychologischer Behandlung“, sagt Matz. Auf Anraten hörte er auf, die Kommentare zu lesen, um sich nicht weiter zu belasten. Mittlerweile bekommt Matz Hilfe von einem Moderatorenteam, das für ihn die Masse der Kommentare liest und unqualifizierte Inhalte entfernt, damit sich Matz auf seine Kernkompetenz konzentrieren kann: das Schreiben für seine Leser, und das 365 Tage im Jahr. „Wir stellen jeden Tag einen Beitrag online, selbst an Weihnachten kommt etwas.“