GAL kritisiert Konditionen für City-Grundstück. Es geht um 1,5 Millionen Euro. SPD und CDU fordern Aufklärung. Deal werfe Fragen auf.

Hamburg. Um den Bau des neuen Bildungszentrums der Handelskammer gleich gegenüber der Börse ist ein politischer Streit entbrannt. Der wirtschaftspolitische Sprecher der GAL-Fraktion, Anjes Tjarks, kritisiert: "Es drängt sich der Verdacht auf, dass beim Grundstücksgeschäft zwischen dem Land Hamburg und der Kammer ein Klüngel zugeschlagen hat. Dieser Deal hat ein erhebliches Geschmäckle und wirft eine Vielzahl von Fragen auf."

Darum geht es: Die Kammer baut am Adolphsplatz in der Innenstadt ein sechsstöckiges Gebäude mit etwa 3000-Quadratmeter-Fläche. Der Innovationscampus soll von der HSBA (Hamburg School of Business Administration), der Handelskammer und ihrem Bildungsservice genutzt werden. Das Filetgrundstück gehört der Stadt, und die hat mit der Kammer einen Nutzungsvertrag über 75 Jahre abgeschlossen. Der Grundstein für den Neubau wurde am 7. Oktober gelegt, die Einweihung soll im Februar 2013 sein. Die Stadt hat der Kammer das Grundstück weit unter Wert überlassen - rund 1,5 Millionen Euro günstiger als üblich.

Dazu Anjes Tjarks von den Grünen: "Der Senat ist keine vier Monate im Amt, da wird die Handelskammer auch schon mit einem angenehmen Geldregen bedacht: Ein Grundstück in zentraler Lage verbilligt sich um bis zu 1,55 Millionen Euro", so Tjarks. Der Vorgängersenat habe mit der Handelskammer über dieses Ansinnen gesprochen, aber ein derartiger Preisnachlass sei "kritisch bewertet" worden.

+++ Handelskammer hat einen neuen Chef +++

Die Federführung bei dem Grundstücksgeschäft hat die Wirtschaftsbehörde. Seit März 2011 ist der parteilose Frank Horch dort Senator, zuvor war er bis Januar 2011 Präses der Handelskammer. Seine Behörde sieht keinen Grund zur Aufregung: "Herr Senator Horch war in den Abschluss des Vertrags selbst nicht involviert", sagte Sprecherin Susanne Meinecke. Aber den Inhalt der Senatsdrucksache und damit auch das reduzierte Sondernutzungsentgelt waren ihm durchaus bekannt.

Aus dieser Senatsdrucksache, die im Juli beschlossen wurde und die dem Abendblatt vorliegt, geht hervor, die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses der Stadt habe ermittelt, dass das "volle Nutzungsentgelt 1 643 038 Euro betragen würde". Aber die Handelskammer muss diesen Preis nicht zahlen, sondern lediglich ein Nutzungsentgelt von 93 038 Euro. Begründung: "Die Kosten für die baulichen Mehraufwendungen", die laut Senatsdrucksache "insbesondere durch das Vorhandensein und den Betrieb der U-Bahn-Linie (U 3) unterhalb der Baufläche erforderlich werden". Es handelt sich um einen sogenannten Bau im Luftraum, der sich nur auf drei Aufsetzpunkte gründet.

Wie kam es zur Reduzierung um 1,5 Millionen Euro? Die Handelskammer und die Hochbahn haben laut Drucksache im Frühjahr 2010 Schätzungen für die "baulichen Mehraufwendungen" abgegeben. Allerdings sehr unterschiedliche: Die Handelskammer kommt auf 2,195 Millionen Euro, die Hochbahn schätzt "circa eine Million Euro". Ein Beispiel: Während die Handelskammer für den "Aufwand der Spezialgründung" 575 000 Euro veranschlagt, sind es bei der Hochbahn 153 000 Euro. In der Senatsdrucksache liest sich die Rechnung dann so: "Der auf Nachweis durch die Nutzerin vom Entgelt abzugsfähige Höchstbetrag wird in Ansehen der beiden Schätzungen vertraglich auf 1,55 Millionen Euro festgelegt. Dieser Betrag wird von vollem Entgelt in Höhe von 1 643 038 Millionen Euro in Abzug gebracht, sodass das Nutzungsentgelt bei vollem Nachweis der Mehraufwendungen mindestens 93 038 Euro beträgt."

SPD-Wirtschaftsexperte Jan Balcke fordert jetzt Aufklärung: "Die Stadt verstößt sicherlich nicht gegen geltendes Recht. Bei diesem Grundstücksgeschäft muss aber hinterfragt werden, auf welcher Grundlage die Konditionen für die Handelskammer zustande kamen."

Fakt ist: Eine Ausschreibung gab es nicht. Auf Abendblatt-Anfrage sagt Hans-Jörg Schmidt-Trenz, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer: "Die Stadt hatte von Anfang an gesagt, dass nur die Handelskammer als Bauherr an dieser prominenten Stelle in der Innenstadt infrage kommt." Die Kosten von 13,5 Millionen Euro für das Gesamtbauvorhaben werden von der Handelskammer finanziert.

Der Bund der Steuerzahler sieht Klärungsbedarf: "Die Ausnahmeregelung ist zwar der Sache nach zulässig und hat gute Gründe. Die Höhe der Summe wirft aber die Frage auf, wer das in den Behörden konkret entschieden hat. Wir empfehlen Senator Horch, hier für mehr Transparenz zu sorgen", sagte Geschäftsführer Marcel Schweitzer.

Die CDU-Wirtschaftsexpertin Karin Prien begrüßt grundsätzlich die Entscheidung der Handelskammer und ihrer Mitglieder, durch die Errichtung des Innovationscampus "einen weiteren Baustein für Hamburg als Europäische Innovationshauptstadt zu liefern." Aber Karin Prien betont: "Die Nutzungsgebühren für den Luftraum über der U-3-Trasse müssen transparent und angemessen sein. Der Senat soll hier seine Berechnungsgrundlagen offenlegen."