Sie geben sich als “Antimilitaristen“, werfen aber mit Farbe gefüllte Flaschen gegen das Haus von Eimsbüttels Bezirkschef.

Eimsbüttel. Einen Tag nach dem Farbanschlag auf das Wohnhaus des Eimsbütteler Bezirksamtsleiters Torsten Sevecke ist ein Bekennerschreiben aufgetaucht. In dem Brief, der beim Abendblatt einging, kritisieren die Verfasser, dass Sevecke Oberstleutnant der Reserve sei. Außerdem merkten sie an, dass alle Hamburger Bezirksamtsleiter angekündigt hätten, ihre Ordnungsdienste gegen ein nicht genehmigtes Schanzenfest Anfang September einzusetzen.

Wie berichtet, hatten Unbekannte in der Nacht zu Donnerstag mit roter Farbe gefüllte Flaschen gegen die Fassade des Mehrfamilienhauses geschleudert, in dem der Eimsbütteler Bezirkschef mit Frau und Sohn wohnt. In dem Bekennerschreiben heißt es, dass absichtlich keine Autos angezündet, sondern "erst mal nur Steine und Farbe" eingesetzt worden seien. Eine Formulierung, die sowohl für Torsten Sevecke als auch für alle sechs weiteren Bezirksamtsleiter als Drohung weiterer Anschläge zu verstehen ist. Bislang gibt es für das Schanzenfest am 4. September immer noch keinen Anmelder.

In dem eine Seite langen Brief heißt es weiter, dass das Schanzenfest "so oder so stattfinden" werde. Unterschrieben ist es mit: "Wir werden viele sein und zornig! Rote Flora bleibt!" Die erste Einschätzung der Polizei zum Bekennerschreiben lautet: "Wir halten den Brief für authentisch." Das bestätigte eine Polizeisprecherin.


+++ DAS BEKENNERSCHREIBEN IM WORTLAUT +++

Torsten Sevecke reagierte gelassen, als er von dem Brief erfuhr. "Es beunruhigt mich überhaupt nicht. Es lässt mich völlig kalt", sagt der 47-jährige Familienvater dem Abendblatt. Dass die Täter erneut sein Wohnhaus aufsuchen könnten und noch mehr Schaden anrichten könnten, davor habe er keine Angst. "Wenn sie was abbrennen wollen, müssten sie schon mein Fahrrad nehmen." In dem Schreiben kündigten die Unbekannten Köperverletzung, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung an. "Ich glaube, dass es sich um bloße Drohungen handelt. Das beeindruckt mich nicht", sagt der Bezirksamtsleiter, der seit rund fünf Monaten im Amt ist.

Warum die Täter in dem Schreiben das Sommerbiwak, ein Sommerfest der 1. Panzerdivision im Stadtpark in Hannover, erwähnen, ist für Torsten Sevecke nicht nachvollziehbar. "Es stimmt zwar, dass ich Reserveoffizier im Stab der 1. Panzerdivision Hannover bin, aber ich bin kein aktiver Offizier und habe nichts mit der Veranstaltung in Hannover zu tun", sagt er. Er werde jedes Jahr eingeladen, sei aber noch nie dort gewesen. Und auch diesen Sonnabend werde er die Feier nicht besuchen.

"Vermutlich haben die Verfasser des Briefes ein politisches Anliegen", sagt Sevecke, "aber es überzeugt nicht, wenn es mit Gewalt vorgetragen wird." Diskussionen über den Einsatz der Bundeswehr im Ausland könne man mit guten Argumenten führen. Aber die angedrohten Straftaten seien einer Demokratie unwürdig. "In dem Schreiben geht es definitiv nicht um die Auseinandersetzung zum Thema Bundeswehr", sagt der Bezirkschef.

Dass in dem Brief auch das Schanzenfest erwähnt wird, versteht Sevecke nicht: Das ist ein völlig anderes Thema. Da sehe ich überhaupt keinen Zusammenhang." Der Eimsbütteler Ordnungsdienst werde am 4. September so wie alle anderen Bezirke die Kollegen aus Altona unterstützen. "Mehr kann ich dazu nicht sagen."

Dem Bekennerschreiben nach zu urteilen, handelt es sich bei den Tätern, die den Farbanschlag auf das Wohnhaus des Eimsbüttel-Chefs verübt haben, um eine "antimilitaristische" Organisation. Protest gegen die Bundeswehr hatte es zuletzt beim Hafengeburtstag im Mai dieses Jahres gegeben. Junge Männer hatten mit Farbe gefüllte Marmeladengläser gegen die Fregatte "Hamburg" geschleudert. Die Täter konnten jedoch ausfindig gemacht werden. Zudem hatten rund 40 Mitglieder "antimilitaristischer Organisationen" Flugblätter verteilt.

Zuvor hatte ein Bündnis verschiedener Jugendorganisationen im April 2010 auf dem Europamarkt in Hamburg lautstark gegen den öffentlichen Auftritt und die Rekrutierungsversuche der Bundeswehr protestiert. Mit Reden, Transparenten und Parolen wie "Deutsche Waffen, deutsches Geld, morden mit in aller Welt" hatten sie sich Gehör verschafft. Farbbeutel waren bei der Aktion jedoch nicht geflogen.