Rostocker Taucher wollten den 130-Tonnen-Stein aus der Elbe bergen. Er rutschte ab . . .

. . . und da war der Findling wieder weg

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Von MATTHIAS REBASCHUS

Glänzend perlte das Wasser vom grauen Granit, als um 10.58 Uhr die Spitze des Riesenfindlings aus der Elbe kam; dann - 120 Sekunden später - zappelten plötzlich die sieben armdicken Stahltrossen und baumelten schlaff in der Luft. Gischt sprühte, und der Findling ging 16 Meter tief auf Tauchstation. Er war aus den Stahlseilen gerutscht. Nur ein paar Blasen zeigten das Ende der 160 000-Mark-Aktion.

Die Panne, die wohl keiner noch für möglich gehalten hatte, führte zu Verwirrung. Erst nach 15 Minuten hatten die Männer vom Amt für Strom- und Hafenbau geklärt, dass ein weiterer Bergungsversuch erst am Donnerstag um 14.30 Uhr erfolgen kann. Was war passiert? Hier der Zeitplan:

8.25 Uhr: "Taklift 4" geht in Position. Das "Seilscheergehänge" am Haken des Kranes wird exakt über dem Stein positioniert. Eyk-Uwe Pop, Eigner der Rostocker Firma "Baltic Taucher", ist heute besonders stolz auf das "Gehänge", das seine Firma selbst erdacht hat. "200 Steine bis zu einen Gewicht von 45 Tonnen haben wir damit schon aus dem Wasser gehoben", sagt er. Es sei eine Art Seilnetz, das über den Stein gestülpt und unter ihm zusammengezogen wird.

8.40 Uhr: Eigenhändig bringt Pop ein Werbebanner seiner Firma am "Taklift" an.

8.56 Uhr: Stolz kommt auf. Taucher fotografieren. Pop fotografiert. Georg Werner (Chef im "Amt für Wassertiefen") fotografiert. Geologie-Professor Roland Vinx auch. Ein Schwarm Möwen findet sich ein, und: zwei Polizeiboote, der Polizeihubschrauber, ein Peilschiff, ein Begleitschiff, Barkassen und am Ufer hundert Schaulustige.

9.17 Uhr: Das Geschirr wird gewassert. Drei Minuten später springt Ralf Henning, der erste Taucher aus Rostock, ins Wasser.

9.30 Uhr: Der zweite Taucher, Jens Dümmer aus Rostock, folgt. Die Taucher ordern über ihre Telefonverbindung einen Wasserschlauch. Obwohl Strom- und Hafenbau am Stein extra eine Abschirmwand an Pfählen hat aufbauen lassen, ist der Riesenfindling versandet. Die Taucher wollen ihn freispülen und dann die Seile über den Stein ziehen.

9.55 Uhr: "Die Tauchzeit wird langsam knapp", sagt Pop.

10.34 Uhr: Der Wasserschlauch wird eingezogen, das Netz ist über dem Stein. Die Taucher schwimmen hoch.

10.35 Uhr: "Taklift" zieht. Sechs Minuten später: "Der Stein hängt!" Barkassen treffen sich, damit Georg Werner und Ursula Dierks (leitet den Baggereinsatz im Hafen) über die Bordwände konferieren können.

10.48 Uhr: Der Hauptschekel des Gehänges kommt aus dem Wasser. Frohlocken überall. Pop gibt "alte Taucherweisheiten" zum Besten, wie: "Wenn er hängt, dann hängt er."

10.58 Uhr: Der Stein kommt zum Vorschein. Professor Vinx ist begeistert, denn es ist, wie vorhergesagt, ein Granit - und: "Er ist ein hübscher!"

11 Uhr: Der Koloss plumpst aus dem Gehänge.

11.15 Uhr: Georg Werner verspricht: "Am Wochenende liegt der Stein am Ufer."

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